Cäsar Borja’s Ohnmacht

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Autor: Conrad Ferdinand Meyer
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Titel: Cäsar Borja’s Ohnmacht
Untertitel:
aus: Gedichte, S. 292–294
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von H. Haessel
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google-USA* und Scans auf Commons
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[292]
Cäsar Borja’s Ohnmacht.


Wer bin ich? Einer welcher unterging,
Den Kranz im Haar, den Becher in der Faust,
Mit einem herculanischen Gelag
Von einem ungeheuren Sturz bedeckt?

5
Ich weiß den Becher nur und meinen Sturz …

Im Belvedere … Gestern … Am Bankett …
Den Becher, ihn kredenzte schlürfend mir
Der Papst, der ewig heiter lächelnde,
Denn Cäsar Borja bin ich, Sohn des Papsts!

10
Die Ampel über meinem Lager kämpft

Mit eines neuen Tages fahlem Schein …
Ob’s gestern oder ehegestern war,
Ich weiß es nicht, doch eines weiß ich wohl:
In jenem Becher gor der Borja Gift.

15
Er galt dem Gast, dem Bischof. Selbst gewürzt

Hat sich der Vater ew’gen Schlummers Trunk!
Ein Becher ward verwechselt. Warum nicht?
Verrath des Schenken? Zufall? … Es geschah.
Ich lebe. Meine Drachenkraft bezwang

20
Das Drachengift. Die Stunde ruft. Zur That!
[293]
Leer steht ein Thron, und eine Krone rollt.

Verbraucht ist das Apostelmärchen. Weg
Damit. Der Vater war der letzte Papst!
Ein König folgt ihm nach, und der bin ich.

25
Entscheidungsstunde, nicht erschreckst du mich,

Ich habe lange dich voraus bedacht:
Entlarve mir dein kühnes Angesicht!
Du heißest Heute! Kämmrer, gieb das Schwert!
Reif stehn die Ernten und die Sichel blitzt.

30
Marsch, meine Banden! Richtet das Geschütz

Auf des Conclave Kammern! Suchst du mich,
Hauptmann? Im Borgo, sagst du, wird gekämpft?
Ich komme! Ich vertausendfache mich!
Ich steige mordend auf das Capitol

35
Und mit Italiens Krone krön’ ich mir

Dies Haupt, das seine Frevel überragt!

Ich träume nur und komme nicht vom Platz.
Sturmlaufend bleib’ ich eingewurzelt stehn.
Gelähmte Sehnen! Meuchlerisches Gift!

40
Auf einem Krankenlager krümm’ ich mich.

Kein Diener hier! Kein Arzt an meinem Pfühl!
Miethlinge! Meine Stunde schwebt vorbei,
Mit flieh’ndem Fuß berührt sie spottend mir
Die Faust, die ein erdichtet Schwert umkrampft.

45
Verweile, Schicksalsstunde! … Doch sie schwebt.

Ich fühle meiner Feinde heimlich Werk:
Sie schaufeln, sie miniren, während ich
Geschleudert aus der Schranke liege … Dort!
Die grüne Feuerkugel! Ein Signal

50
Von meinen Banden? Nein, ein Meteor
[294]
Zuckt flüchtig durch die schwüle Sommernacht.

Hier über Roma’s Kuppeln loht es auf:
Nahn fackelschwingend meine Banden sich?
Nein, es ist Borja’s Glück das flammt und brennt

55
Und seine Zinnen stürzen! Wehe mir!

Dem Valentino netzt die Wimper sich …
Pfui! Ist das eines Weibes Augenlid?

Verzweiflung! Göttin! Stähle meinen Leib!
Ich winde mich von meinem Lager auf,

60
Ich schreite … Keiner sieht’s … Ich schreite. Bei

Der nackten Hölle, Sehnen, strammet euch! …
Verdammniß! … Wieder lieg’ ich hingestreckt …
Und ein erdolchter Knabe fesselt mich
Mit Ringen an den Stein … Dort gafft ein Weib,

65
Die Haare triefend, mit geschwollnem Hals …

Blutlose Brut! Weg in des Tibers Grab! …
Aus allen Wänden quillt es schwarz hervor
Und dunkelt über mir … Unsagbar Graun …