Beschreibung des Oberamts Urach/Kapitel A 2

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel A 1 Beschreibung des Oberamts Urach Kapitel A 3 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
II. Geschichtliche Denkwürdigkeiten.

a. Frühere bürgerliche Verhältnisse; Bildung des Oberamts.
Wie nachher gezeigt werden wird, finden sich noch deutliche Spuren in dem Oberamts-Bezirke von dem ehemaligen Aufenthalte der Römer, aber an näheren Nachrichten von dem Zustande des Bezirks in jenen Zeiten mangelt es ganz. Wie wild es auch damals noch in dem Bezirke, besonders in dem engen Ermsthale, ausgesehen haben mag, so trafen ihn doch schon die Römer bewohnt an, wie ein unten angeführtes römisches Denkmal beweist. Die einzelnen Orte treten übrigens erst in späterer Zeit, jedoch immer noch sehr frühe, am frühesten einzelne Alporte, hervor. Trailfingen kommt zuerst, i. J. 756, Seeburg, das nach seinem ursprünglichen Umfang ebenfalls zum Gebirge zu rechnen ist,| i. J. 770 und mit Trailingen wieder 777, Zainingen i. J. 788, Donnstetten i. J. 861 vor, s. u.

Die Gau- und Mark-Eintheilung betreffend, so lagen im

Allmangau die eben genannten Orte, Seeburg und Trailfingen. Allein dieser Gau ist, wie schon früher bemerkt wurde, offenbar nicht in politischer, sondern in geographischer Bedeutung zu nehmen. [1]

Fleingau, pagus Flina. Dieser Gau berührte den Oberamts-Bezirk auf seiner nordöstlichen Grenze, und es lag darin, wie wir aus der Stiftungs-Urkunde des Klosters Wiesensteig v. J. 861 kennen lernen, der diesseitige Ort Donnstetten (Tunnestat). Similiter trado, sagt der Stifter in der Urkunden, in altero pago, qui dicitur Flina - in loco, qui dicitur Tunnestat quicquid ibi visus sum habere cum manicipiis. Mehr über den Fleingau s. in der Beschreibung des Oberamts Blaubeuren, S. 6 und 7.

Münsinger Mark, auch Münsinger Huntare, Hundrede (Cent) nie aber Gau genannt. Daß sie an den Uracher Amtsbezirk angrenzte, ist kein Zweifel, daß aber die Orte Trailfingen und Seeburg darein gehörten, wird wenigstens durch die bei dem Allmangau angeführte Urkunde nicht bewiesen, zumal da Trailfingen selber wiederholt eine Mark genannt wird. | Trailfinger Mark. Sie kommt in den erwähnten Urkunden vom J. 776 und 783 vor, scheint aber, wie die folgende Zaininger Mark, in beschränkterer Bedeutung zu nehmen zu seyn, als die Münsinger Mark. Vergl. Beschr. des Oberamts Münsingen, S. 7 und 8.

Zaininger Mark. Ein gewisser Gubo schenkte dem h. Nazarius zu Lorsch am 18. August im 20. Jahre der Regierung Karls des Großen (788) einen Mansus und eine Hube mit einem Knecht, seiner Frau und zwey Kindern in der Zainiger, und Anderes in der Bissinger Mark. Cod. Laur. Nr. 2456.

Unter der Alp lag

Der Gau Schwiggersthal, pagus Swiggerstal. Er kommt mehrmals in dem Hirschauer Codex, insbesondere fol. 34 vor, wo es heißt: Praedium in Ruderchingan (Riederich) quod situm est in pago Swiggerstal, in Comitatu Eginonis; ferner f. 44: Berngerus de Strubersheim dedit decem hubas ad Metzingen in Swiggerstal. Die Zeit, aus welcher diese Nachrichten gegeben werden, ist die Zeit des Abts Bruno von Hirschau und seines Bruders des Grafen Conrads von Würtemberg, also ungefähr das Jahr 1100, vergl. Würt. Jahrbücher 1826, S. 426. Nach jenen und andern Stellen umfaßte der Gau hauptsächlich das untere Ermsthal mit den Orten Metzingen, Riederich, Bempflingen, Mittelstatt, wozu nach Cleß (Landes- und Cultur-Geschichte, Bd. II. S. 415) auch noch Neckarthailfingen, Schlaitdorf, Haslach, Harthausen, Grötzingen, Eich kommen. Der Name Swiggersthal rührt ohne Zweifel von einem der ersten Gaugrafen her; Swigger, Schweikhardt, war ein verbreiteter Vorname. Der Graf Egeno war vermuthlich ein Graf von Urach; es folgt aber aus obiger Stelle noch nicht, daß sich die Herrschaft Eginos über den ganzen Gau Swiggersthal ausgedehnt habe; vielmehr scheint der Comitatus im engeren Sinne als der Pagus zu nehmen zu seyn.

Nach obigen Nachrichten war der Gau Schwiggersthal | derjenige Gau, zu welchem der untere Theil des Oberamts-Bezirks gehört hatte, und wahrscheinlich dehnte sich derselbe auch über Urach hinauf aus; zu welchem Gau aber der Alpbezirk getheilt gewesen sey, bleibt ungewiß. Einige wollen den Burichinggau hieher ziehen, und seine Benennung von dem Dorfe Böhringen ableiten. Es ist aber schon in der Beschreibung des Oberamts Reutlingen gezeigt worden, daß dieser Gau sich nicht über die Gegend von Böhringen erstrecken könnte, sondern an der Quelle der Lauchart hin sich ausgedehnt habe. Im Ganzen wurde der Oberamts-Bezirk nördlich durch den Neckargau, östlich durch den Filsgau und Fleingau, südlich durch die Münsinger Cent und den Burichinggau, westlich durch den Pfullinggau begrenzt.

Nachdem aus den Gauen und den kleinen Beamten-Bezirken sich erbliche Graf- und Herrschaften gebildet hatten, findet man unsern Oberamts-Bezirk unter die Grafschaften Urach und Achalm getheilt. Nach der Lage der Burgen erstreckte sich, wie in der zweyten Abtheilung noch näher gezeigt werden wird, jene über den größeren, den südlichen, diese über den nördlichen oder nordwestlichen Theil des Oberamts und seine Angrenzungen. Auf der östlichen Seite bei Donnstetten und Zainingen grenzte das Helfensteinische, auf der nordwestlichen gegen Tübingen das Pfalzgräfliche, und zwischen diesen beiden das Gebiet der von Neufen und zum Theil noch der Herzoge von Teck an.

Aus der Grafschaft Urach und aus einzelnen Theilen der Grafschaft Achalm wurde, nachdem jene im 13. Jahrhundert an Würtemberg gekommen war (s. Urach), der alte Oberamts-Bezirk Urach gebildet, wozu auch die in dessen Umkreis gelegenen späteren Erwerbungen geschlagen wurden. Dieser Amtsbezirk war sehr groß, er umfaßte


1) den eigentlichen Amtsbezirk Urach mit den jetzt noch dazu gehörigen und den i. J. 1808 abgerissenen Orten;

2) den Amtsbezirk Münsingen mit Münsingen, Auingen, Böttingen, Merstetten, Tapfen, Wasserstetten, Hundersingen, Apfelstetten und Mundingen;

| 3) den Amtsbezirk Pfullingen mit Pfullingen, Holzelfingen, Ober- und Unter-Hausen, Honau und Klein-Engstingen.

Die beiden letzteren Bezirke waren übrigens für sich bestehende Ämter und das Band, das sie an Urach knüpfte, war hauptsächlich nur das der Obervogtey. Erst die Einführung von Steuern, der 1463 eingeführte Wochenpfenning und noch mehr die 1489 erschienene Ordnung des Land- und Amts-Schadens, gaben Veranlassung zu engerer Verbindung. Ebendieselben wurden aber auch die Veranlassung, daß Münsingen i. J. 1654 und Pfullingen 1699 davon ganz getrennt wurden. S. die Beschr. des Oberamts Münsingen, S. 10 und 110, und des Oberamts Reutlingen S. 119.

Nach dieser Trennung blieben dem Amt Urach immer noch 44 Orte, und i. J. 1750 kam von Zwiefalten noch Neuhausen hinzu. Aber durch die Organisation vom 26. April 1808 wurden abermals 14 Orte abgerissen, indem das Unteramt Willmandingen mit den 5 Dörfern Willmandingen, Undingen, Erpfingen, Hausen an der Lauchart und Mägerkingen dem Oberamt Reutlingen und die Unterämter Laichingen und Steingebronn (äußeres Kirchspiel) mit Laichingen, Feldstetten und Sontheim, ferner Steingebronn, Dottingen, Bernloch, Meidelstetten, Gomadingen und Kohlstetten dem Oberamt Münsingen zugetheilt wurden.

Schon von Graf Eberhard im Bart, vollständig aber von Herzog Ulrich war der ganze Amtsbezirk in die Stadt und 8 Unterämter eingetheilt worden. Diese Eintheilung erlitt zwar in der Folge mehrere Veränderungen, aber in der Hauptsache blieb sie bis zu der neuesten Gemeinde-Organisation bestehen. Die Vorsteher der Unterämter – Ober-Schultheißen, Amtmänner, waren die Ausschuß-Deputirten der Amts-Versammlung. Der erste Vorgesetzte des ganzen Amtsbezirks war der Vogt, von 1514 bis 1755 Obervogt; unter ihm standen der Untervogt, der Keller und der Forstmeister mit seinen Forstknechten, welche auf den Burgen Achalm, Lichtenstein, Grafeneck, Steinhilben, Wittlingen | u. s. w. saßen, und hier zugleich die Burgvögte waren. Der Obervogt war zugleich Kastenvogt der Frauenklöster Pfullingen und Offenhausen.

So lange Würtemberg in Kreise und später in Landvogteyen eingetheilt war, bildete Urach mit den Oberämtern Kirchheim, Münsingen, Nürtingen und Reutlingen den „Kreis Urach", nachher die „Landvogtey auf der Alp" genannt, und war der Sitz des Kreishauptmanns und nachher der Landvogtey. Bey der neuen Eintheilung des Königreichs in 4 Kreise wurde das Oberamt dem Schwarzwald-Kreise zugetheilt.


b. Kirchliche Verhältnisse.

Auch in kirchlicher Beziehung hat man von den Alporten ältere Nachrichten, als von den Thalorten. Die Kirchen Trailfingen und Seeburg werden, wie oben S. 5 zu sehen ist, schon i. J. 770 und letztere, die auf einem Berge an der Alp stand, i. J. 777 genannt; der andern geschieht erst später, der Kirchen zu Metzingen, Dettingen und Ehningen im eilften Jahrhundert, der übrigen noch später Erwähnung. Sehr alt ist ohne Zweifel auch die Kirche zu Pliezhausen, die vermuthlich aus einem heidnischen Tempel entstanden ist. Ebenso wird man auch die ehemalige Marienkirche zu Güterstein für eine der ältesten zu halten haben. Mehrere Pfarreyen sind erst im 15. und 16. Jahrhundert entstanden.

Unter dem Bisthum Constanz und dem alten Archi-Diakonat Alp war nach Neugart (Episc. Const. p. CX.) unser Oberamts-Bezirk ehemals in folgende Landkapitel vertheilt:

1) Das Landkapitel Urach mit den Pfarrkirchen Bempflingen, Dettingen, St. Florian, Glems, Metzingen, Neuhausen, Urach, Wittlingen, Würtingen, wozu außerhalb des jetzigen Oberamts-Bezirks noch gehörten: Groß- und Klein-Bettlingen, Grafenberg, Grötzingen, Kohlstetten, Schlaitdorf, Neckar-Thailfingen.

| 2) Landkapitel Reutlingen mit Ehningen, Mittelstatt, Pliezhausen, Sondelfingen.

3) Landkapitel Münsingen mit Gächingen und Seeburg.

4) Landkapitel Kirchheim mit Donnstetten, Gruorn und Hengen.

5) Landkapitel Geislingen mit Böhringen.

Upfingen, Ohnastetten und Zainingen fehlen in den Verzeichnissen, die beiden ersteren vermuthlich als neuere Pfarreyen. Dagegen erscheint Glems als Pfarrey. S. h. Nach einem andern Verzeichnisse hätten Böhringen und Zainingen zum Landkapitel Blaubeuren gehört.

Mit der Reformation, mit deren Einführung in dem Oberamts-Bezirke zu gleicher Zeit, wie in dem ganzen Herzogthum Würtemberg, begonnen wurde (s. Urach), änderte sich auch die kirchliche Eintheilung. Der ganze damalige Oberamtsbezirk wurde 1547 in einem Dekanat vereinigt. Mit Ausnahme des Unteramts Laichingen, das dem Dekanat Blaubeuren zugetheilt wurde. An die Stelle der Capitels-Cammerer traten die geistlichen Verwalter. Bald darauf erscheint jedoch das Oberamt in zwey Dekanate, oder, wie sie von 1553 an genannt wurden, Superintendenzen (später Diözesen), getheilt, nämlich: die „Superintendenz unter der Steig“ und die „Superintendenz ob der Steig“. Jene umfaßte die meisten Thalorte mit dem Sitz zu Urach, diese die Alporte mit dem Sitze zu Dettingen. Diese Theilung hörte jedoch 1597 wieder auf, und nur während des dreißigjährigen Kriegs bestand wieder eine Zeit lang eine Superintendenz Dettingen (s. Dettingen). Im Jahre 1686 wurde das Münsinger Amt dem Dekanat Blaubeuren, dagegen das Unteramt Laichingen (mit Laichingen, Feldstetten, Sontheim, Böhringen und Zainingen) dem Dekanat Urach zugetheilt. Wie endlich 1717 das Amt Pfullingen mit andern Orten davon getrennt worden, ist schon in der Beschreibung des Oberamts Reutlingen gezeigt. Als hundert Jahre später 1817 das Dekanat Pfullingen wieder aufgehoben | wurde; vereinigte man die Pfarreyen Ehningen, Pliezhausen und Sondelfingen wieder mit Urach, dagegen wurden acht Pfarrorte – Laichingen, Feldstetten, Sontheim, Steingebronn, Gomadingen, Kohlstetten, Bernloch und Ödenwaldstetten davon getrennt, und dem neu errichteten Dekanat Münsingen zugetheilt, und der Dekanats-Bezirk dadurch in Übereinstimmung mit dem Oberamts-Bezirke gesetzt.

Die Eintheilung der Dekanate in General-Superintendenzen betreffend, so war der Uracher Sprengel anfänglich dem vormaligen Generalat Adelberg und später Denkendorf zugetheilt, bey der Eintheilung des Königreichs in 6 General-Superintendenzen wurde ein eigenes Generalat Urach errichtet, dasselbe aber 1823 wieder aufgehoben, und das Dekanat Urach dem neu gebildeten Generalat Reutlingen zugetheilt.


2. Die besondern Schicksale.

Über gemeinschaftliche Schicksale des Oberamts-Bezirks in älteren Zeiten läßt sich Weniges sagen, wenn man sich nicht auf bloße Vermuthungen und unerwiesene Behauptungen einlassen will, woran alte und neuere Schriften sehr reich sind. Da dieß gegen den Plan dieser Schrift wäre, die nur erweisliche Thatsachen zu liefern beabsichtigt, so übergehen wir auch alle die Einfälle und großen Schlachten, die in den Zeiten der Römer schon und während der Hunnenzüge unsern Bezirk verheert haben sollen. Die einzige zuverläßigere Nachricht aus älteren Zeiten ist die, daß Graf Eberhard der Erlauchte in den Händeln mit dem Kaiser Rudolph i. J. 1283 (wahrscheinlicher 1286) gegen Achalm und Teck ausgezogen sey und 9 Dörfer zerstört habe, wobey namentlich Metzingen, Dettingen. und Neuhausen sehr gelitten haben sollen. Sulger Annal. Zwif. I. 232. Solche Fehden mögen früher schon noch unter den Grafen von Urach und Achalm häufig vorgekommen seyn.

Nähere Nachrichten sind über den dreißigjährigen Krieg in den Archiven noch aufbewahrt. Dieser verheerende Krieg | traf das Oberamt Urach so hart, als irgend einen Bezirk. Nach amtlichen Berichten belief sich der Schaden, den das Oberamt allein in der Zeit von 1634 bis 1636 erlitten hat, auf 1.009.814 fl. Die Völker von Buttler, Mora, Gallas, Picolomini, Tiefenbach, die Bayern, die Schweden – Freunde und Feinde wetteiferten unter sich in Verheerung des Landes und Mißhandlung der Einwohner; 27 Dörfer waren fast gänzlich, 17 theilweise abgebrannt und verödet. Am ärgsten wurden die Alporte mitgenommen. Hunger und Kummer, Jammer und Noth stiegen auf den höchsten Grad, und die Plünderungen und Erpressungen dauerten bis zu dem Frieden fort. Erst Ende Novembers 1649 zogen endlich die letzten Schweden aus Urach ab. Zu allem Unglück hatte sich noch die Pest gesellt, welche besonders i. J. 1635 furchtbar wüthete. Über die Besitznahme des größten Theils des Oberamts durch die Erzherzogin Claudia, s. h. Achalm.

In den spätern verheerenden Einfällen der Franzosen, 1688, blieb zwar der Oberamts-Bezirk verschont, doch hatte er in dem Spanischen Erbfolge-Krieg 1703 und 1704 starke Durchmärsche.

In den letzten französischen Kriegen erschien zuerst der General Vandamme am 25. Juli 1796 an den Grenzen des Oberamts und am 26. in Urach, zog aber schnell vorüber, und ließ sich mit dem Opfer von einigen Stücken feiner Leinwand begnügen. Am 22. Sept. desselben Jahrs lagerte der Östreichische General Nauendorf auf der Verfolgung des französischen Heeres mit 22.000 Mann bey Urach, zog aber schon den folgenden Tag weiter. In den spätern Kriegsjahren hatte der Oberamts-Bezirk weniger, als die meisten andern Gegenden des Landes, zu leiden.


3. Alterthümer.
a. Römische.
Straßen. Dieselbe Straße, von welcher schon in den Beschreibungen der Oberämter Münsingen (S. 13) und | Blaubeuren (S. 16) Nachweisungen gegeben sind, das Nellinger Hochsträß, zieht auf zwey Seiten durch den Oberamts-Bezirk Urach, nämlich östlich an Zainingen und Gruorn vorüber, und dann durch den Oberamts-Bezirk Münsingen bis in die Gegend von Gomadingen, sodann von hier aus weiter durch den südwestlichen Theil des disseitigen Oberamts-Bezirks nach Reutlingen hinab. Die Spuren auf dem früheren Zuge sind bereits an den angeführten Orten näher bezeichnet; von Gomadingen und Offenhausen aus finden sich folgende Merkmale:

Ein alter Weg, der „Heerweg“ genannt, läuft durch die Markungen von Gächingen, Bleichstetten und Würtingen hin; von Würtingen zieht ein Feldweg gegen Ehningen und Reutlingen hinab, der noch vorzugsweise „die Straße“ heißt; bey Ehningen oberhalb der Albach-Mühle findet sich noch die Benennung „Hochstraßacker“.

Diese Spuren dürften ohne Zweifel die Fortsetzung der obenerwähnten Straße bezeichnen, höchst wahrscheinlich stand damit der merkwürdige Punkt Achalm als römischer Posten in Verbindung; jenseits Reutlingen schloß sich dann die in der Beschreibung des Oberamts Reutlingen angeführte und in der Gegend von Betzingen entdeckte römische Straße, als Fortsetzung gegen Tübingen hin, an.[2]

Diese Straße scheint sich in der Gegend von Gächingen getheilt und ein Ast derselben auf Güterstein und Hohen-Urach hingeführt zu haben. Es zieht nämlich von da die Spur einer alten Straße an Upfingen vorbey durch das sogenannte Pflasterwäldlein hinab nach Güterstein. Eine Gegend auf der Seite des Pflasterwäldleins, unweit Bleichstetten, heißt noch Römischthal, Römerthal.

Zwey andere Äste der Straße fielen allen Anzeichen nach schon in der Gegend von Zainingen ab, der eine in der Richtung nach Urach hin, wo auf der Höhe bey Urach, | zwischen dem Ermsthal und dem Thaleinschnitte Zittelstatt noch die Benennung „auf dem Hochgesträß“ vorkommt, der andere zog sich in der Richtung nach Nürtingen und Köngen unter dem Namen „Hochsträß“ durch die s.g. Fuchslöcher bey Böhringen hin; merkwürdigerweise heißt auch die östliche Anhöhe zwischen Donstetten, Zainingen und Böblingen der Römerstein. [3]

Befestigungswerke. Die Schanzen, welche, wie in der zweyten Abtheilung zu finden ist, bey Urach, Wittlingen, Trailfingen und andern Orten vorkommen, sind zwar neuere, meist aus dem dreißigjährigen Kriege herrührende Werke, dagegen ist der bey Grabenstetten vorkommende Heidengraben ohne Zweifel ein römisches Werk. Er liegt jedoch schon außerhalb der Oberamtsgrenze.

Bauwerke, die entschieden römischen Ursprungs waren, findet man nicht mehr in dem Oberamts-Bezirk, aber nach den unten angeführten Denkmälern stand einst ein römischer Tempel an der Erms oberhalb Metzingen, und sehr wahrscheinlich ist es, daß auch die Kirche zu Pliezhausen ehemals ein römischer Tempel war. Ebenso ist viele Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß die Bergkegel Achalm und vermuthlich auch Hohen-Urach römische Castelle oder Wachtthürme getragen haben.

Auf dem Kirchhofe zu Mittelstatt befindet sich ein Rest von Quadern, deren Bedeutung zweifelhaft ist. Man will sie ebenfalls für Überreste eines römischen Gebäudes halten, und die Lage und Beschaffenheit des Platzes gibt dieser Meinung viele Wahrscheinlichkeit.

Denkmäler anderer Art. Römische Münzen sind von Zeit zu Zeit an der oben bezeichneten Straße hin gefunden worden. Sogenannte Regenbogenschüsselein, goldene, vermuthlich aber altdeutsche, Münzen von 1 bis 3 Dukaten im Werth, wurden schon mehrere bey Metzingen, Hülben, | Böhringen (auf dem Römerstein) gefunden. Auf dem Felde bey Metzingen wurden i. J. 1812 nach einem Regen an einem Nachmittag drei entdeckt.

Die merkwürdigste Entdeckung von römischen Alterthümern wurde i. J. 1789 nach der großen Überschwemmung der Erms bey Metzingen gemacht. Als man dort auf der Markungsgrenze gegen Neuhausen, wo die Fluthen sich an dem Wehre gestoßen und den Grund viele Fuß tief aufgewühlt hatten, wieder abräumte, wurden die 10 Steine aus dem Grunde ausgegraben, die schon in der Schrift „Achalm und Metzingen“, Tübingen 1790,[4] beschrieben sind, und vermuthlich einst zu einem Tempel gehört haben.

Unter denselben befindet sich ein Stein, und zwar ein Altar mit folgender merkwürdiger Inschrift:

| Nach der Erklärung, die der Herr Prof. Pauly in den Würt. Jahrbüchern, Jahrg. 1829, H. I. S. 175 u. ff. davon gibt, ist die Inschrift folgendermaßen zu lesen:

|
JOVI Optimo Maximo
Confanes- (Confanen-)
ses - Armis -
s (en) ses Vot. solv. lib. merito
Zu deutsch: Dem höchsten Gott
Die Tempelgenossenschaft an der Erms
Vermöge Gelübdes.

Somit hätten wir den Namen Arms, Erms, (wie Rams, Rems, Achatz, Echatz, Amisus, Ems etc.) schon in dieser alten Inschrift, und schon zur Zeit der Römer gab es Anwohner der Erms, Ermeser genannt, die in einer kirchlichen Verbindung standen, wie es vicani Murrenses, Anwohner der Murr, eine Landgemeinde Murr, gab. Daß die Inschrift zu einem Tempel gehört habe, beweisen auch die mit ihr aufgefundenen übrigen Stücke, die ohne Zweifel ebenfalls Theile davon waren. Die versuchte Leseart Aram statt Armi- hat, außer den in der oben angeführten Abhandlung vorgebrachten Gründen, noch mehrere gegen sich.

Der Altar mit der Inschrift steht seit längerer Zeit in den Anlagen zu Monrepos (Seehaus), die andern Denkmäler hat man zu Stuttgart zu suchen. Es ist zu bedauern, daß diese, wie andere Denkmäler des Alterthums, nicht sorgfältiger aufbewahrt sind. Sie würden zusammengestellt eine sehr interessante Sammlung geben.

Ein Merkursbild in ganzer Figur ist an der Kirche zu Pliezhausen und an ebenderselben Kirche ein Kopf, der für einen Isiskopf erklärt werden will, eingemauert. Von ersterem findet sich eine Abbildung in Sattlers ältester Geschichte des Herzogthums Würtemberg, Tab. XIX. Fig. 4. Nach Sattler stand der Merkur in dem Giebel der Kirche, jetzt ist er zur Seite und zwar liegend eingemauert, (die Kirche wurde 1778 erneuert), der Kopf befindet sich auf der gegenüberstehenden Seite. Vermuthlich waren ehemals noch mehrere Denkmäler an der Kirche, die mit diesem zu einem alten römischen Tempel gehörten, allmählig aber das Schicksal der Denkmäler an der Kirche zu Rißtißen hatten. S. Beschr. des Oberamts Ehingen. S. 10 u. ff.

|
b. Deutsche Alterthümer.
1. Burgen und Ruinen.

Burgen oder Schlösser aus älterer Zeit, die noch erhalten waren, sind, das Schloß zu Urach ausgenommen, keine mehr vorhanden. Dagegen findet man noch viele Überreste und andere Spuren von ehemaligen Burgen und Vesten, die wir hier, unter Verweisung auf die Ortsbeschreibung, nur nennen wollen. Sie sind: Achalm bey Ehningen; Hohen-Urach; Hohen-Wittlingen und Sperberseck bey Böhringen.

Von diesen vier Burgen sind noch Ruinen übrig; aber theils ganz, theils bis auf wenige Spuren verschwunden sind: Reicheneck, Bempflingen, Metzingen, Pfälen bey Urach, Baldeck bey Wittlingen, Seeburg, Fischburg bey Seeburg, Hohen-Littstein bey Trailfingen, Gruorn, Sirchingen und Ohnastetten.


2. Abgegangene Orte.

Merzishausen bey Urach, Zimberbuch und Bichishausen bey Aglishardt, Geißweiler bey Böhringen, Hofstetten bey Wittlingen, Elwangen bey Trailfingen. S. h. Noch bemerken wir, daß auch bey Sirchingen und ebenso bey Sondelfingen ein s.g. Hungerberg sich befindet.



  1. Die gedachten Orte sind in dem Cod. Lauresham. T. III. in 4 Urkunden als im Allmangau gelegen, bezeichnet.
    1) Nr. 3220. Anno II. Karoli regis (11. Jan.). Ego Waldo pro remedio animae etc. dono ad S. Nazarium Martyrem in pago Alemannorum in Munigesenger marca jurnales LXXX de terra aratoria, prata ad carradas C. Ecclesiam j in villa Dragolfingen, et aliam in Seburc.
    2) Nr. 3287. Anno VI. Pipini regis (5. Nov.). Ego Lipher dono ad S. Naz, in pago Alemannorum in Tragolfinger marca quicquid habere videor.
    3) Nr. 3279. Anno XV. Karoli regis (26. Nov.) etc. Ego Dotleib dono - in pago Alemannorum in Dragolfinger marca, quicquid etd.
    4) Nr. 3280. Anno IX. Karoli regis (21. Oct.). Ego Gozbertus dono - in pago Alemannorum in villa Seburc ecclesiam, quae ibidem constructa est in honore S. Dei genitricis Mariae.
  2. S. Beschr. des Oberamts Reutlingen S. 7. Aus Versehen ist daselbst der Name des Kaisers Probus mit dem des Schriftstellers Vopiscus verwechselt.
  3. Man vergleiche mit diesen Straßenzügen Leichtlens Schwaben unter den Römern. Freyburg 1825. S. 152 u. ff.
  4. Der Verfasser dieser Schrift ist der verstorbene Finanz-Minister von Weckherlin, der zur Zeit der Überschwemmung Substitut in Metzingen war. Die Beschreibung, die er von den Denkmälern S. 36 u. ff. gibt, ist folgende:
    Nro. 1 und 2 sind zwei Postamente (?) von 4 Schuh in der Höhe und 11/2 Schuh im Quadrate. Oben und unten sind an den äußeren Seiten Gesimse und Rundeln, auf den obern Flächen aber geringe runde Vertiefungen eingehauen, in die etwas gestellt gewesen zu seyn scheint. Zwo Seiten sind bey jedem glatt behauen, auf der dritten aber trägt Nro. 1 eine izt gar nimmer leserliche Inschrift (?), auf der vierten folgende (die obige Inschrift).
    Nro. 2 trägt auf einem der 4 Seiten einen Vogel, der auf einem niedern Gestell mit aufgehobenem Flügel sitzt, für einen Raben aber fast zu groß scheint. Auf dem vierten ist oberhalb ein kleiner niedlicher Krug, ein kurzes breites Beil und eine Keule mit großem Haupt und kurzem Stiel. Diese drei Stücke scheinen Opferinstrumente zu seyn, und der Vogel ein prophetisches Sinnbild zu bezeichnen.
    Nro. 3 und 4 eine männliche und eine weibliche Statue, von denen die Köpfe verloren gingen. Nro. 3 ist sehr sichtbar ein Mannsbild und ganz unbekleidet. Die reckte Hand ist gegen den Schenkel gebogen, die linke hält etwas, das einem vollen Beutel gleicht. Die ganze Statue ist mit dem Fußgestell 41/2 Fuß hoch. Etwa einen Fuß niedriger ist Nro. 4, ein Frauenzimmer mit langem, niederhängendem Gewand. Die rechte Hand ruht auf dem Vorderleib, die linke hängt gerade herunter an der Seite, und hält einen kurzen Stab aufrecht.
    Nro. 5 und 6 niedrige, glatt behauene Quadratsteine von etwa 4 Fuß, mit Seitengesimsen. In jedem ist in der Mitte ein Loch eingehauen, an die sich Eisenrost angehängt hat.
    Nro. 7. Das Mittelstück einer Quadrat-Säule von 3 Fuß, mit ausgeschweiften Ecken. Da der obere und untere Theil fehlt, so sieht man hier nur die mittlern Theile der – in das Ganze eingehauen gewesenen Menschen-Figuren. Das eine Bild scheint mit einem Gewand angethan gewesen zu seyn, und hält den rechten Arm gegen die Brust. Bey dem zweyten ist ein kleiner runder Schild vorgehalten. Das dritte beugt sich etwas vorwärts, und zeigt sich von der Brust bis zum Knie in einer Handlung begriffen, denn der eine Fuß ist vorwärts gestellt, vor diesem hin hält die linke Hand eine unkenntliche Figur, und die rechte nur wenig sichtbare scheint gegen dieselbe hoch aufgehoben zu seyn. Das vierte Blid scheint in der rechten Hand einen langen Stab aufrecht zu halten, die linke hängt niederwärts.
    Nro. 8 ein achteckiger Stein, etwa 21/2 Schuh in der Höhe und ebensoviel im Durchschnitt haltend. Die auf jeder der 8 Seiten eingehauenen niedrigen Menschenbilder sind nimmer sehr kenntlich. Bis auf ein einziges, das selbst mit den Füßen eingehüllt ist, sind allesammt nackt. Unten in der Mitte des Steins ist ein Loch.
    Nro. 9 und in ein Quadratstein von etwa 21/2 und ein länglicht Viereck von etwa 5 Schuh in die Länge.
    Stellt man nun die Statuen Nro. 3 und 4 auf die Postamente (?) Nro. 1 und 2, rückt man zwischen sie den achteckigen Stein Nro. 8, und gibt diesem Nro. 5 zur Unterlage und Nro. 6 zum Oberblatt, setzt zu Staffeln vor ihn hin Nro. 9 und 10, und denkt sich ferner eine Säule, wovon Nro. 7 das Mittelstück ist, hinten hervorragend, so sieht die ganze Gruppe einem Opferaltare nicht unähnlich.
« [[Beschreibung des Oberamts Urach/|]] Beschreibung des Oberamts Urach Kapitel A 3 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).