Brautgesang
Erst streift’ ich dir heimlich, von Schauern durchzückt,
An des Kleides duftendem Saume,
Dann wurde dir leise die Hand gedrückt,
Und du sah’st mich steh’n wie im Traume.
Da hab’ ich dich bebend umfangen
Und küßte mit stummem, seligem Mund
Deine heißerglühenden Wangen.
Drauf schiedest du weinend in fremdes Land,
Doch wie ich nach Monden dich wiederfand,
Da war ich zum Jüngling geworden,
Und blickte dir kühn in der Augen Licht,
Umfieng dich mit Quälen und Kosen,
Deines Busens knospende Rosen.
Und die Knospe sprang, es erblühte dein Leib
In lenzlich schneeigem Prangen,
Und ich halte dich nun als mein eigen Weib
Als einst ich dir eine Rose geraubt,
Wie bist du da ahnend erschrocken!
Nun schüttelt lächelnd dein trunkenes Haupt
Den zerknickten Kranz aus den Locken.
Nicht fiel diese Blüthe vergebens!
Du fühlst dich ein heilig fruchtbares Reis
Am unsterblichen Baume des Lebens.