Das Auge des Menschen

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Autor: unbekannt / Carl Ernst Bock
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Titel: Das Auge des Menschen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 331–333
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Das Auge des Menschen.
I. Symbolik des Auges.

Was das Licht in der Landschaft, ist das Auge in dem Menschengesichte, und wie Sonnenschein selbst einer traurigen Gegend eine gewisse Schönheit geben kann, so adelt und verschönt das Auge ein sonst wenig anziehendes Gesicht. Der Blick ist das Erste, das wir an einem Menschen beachten, der uns gegenübertritt, und aufmerksamer als auf die Worte oder auf den Ton der Stimme sind wir auf den Ausdruck des Auges. Gleicht der Zornblick in einem finstern Gesichte nicht dem Blitzstrahl, der aus schwarzen Wolken zündet? Und wie weit, wie unermeßlich weit bleibt selbst das innigste Liebeswort zurück hinter einem Liebesblicke, und wer gäbe nicht die aufrichtigste und wärmste Liebesbetheuerung für einen Blick in die Tiefe eines Liebe verkündenden Auges?

Die Schönheit des menschlichen Auges an sich hängt indeß wesentlich auch von seiner Umgebung, besonders des Schädels (der Stirn) ab. Es darf nicht zu groß sein, denn die Größe ist Thieren charakteristisch; bei Raubvögeln z. B. ist das Auge größer als das ganze Gehirn, und bei den meisten Säugethieren verhältnißmäßig viel größer als bei den Menschen. Große vorstehende Augen erinnern uns deshalb, uns selbst unbewußt, an niedriger stehende Geschöpfe, an rohe Körperkraft, keineswegs an Ueberlegenheit des Geistes. Das entgegengesetzte Extrem gibt aber eben so wenig einen günstigen Eindruck; nur bei wenigen Thieren liegen die Augen halb versteckt in ihren Höhlen, wie bei dem Maulwurfe, welcher aber auch nicht darauf angewiesen ist, das Himmelslicht zu sehen. Kleine versteckte Augen in einem Menschengesichte deuten nun zwar nicht auf geistige Beschränktheit, denn manche geniale Männer besaßen solche Augen, die unter buschigen Brauen gewaltig hervorblitzten, aber sie geben den Zügen ein verkümmertes oder schmerzliches Aussehen, und machen in der Regel den Eindruck, als wollten sie vor Andern die Seele mehr verbergen als enthüllen.

Die eigenthümliche Wirkung, welche die Größe des Augensterns (d. i. die bunte ringförmige Regenbogenhaut mit der runden schwarzen Pupille in ihrer Mitte und der durchsichtigen Hornhaut davor) hervorbringt, hängt mit seinem Verhältniß zu dem umliegenden Weißen des Auges zusammen. Je mehr Weiß man zwischen den geöffneten Augenlidern sieht, um so mächtiger der Eindruck. Bei Thieren wie bei Kindern ist der Augenstern verhältnißmäßig groß gegen das Weiß, daher der geringe Ausdruck. Bei dem Erwachsenen dagegen ist der Augenstern von Jahr zu Jahr kleiner geworden im Verhältniß zu den übrigen Theilen des Augapfels, und damit hat sich gleicher Weise der Ausdruck gesteigert. Das Vorwiegen des Weißen in dem Auge macht demnach einen bisher wenig berücksichtigten wesentlichen Unterschied zwischen dem thierischen und dem menschlichen Auge aus. Nur die großen Maler der frühern Zeit, z. B. Fiesole und seine ganze Schule folgten, vielleicht unbewußt, den von der Natur gegebenen Andeutungen. Sie wichen von dem wirklichen Verhältniß etwas ab und gaben ihren Engeln und Heiligen lange, weit geöffnete Augen mit vielem Weiß und einen nur kleinen dunkeln Augenstern in der Mitte. Jedem aufmerksamen Beschauer fällt es sofort auf, wie sehr der geistige Ausdruck des Auges dadurch erhöhet worden ist. Im gewöhnlichen Leben finden wir überdies, daß jenes Verhältniß eines kleinen Augensterns zu vielem Weiß den Eindruck von feinem Gefühl und großer Reinheit macht, während man bei dem Anblick großer Augensterne sofort an Kraft und Stärke denkt. Deshalb gaben wohl auch die griechischen Bildhauer und Dichter ihren Göttern und Helden große Augen; der alte Homer z. B. nennt die Juno fast nie anders als die „ochsenäugige.“

Auch die Stellung der Augen in ihrem Verhältniß zu den andern Theilen des Gesichtes ist nicht von geringerer Wichtigkeit.

Bei den niedern Thieren sind sie bekanntlich fast wie auf Geradewohl angebracht, weil der Gesichtssinn bei ihnen, wenn nicht ganz fehlt, doch sehr unvollkommen ist. Selbst bei den Insekten scheint er eben erst aus dem Tastsinn herauszutreten, welcher bei den einfacher organisirten Wesen denselben vertritt. Wahrscheinlich können sie z. B. keine Farben unterscheiden und kennen nur Licht und Dunkel. Bei den höhern Thieren haben die Augen fast stets eine schiefe Neigung nach der Nase hin; nur bei dem Menschen stehen sie horizontal. Portraitmaler und aufmerksame Beobachter haben indeß die Bemerkung gemacht, daß in den meisten Gesichtern das eine Auge etwas über oder unter der geraden Linie steht und höchst merkwürdig ist, daß man bei fast allen großen Denkern, bei fast allen genialen Menschen eine leichte Abweichung nach oben gefunden hat. Weichen beide Augen von der horizontalen Linie ab, wie es bei ganzen Racen, z. B. den Chinesen der Fall ist, so erhält das Gesicht einen höchst auffallenden Charakter. Wo eine Neigung nach dem innern Winkel zu als Ausnahme erscheint, soll sie religiöse Schwärmerei, begeisterte Frömmigkeit oder schlaue Heuchelei andeuten. Immer gibt sie dem Blicke etwas magnetisch Anziehendes und darum auch große Macht über Andere. Kummer und Sorge lies’t man leicht in Augen, deren äußerer Winkel niedriger ist als der innere, und der sonach der abfallenden Linie des Mundwinkels folgt; aber auch der träge Träumer wird dadurch charakterisirt.

Weit geöffnete Augen galten zu allen Zeiten und gelten heute noch in dem Oriente für ganz besondere Schönheit; die Orientalen lieben den sehnenden und verlangenden Ausdruck, den das Gesicht dadurch erhält, und manchem Mädchen in Georgien und Circassien werden in der Kindheit die Augenlider weiter aufgeschlitzt, um bei Zeiten ihre Schönheit für den Sclavenmarkt zu erhöhen. Das Auge der alten Egypter ist fast unnatürlich lang und weit geöffnet, was uns beweist, daß die Vorliebe dafür schon in uralter Zeit bestand. Aber auch bei uns finden sehr schmale Augen, wenn sie überdies sehr kurz sind, durchaus keine Gunst, und es kann nicht geläugnet werden, daß sie dem Gesicht etwas Schwerfälliges und Schläfriges geben.

Auch die Nähe, in welcher die beiden Augen zu einander stehen, ist von Bedeutung, und die, welche zu weit abstehen, gefallen so wenig wie die zu nahgerückten. Merkwürdig ist es, daß die Juden als Nation durch die letztere Eigenthümlichkeit charakterisirt werden, und davon, namentlich in den spätern Lebensjahren, einen eigenthümlichen, aber keineswegs angenehmen Ausdruck erhalten. Unter den Thieren sind die Affen so gezeichnet, und daher haben sie ihr Aussehen von komischer Pfiffigkeit.

Was der Rahmen für das Gemälde, ist das Augenlid für das Auge. Die Lider sind bewegliche Laden oder Jalousien vor den zarten Fenstern unsers Körpers und hüten dieselben sorgsam vor zu starkem Licht wie vor andern Gefahren. Es versteht sich ganz von selbst, daß ein wohlgestaltetes Auge mit hellem Blick nicht hinter schweren plumpen Vorhängen versteckt sein darf, und wenn wir nach Schönheit suchen, erwarten wir dünne und durchscheinende, nicht mit Fleisch und Fett ausgestopfte Lider. Die letztern geben dem ganzen Gesicht einen schweren phlegmatischen Ausdruck, die erstern aber nehmen uns sogleich für den Geist ein, der Licht liebt, selbst wenn er sich auf einige Zeit verhüllt. Sogar im Schlafe sind die Augenlider von Bedeutung, denn, wie das Auge der einzige Sinn, sind sie der einzige Theil des Körpers, der durch äußere Zeichen die Ruhe des Geistes innen verräth.

Nicht alle Nationen halten wie wir lange Wimpern für schön. Die Chinesen, welche die Natur überhaupt kärglich mit Haaren begabt hat, halten die kurzen für die besten; andere Nationen gehen sogar so weit, sie sorgfältig auszurupfen. Wir dagegen meinen, kurze, lichte und dünne Wimpern gäben den Augen einen matten, stieren Ausdruck, während lange und dunkle Wimpern die Schönheit des Auges wie die Gewalt des Blickes erhöheten.

Von allen äußern Theilen des Auges sind die wichtigsten die Brauen, und zwar so bedeutungsvoll nicht blos wegen ihrer eigenen schönen Form, sondern weil sie die große Grenzlinie zwischen der Sinnes-Gegend des Kopfes darunter und der geistigen darüber bilden. Sind sie sehr dick und ziehen sie sich zu weit hin, so erinnern sie an thierische Natur; in dem Verhältniß aber, wie sie sich in seinen, wohlgerundeten Bogen erheben, erwecken sie eine bessere Meinung. Der Bogen namentlich ist von Wichtigkeit, denn je höher er steigt, um so weiter hinauf reicht die Sinnes-Region und hinein in die höhern geistigen Fähigkeiten, während niedrige und geradlaufende Brauen keine solche Gemeinschaft verkündigen. Hier auch erkennt man die noch unerklärliche Sympathie, die einen Zug mit dem andern verbindet: in den Bogen, die sich über den Augen wölben, wiederholt sich die lächelnde Lippe mit [332] dem leicht aufwärts gezogenen Mundwinkel, während der kummervoll sich senkende Mund die Augenbraue ebenfalls an der äußern Seite verzweifelnd sinken sieht. Das Temperament und oft wiederholte Empfindungen drücken sich natürlich den Zügen ebenfalls ein und geben ihnen etwas Festes. Heitere und offene Herzen werden sich deshalb durch offene, gehobene Augenbrauen ankündigen, während die Denker, wie man auf allen Gesichtern derselben sieht, sie herabziehen in dem unablässigen Bemühen, gleichsam in das Licht der Wahrheit hineinzuschauen. An ruhelosen, sehr veränderlichen Personen bemerkt man sogar bisweilen, daß die Brauen in mehrere kleinere Bogen zerbrochen oder durch heftige Leidenschaften gleichsam zerrissen sind.

Von außerordentlicher Bedeutung ist die Farbe des Augapfels und Augensterns. Den erstern sehen wir am liebsten weiß, zwar lebensvoll, aber doch so, daß seine fleckenlose Reinheit unwillkürlich ein reines, fleckenloses inneres Leben anzeigt. Einen ganz andern Eindruck macht eine grauliche oder gelbliche Farbe. Ein bläulicher Schein, der den Kindesaugen eigenthümlich ist, gibt Erwachsenen ein Aussehen von unvollkommener Entwickelung. Wir dürfen indeß nicht vergessen, daß andere Einflüsse diese Erscheinungen herbeigeführt haben können. Der Augapfel, der von starken Adern durchzogen ist, verräth Leidenschaftlichkeit, denn jede Aufregung treibt das Blut im stärkern oder geringern Grade nach dem Kopfe und oft wiederholte solche Blutanhäufungen in die Augenadern lassen endlich Spuren zurück als unverkennbare Charakterzeichen.

Jeder Mensch auf Erden hat einen ihm eigenen Blick. Die Anatomen finden ihn nicht, die Physiologen können ihn nicht erklären, aber wir Alle wissen, daß er da ist. Er ist das Resultat des Gesammtausdrucks aller Theile des Auges, der nach vielfachen Wiederholungen endlich dauernd bleibt. Er wird deshalb der charakteristischste Zug des Menschen, der wirkliche Spiegel seines Lebens, der Dolmetsch aller seiner Gedanken und Gefühle. Er bindet auch einen Menschen an den andern durch das Band der Sympathie. Freilich können wir das weder erklären noch vorzeigen, aber jeder Mensch fühlt es und handelt darnach. Ein Blick oft bindet zu ewiger Liebe; ein Blick scheidet für immer. Seine Macht ist um so größer, je weniger der Wille entwickelt ist. Dieser allein vermag einigermaßen die Macht zu brechen, und lehrt den Menschen, nicht nach seinem Gefühl zu handeln, sondern nach „Berechnung.“ Aber seinen eigenthümlichen Blick behält trotzdem ein Jeder. Jeder große Mann namentlich hat einen Augenausdruck, den Niemand nachzuahmen vermag und der selbst einen Socrates schön machen kann.

Gern und mit Wohlgefallen sehen wir den ruhigen, liebevollen Blick der Freunde, aber den stieren Blick vermögen wir nicht zu ertragen, selbst wenn er nicht auf unser Auge, sondern auf einen Theil unseres Anzuges gerichtet ist. Mit strengem Tadel oder stiller Verurtheilung gleitet der Blick des Vorgesetzten von Kopf bis zu dem Fuße, während das Auge des Neidischen hastig und von der Seite die Größe und Gestalt des Gegenstandes seiner häßlichen Leidenschaft mustert. Der Blick der Verachtung geht über den Gegenstand derselben gleichsam hinaus, als wollte er ihn aus seinem Sehkreise ganz ausschließen. Begeisterung und Fanatismus blickt nach oben zu, nach Höherem, während der Geizige, der Habsüchtige und Selbstsüchtige niederwärts sieht auf den Staub, an dem seine Seele klebt.

Das Auge des Greises hat wie das des Kindes einen unsichern Blick; der erstere fühlt sich allmälig von den Banden des Lebens gelöset und sein Auge wendet sich mehr und mehr von der äußern Welt ab, während das des Kindes noch Alles verwundert anstarrt und noch nicht dahin gekommen ist, Einzelnheiten scharf zu beobachten.

So kann man in dem Blicke des Auges das lesen, was in der Seele des Menschen vorgeht, und was sein Schicksal in der Zukunft bestimmen wird. Ein gewisser Blick wird allmälig feststehend, denn die Augen nehmen, wenn sie nicht zu einem besondern Zweck verwendet werden, den Ausdruck unwillkürlich an, den sie am häufigsten haben. Dieser Blick ist der charakteristische Zug eines Gesichts und darum für den Maler und Bildhauer von der größten Wichtigkeit.


II. Bau des Auges; von Bock.

Daß das Auge, außer Empfindungsorgan für Licht und Farbe (in Bildern) zu sein, auch der Spiegel des Geistes und eine der Hauptpforten ist, durch welche letzterer allmälig in unsern Körper (Gehirn) einzieht, verdankt dasselbe seinem Baue und seinem unmittelbaren nahen Zusammenhange mit dem Gehirne, an welchem es, wie ein Apfel an einem vom Sehnerven gebildeten Stiele ansitzt. Es stellt nämlich das nach den optischen Gesetzen der camera obscura gebaute Sehorgan eine hohle, kugelförmige, von drei zwiebelschalenartig (concentrisch) um einander herumliegenden Hautlagen gebildete Blase oder Hohlkugel, Augapfel genannt, dar, in deren Innerm durchsichtige, mehr und minder feste und flüssige Materien verborgen sind. Diese letzteren, den Lichtberechnungsapparat bildend, brechen die von leuchtenden Punkten nach allen Richtungen hin kegelförmig ausgehenden und in das Äuge fallenden Lichtstrahlen so, daß sich dieselben wieder in einem Punkte (Bilde) sammeln, der auf den hinter diesem Lichtbrechungsapparate hautartig (als Netz- oder Nervenhaut) ausgebreiteten Sehnerven trifft und durch diesen zum Gehirn (Bewußtsein) fortgeleitet wird. – Der Augapfel selbst liegt aber geschützt und umhüllt von einem elastischen Fettpolster in der trichterförmigen knöchernen Augenhöhle, wird äußerlich von den Augenlidern bedeckt, mit Hülfe des Thränenapparates stets rein erhalten und kann durch sechs Muskeln willkürlich nach allen Richtungen hin gedreht werden, wobei dem Bewußtsein durch die mit jeder Bewegung verbundenen Muskelgefühle eine Vorstellung von der Größe und Richtung der geschehenen Bewegung, so aber Aufschluß über Größe und Entfernung der gesehenen Gegenstände verschafft wird.

Die erste oder äußerste Hautlage, welche für sich allein eine vollständig geschlossene Hohlkugel bilden würde, soll dem Augapfel seine Gestalt verleihen und besteht deshalb aus zwei ziemlich derben, starren Häuten, von denen diejenige, welche den größern Theil (fast fünf Sechstel) und den hintern Umfang des Augapfels bildet, die harte oder weiße Augenhaut (Sclerotica; c) heißt, perlmutterweiß, undurchsichtig, von faserigem Baue, sehr gefäß- und nervenarm, und hinten vom Sehnerven (a), dessen Scheide (b) sich unmittelbar in diese Haut fortsetzt, durchbohrt ist, während sich vorn die Augenmuskeln an sie anheften. Sieht man Jemand in das offenstehende Auge, so erblickt man am innern und äußern Augenwinkel und besonders beim Verdrehen des Auges den vordersten Theil dieser Haut als „das Weiße des Auges.“ – Den vordersten (6ten) Theil der äußern Hautlage oder Hohlkugel bildet die durchsichtige, uhrglasähnliche und stärker als die weiße Haut gewölbte Hornhaut (Cornea; d). Sie hängt nach hinten ununterbrochen mit der weißen Augenhaut zusammen, besteht aus einer äußerst gefäß- und nervenarmen knorpelartigen Masse (mit Fasern, Zellen und Flüssigkeit) und wird äußerlich von einem dünnen Oberhäutchen (Bindehaut; f), an ihrer innern ausgehöhlten Fläche aber, welche in die vordere, mit Wasser erfüllte Augenkammer (n) sieht, von der zarten Wasserhaut (e) überkleidet. Die Hornhaut, welche ihrer Durchsichtigkeit wegen den Lichtstrahlen in das Auge einzutreten erlaubt, zeigt sich bei offenem Auge als das Spiegelnde vor dem sogen. Augensterne (der bunten ringförmigen Regenbogenhaut und der schwarzen Pupille).

Die zweite oder mittlere Hautlage, welche eine, vorn platte und mit einer runden Oeffnung (Pupille; m) versehene Hohlkugel darstellt, die innerhalb der äußeren, von der Hornhaut und weißen Augenhaut gebildeten Hohlkugel steckt, besteht aus zwei sehr gefäß- und nervenreichen, dunkelgefärbten und muskulösen Membranen, der Gefäß- und Regenbogenhaut, so daß sie hauptsächlich der Ernährung, Verdunklung und Bewegung der innern Augentheile dient. – Die Aderhaut, Gefäßhaut, schwarze Augenhaut (Chorioidea; g), deren hinterer Theil ebenfalls vom Sehnerven (a) durchbohrt wird, liegt dicht an der innern Fläche der weißen Augenhaut an und reicht vorwärts bis an den Rand der Hornhaut, wo sie sich theils mit einer dickern Portion, mit dem Spannmuskel der Aderhaut (Strahlenbande; i) anheftet, theils nach innen zu einen aus einigen 70 Strahlen zusammengesetzten Faltenkranz (Strahlenkörper; h) rings um die Linse bildet. Was den Bau der Aderhaut betrifft, so besteht ihre äußere Schicht vorzugsweise aus größern Blutgefäßen und sternförmigen, mit schwarzen Körnchen erfüllten Zellen, die mittlere Schicht aus einem sehr engmaschigen Haargefäßnetze und die innerste Schicht aus schwarzen Farbezellen. – Da wo sich vorn die Aderhaut an den Rand der weißen Augenhaut befestigt und wo diese letztere in die Hornhaut übergeht, zieht sich ein Blutkanal (u) kreisförmig in der Augenwand herum, und hier hängt die Regenbogenhaut [333] (Iris; l) in Gestalt einer Scheibe, in deren Mittelpunkte sich ein runden Loch, die Pupille oder Sehe (m) befindet, senkrecht hinter der Hornhaut (d) und vor der, vom Faltenkranze umgebenen Linse (p) herab. Die Iris erscheint, wenn man durch die Hornhaut hindurch in das Auge sieht, als ein bunt (braun, blau, graugrün) gefärbter Ring, der die Sehe oder Pupille umgibt, welche letztere, die doch eine Oeffnung zum Durchtritt der Lichtstrahlen ist, sich als runder schwarzer Fleck darstellt. Durch die Iris, deren hintere Fläche tief schwarz aussieht, ist der vordere mit Augenwasser angefüllte und zwischen Hornhaut und Linse befindliche Hohlraum des Auges in die vordere (n) und hintere Augenkammer (o) geschieden; beide Kammern stehen natürlich durch die Pupille (m), welche sich übrigens ebenso verengern wie erweitern kann, mit einander im Zusammenhange.

a) Sehnerv. b) Scheide des Sehnerven. c) Weiße Augenhaut. d) Hornhaut. e) Wasserhaut, f) Bindehaut, g) Aderhaut. h) Faltenkranz oder Strahlenkörper. i) Strahlenband (Spannmuskel der Aderhaut). k) Strahlen des Faltenkranzes. l) Regenbogenhaut, Iris, m) Pupille, n) Vordere und o) hintere Augenkammer (mit Kammerwasser). p) Linse in der Linsenkammer. q) Glaskörper mit r) der Glashaut, und s) dem Linsenkanale. t) Netz- oder Nervenhaut, Retina. u) Blutkanal (in der Grenze zwischen Hornhaut, Iris und weißer Augenhaut).

Hinsichtlich ihres Baues ist die Iris faserig und muskulös, sowie sehr gefäß- und nervenreich; rings an ihrem innern, die Sehe begrenzenden Rande enthält die Iris einen ringförmigen Schließmuskel, den Verengerer der Pupille, während sich von diesem strahlenförmig zum äußern Irisrande der Erweiterer der Pupille hinzieht. – Die bunte Farbe der vordern Irisfläche hängt von der Gegenwart und Menge gesternter Farbezellen ab. Bei blauen Augen fehlen dieselben gänzlich; entwickeln sie sich in geringer Anzahl, dann entsteht die lichtbraune Farbe; bei großer Menge sieht die Iris schwarzbraun; zerstreute Anhäufungen erzeugen die sogen. Rostflecke der Regenbogenhaut.

Die dritte oder innerste Hautlage, welche nur eine halbe Hohlkugel bildet, weil sie sich blos im hintern Theile des Augapfels, vorwärts bis zum Faltenkranze befindet, wird von der, zum Sehen allerwichtigsten Membran, nämlich der Nerven- oder Netzhaut (Retina; t), der hautartigen Ausbreitung des Sehnerven (a) gebildet. Sie umgibt den Glaskörper, ist im Leben vollkommen durchsichtig, hat in der Mitte ihres hintern Theiles, nach außen von der hügelförmigen Eintrittsstelle des Sehnerven, einen kleinen runden gelben Fleck und besteht aus fünf Schichten, die aber durch feine Fädchen innig unter einander zusammenhängen. Diese Schichten folgen von außen nach innen so auf einander: die Stäbchen- und Zapfenschicht, aus unzählichen, das Licht stark reflektirenden und pallisadenartig dicht neben einander stehenden schmalen Stäbchen und rübenähnlichen Zapfen; die Körnerschicht, aus dunklen, das Licht stark zurückwerfenden, runden oder ovalen, kernhaltigen Zellen; die Zellenschicht, eine Lage grauer Nervenzellen; die Nervenfaserschicht, die hautartige Ausbreitung der Fasern des Sehnerven; die Begrenzungsschicht, ein zartes Häutchen, welches die Netzhaut vom Glaskörper (q) abgränzt. Am gelben Flecke fehlt die Nervenfaserschicht, sowie im Centrum desselben die Körnerschicht.

Der Lichtbrechungsapparat, welcher den von den genannten 3 Hautlagen umgränzten Hohlraum des Augapfels ausfüllt und aus glashellen, durchsichtigen, theils festen, theils flüssigen Materien gebildet wird, besteht aus dem Kammerwasser (das Augenwasser in der vordern und hintern Augenkammer; n o), der Krystalllinse (p) und aus dem Glaskörper (q). Dieser durchsichtige Kern des Auges (ein dioptrischer Apparat) wird an seinem hintern Umfange (Glaskörper; q) von der Netzhaut (t) umfaßt, so daß alle durch den Lichtbrechungsapparat hindurchdringenden und gebrochenen Lichtstrahlen auf diese fallen müssen. – Die Linse (p), in der wasserhellen, durchsichtigen und etwas Flüssigkeit enthaltenden Linsenkapsel eingeschlossen, gleicht einem stark gewölbten Brennglase und hat ihre Lage dicht hinter der Regenbogenhaut (Pupille; q m), in einer schüsselförmigen Vertiefung des Glaskörpers (q), rings vom Faltenkranze (h) umgeben. Sie besteht durch und durch aus Schichten von blassen wasserhellen sechsseitigen Fasern oder Röhren (Linsenfasern), welche mit sägeartig gezähnten Rändern fest ineinander greifen. Die Consistenz der Linsenmasse nimmt vom Umfange nach ihrem Mittelunkte hin (d. i. der Linsenkern) zu: im Alter wird sie gelblich und trübe. – Der Glaskörper (q), welcher eine wasserhelle Kugel darstellt, füllt hinter der Linse und dem Faltenkranze den von der Netzhaut umgebenden Raum aus, nimmt vorn die Linse in einer tellerförmigen Vertiefung auf und wird von der durchsichtigen Glashaut (r) umschlossen. Diese Glashaut heftet sich vorn mit zwei Blättern, welche einen dreieckigen, sich rings um den Linsenrand herumziehenden Kanal (s) zwischen sich lassen, an die vordere und hintere Fläche der Linsenkapsel an. Was den Bau des Glaskörpers betrifft, so ist dieser zur Zeit noch nicht genau gekannt. (Ueber das Sehen später; über die Pflege des Auges s. Gartenlaube 1854. Nr. 39 und 40.)