Beschreibung des Oberamts Waldsee/Kapitel BW10
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10. Gemeinde Reute,
- 1) Reute, ein kath. Pfarrdorf 13/8 St. westlich von Waldsee mit 449 Einw., C. A. Waldsee F. A. Altdorf. Zehenten, Grund und andere Gefälle bezieht der Fürst. Das| Patronat-Recht ist königlich. Die Grundlasten bestehen in 829 fl. Geld- und in 1034 fl. zu Geld gerechneten Natural-Gefällen.
R. hat eine sehr angenehme Lage in einer weiten Ebene und wird von einem Mühlbach bewässert. Es ist weitläufig gebaut, und hat eine große und schöne Pfarrkirche und ein fürstl. Schloß, ehemals Kloster, ein Rathhaus, 3 Schildw., 2 Brauereien; die Einwohner nähren sich zum Theil von Leinenweberei, Musselinstickerei, eine Familie vom Hausirhandel mit Büchern. Die Pfarrkirche, zugleich Wallfahrtskirche, steht auf einem die ganze Gegend beherrschenden hohen Hügel mit 60 Staffeln. Am Fuße des Hügels steht das ansehnliche 1739 erbaute Pfarrhaus mit 2 schönen Gärten. Die Kirche wurde im Jahr 1635 an die sehr alte Kirche angebaut; sie hat ein schönes Altar-Gemälde, Mariä Himmelfahrt vorstellend. Die Baulast hatte früher das Kloster Waldsee, dann der österreichische Religionsfonds und jetzt der Staat. Auf demselben Hügel neben der Kirche steht das vormalige Franziskaner Frauenkloster Reute, jetzt fürstl. Schloß und Fruchtkasten, von einem f. Revierjäger und fünf Pensionären bewohnt. Das Kloster wurde im Jahr 1730 auf dem Platze der im 30jährigen Kriege 1633 abgebrannten Schwestern-Clausur neu aufgebaut. In dem Weissenauer Hausbuche wird des Klosters schon 1230 als einer neuen Pflanzung gedacht. Es war anfänglich wahrscheinlich eine Sammlung von Beguinen, die im Jahr 1407 von dem Propst Konrad Kügelin zu Waldsee reformirt und der Clausur unterworfen wurde. Da Kügelin dem Kloster auch zeitliche Wohlthaten zufließen ließ, so wird er gemeiniglich als dessen Stifter angesehen. Unter den von ihm aufgenommenen neuen Ordens-Schwestern war auch die unter dem Namen der guten Betha bekannte Elisabeth Achler, geb. zu Waldsee den 25. Nov. 1386, die im Rufe der Heiligkeit und Wunderthätigkeit 1420 starb, und 1766 von dem Papst Clemens XIII. selig gesprochen wurde. Zu ihrem Grabe strömten aus weitem Umkreise immer eine Menge Wallfahrer. Ihr Leib ist schön gefaßt in einer Seiten-Capelle| der Kirche der öffentlichen Verehrung ausgesetzt. Eine in Stein gehauene latein. Inschrift enthält die Belehrung für Gläubige, daß sie 12 Jahre lang weder Speise noch Schlaf nöthig gehabt habe. Im Jahr 1784 wurde das Kloster von K. Joseph II. aufgehoben.
Der Holz- und Torfgenuß der Real-Gemeinderechts-Besitzer ist nicht unbedeutend, die Gemeinde als Körperschaft hat aber kein Vermögen, daher alle öffentlichen Bedürfnisse durch Umlagen gedeckt werden müssen, welche bei der großen auf der Gemeinde haftenden Schuldenmasse, welche größtentheils bereits auf die einzelnen Steuerpflichtigen überwiesen worden ist, für die letztere drückend sind. Außerhalb Etters befinden sich 2 Höfe und ein Tagwerkerhaus – Waldacker, Scheurlis- und Spätenhof. Das Dorf R. gehörte mit den hienach benannten Parzellen dem Chorherrenstift Waldsee und bildete mit denselben, als unter österreichischer Landeshoheit und Steuerbarkeit stehend, in der Landvogtei das Gericht Reute. Nach Aufhebung des Stifts wurde es mit seinen Besitzungen 1788 um 122.000 fl. an den Fürsten von Waldburg-W.-W. verkauft, nachdem Heurenbach und Michelberg schon 1748 durch Tausch an denselben gekommen waren; siehe Waldsee. Von dieser Zeit an bildete es unter dem Titel „Mediat-Gericht Reute“ einen Theil der Grafschaft Waldsee. In der Urkunde Kaisers Friedrich I. vom Jahr 1164 über die Privilegien des Klosters Weissenau ist das Dorf „Rüti“ unter den Besitzungen des Klosters aufgeführt. 1321 schenkt Eberhard von Mellenbronn dem Kloster Waldsee „die Diepolswies“ zu Erhaltung des ewigen Lichts; 1329 verkauft Anna von Freyburg, Abtissin in Paradies, das Patronat-Recht in Reyti, das Widdum und 2 andere Höfe an das Kloster Waldsee, 1344 das Kloster Weissenau seine Besitzungen in R. und 1366 Hermann, Schenk von Otterswang, seinen Hof unter der Schmidte an ebendasselbe. Die Pfarrkirche wurde dem Kloster Waldsee 1351 incorporirt, und von da an durch 3 Chorgeistliche von Waldsee versehen; jetzt ist an derselben ein Pfarrer mit einem ständigen Vicar angestellt. – Heinrich v. Ruitti, welcher| 1294 dem Kloster Schussenried einen Hof zu Rudolphsberg schenkte, und andere seines Namens gehörten ohne Zweifel einem Reute im Oberamte Ravensburg an.
- 2) Greut, ein fürstl. Lehenhof, Filial von Reute, mit 13 Einw., Zehenten, Grund- und andere Gefälle bezieht der Fürst. Das Gut gehörte früher dem Frauenkloster Reute.
- 3) Haslach, ein k. W. mit 46 Einw., an der Straße von Waldsee nach Aulendorf, mit einer Mühle, Filial von Aulendorf. Den großen und kleinen Zehenten bezieht die fürstl. Grundherrschaft. H. bildete einen Theil des vormaligen Gerichts Reute; 1831 wurde es der Gemeinde Thannhausen zugetheilt. H. kam 1403 an das Kloster Waldsee und mit dem Gericht Reute 1788 an den Fürsten v. Waldburg-W.-W.
- 4) Heurenbach, ein k. W. mit 29 Einw., Filial von Waldsee, an der Straße nach Ravensburg. Zehenten und andere Gefälle bezieht der Fürst. H. gehörte früher dem Kloster Petershausen, kam aber 1429 an Hans Wissach, Bürger zu Waldsee, welcher solches 1431 an das Kloster Waldsee verkaufte, von diesem kam es durch Tausch 1748 an den Fürsten v. Waldburg-W.-W., und wurde dem Gericht Heisterkirch zugetheilt.
- 5) Magenhaus, ein k. W. mit 34 Einw., Filial von Reute, bestehend aus 2 fürstl. Lehenhöfen. Zehentherr ist der Fürst. Außerhalb liegt ein Wohnhaus, „Erlen“ genannt. In der oben bei Reute angeführten Weissenauer Urkunde von 1164 findet sich auch Maggenhaus aufgeführt. 1296 überläßt Herrmann, Schenk von Otterswang, sein Gut zu M. dem Kloster Weingarten. 1357 verkauft Johann v. Mägenhausen seine Vogtei, Zwing und Bänn zu Lumprechts und den Wald Mägenhaushalden an das Kloster Waldsee. 1380 bestätigen die Gebrüder Manz und Cunz v. Honstein die von ihrem Großvater Utz v. Reitti 1366 geschehene Übergabe seiner Güter zu M. an das Kloster Waldsee und 1429 kauft das letztere ein Gut zu M. von dem Kloster Paradies.
- 6) Michelberg, ein k. W. mit 27 Einw., Filial von Michelwinnenden. Den großen Zehenten bezieht der Staat,| den kleinen Sternberg. Alle Güter sind fürstl. Lehen. 1831 vereinödeten die 3 Lehenträger ihre Güter, und seitdem wurde mit der Vierfelderwirthschaft der Anfang gemacht. Von der Grundherrschaft erhielten dieselben als Entschädigung für das ihnen verabreichte jährliche Brenn- und Bauholz eine Strecke Wald zur Benutzung. Heinrich und Berchtold von Truchburg schenkten 1342 ihren Hof und Gut zu M. dem Gotteshaus Waldsee; in demselben Jahr verkaufte Rudiger von Hummeratsried ein weiteres Gut um 100 lb an dasselbe. Durch Tausch kamen diese Höfe 1748 an das fürstl. Haus W.-W.-W. und wurden dem Gericht Heisterkirch zugetheilt. Seit 1831 gehört M. zur Gemeinde Michelwinnenden.
- 7) Ober-Möllenbronn, ehemals auch Melebrunn, Arlibrunn etc., ein k. W. an der Ach, Filial von R., mit 32 Einw., einer Mahlmühle und einer kleinen Kapelle zur Privat-Andacht. Die Zehenten bezieht der Fürst, welcher hier neben vielen Wiesen zwei Heustadel besitzt. Die Güter sind vereinödet. Außer den fürstl. Lehengütern findet sich hier auch ein Staatslehen, sogenanntes „Innsbrucker“ Lehen, welches früher im Besitz der Herren v. Möllenbronn war. Das Geschlecht der v. Möllenbronn kommt im 14ten Jahrhundert häufig vor. 1321 vermacht Eberhard, miles v. Mellenbrunnen, die Ulrichswiese ob dem Tobel der Kirche zu Reute, und die Diepoldswies zu R. dem Kloster Waldsee; 1328 verkaufen die Gebrüder Heinrich, Conrad, Hildbrand und Johannes v. Mellenbrunnen einen Hof zu Gaisbeuren, den sie von den v. Königseck inne hatten; 1334 verkauft Heinrich v. Mellenbrunn seinen Hof und Wiese zu Ruprechts und 1336 Conrad von M. das Vogtrecht üBer einen Hof zu Abetsweiler an das Kloster Waldsee; an letzteres kamen auch Güter zu M. 1326/43 durch Kauf und Tausch, hauptsächlich auch von dem Kloster Schussenried.
- 8) Stadel, ein einzelnes Wohnhaus mit 4 Einw., Filial von R. an der Schussen. Es gehört sammt den umliegenden Wiesen dem Fürsten.|
- 9) Tobel, ein k. W., Filial von R., mit 27 Einw., in einem Thale an einem Bach, der im Ort 3 Mahlmühlen und eine Öl- und Sägemühle treibt, und nach kurzem Lauf durch einen engen Tobel in die Schussen sich ergießt. Die übrigen Verhältnisse wie bei R. Die Güter in T. wurden von dem Kloster Waldsee im Anfang des 16ten Jahrhunderts nach und nach angekauft, und kamen von diesem an den jetzigen Besitzer.
- 10) Unter-Möllenbronn, ein k. W., Filial von R., mit 52 Einw., in einer einsamen Waldgegend, am Achflüßchen. Ein Gut ist Lehen des Spitals zu Waldsee, die übrigen des Fürsten, welcher zugleich Zehentherr ist. Die sonstigen Verhältnisse sind wie bei O.-Möllenbronn. Außerhalb Etters steht ein Haus, „Eib“ genannt.