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Die Pflege der Augen

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Textdaten
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Autor: B.
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Titel: Die Pflege der Augen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 39–40, S. 459–460; 470–472
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Die Pflege der Augen.


Das Auge ist das wichtigste aller Sinneswerkzeuge und die Hauptpforte, durch welche der Verstand in unser Gehirn einzieht. Weit unglücklicher und verlassener als der Taube ist der Blinde; wie oft ist aber nicht Blindheit die Folge eigenen Verschuldens? Täglich wächst die Zahl derer, welchen Gesichtsschwäche ebensowohl die Erfüllung ihrer Berufspflichten erschwert, als auch den Lebensgenuß vermindert. Dies brauchte aber nicht zu sein, da nur Unkenntniß dessen, was zur Erhaltung des Gesichtssinnes nöthig ist, als die häufige Quelle der Augenleiden angesehen werden muß. Man trachte deshalb nach Kenntniß von der richtigen Behandlung der Sehorgane, um die Fehler zu vermeiden, die man gewöhnlich gegen die Augen begeht, und zu lernen, wie man sich bei wirklichen Mängeln des Gesichts zu benehmen hat. Zur Erlangung dieser Kenntniß empfehlen wir nun vorzugsweise die billige und leicht verständliche Schrift vom Professor Arlt in Prag (die Pflege der Augen im gesunden und kranken Zustande, nebst einem Anhange über Augengläser), welcher wir auch im vorliegenden Aufsatze folgen.

Von den sogenannten Blindgebornen sind die wenigsten wirklich blind geboren, die meisten wurden erst nach der Geburt blind. Leichtsinn und Unkenntniß dessen, was den Augen der Neugebornen schaden kann, tragen in der Regel die Schuld der Blindheit. Vorzüglich ist es die Augenentzündung der Neugebornen, welche Blindheit nach sich zieht, eine Krankheit, die sehr häufig durch Fehler in der Pflege der Neugebornen hervorgerufen und zu jenem Grade von Heftigkeit gesteigert wird, welcher die Sehkraft entweder ganz vernichtet oder doch mehr oder weniger schwächt. Diese Fehler beziehen sich im Allgemeinen auf Beleuchtung, Reinlichkeit und Wärme der Luft. Es tritt diese Entzündung gewöhnlich den dritten oder vierten Tag nach der Geburt, selten später, erst nach acht bis vierzehn Tagen ein. Sie beginnt mit Anschwellung und Röthe der Augenlidränder und mit der Absonderung einer gelblichen, dicklichen, eiterigen Flüssigkeit, welche anfangs sparsamer ist und indem sie vertrocknet, Verkleben der Augenwimpern und Augenlider bewirkt, später aber reichlich zwischen den Augenlidern hervorquillt. Sobald die Absonderung dieser Flüssigkeit und die Anschwellung der Augenlider eintritt, rufe man sofort einen Arzt oder, wäre dieser nicht sehr bald zu erlangen, so sorge man zuvörderst für mäßige Verdunklung des Zimmers (durch Vorhängen eines blauen oder grünen Tuches vor das Fenster), sowie für reine, warme Luft im Zimmer. Von der äußersten Wichtigkeit ist jedoch das Reinigen der Augen von jener eiterigen Flüssigkeit. Dieses muß so oft geschehen, als sich nur immer Flocken derselben im Auge zeigen, alle 10 bis 15 Minuten. Es geschehe aber auf folgende Weise: der Zeigefinger der linken Hand wird auf die Wange des Kindes gelegt und damit das untere Augenlid vorsichtig abwärts gezogen, ohne aber das Auge zu drücken oder das Lid sehr zu zerren; sodann werden wenige Tropfen warmen Wassers aus einem zwischen den Fingern der rechten Hand gehaltenen Leinwandläppchen in’s Auge (zwischen die Lider) geträufelt und hierauf das Auge mit einem andern weichen und reinen Leinwandläppchen abgetrocknet. Dieses Abtrocknen darf aber nicht streichend, sondern nur sanft tupfend geschehen. Sind die Augenlider schon stark geschwollen oder ist das Kind sehr empfindlich gegen das Licht, so gelingt das Oeffnen des Auges nur dann, wenn eine zweite Person den Zeigefinger der einen Hand auf die Augenbrauengegend anlegt und das obere Augenlid sanft aufwärts zieht. Um unvermutheten Bewegungen des Kopfes vorzubeugen, sichere man denselben durch Anlegen der ganzen Hand in seiner Lage. Sehr vorsichtig ist mit dem aus dem kranken Auge ausgeflossenen, eiterigen Schleime umzugehen, da derselbe, in ein gesundes Auge gebracht, hier eine ähnliche gefährliche Entzündung zu veranlassen im Stande ist. Deshalb komme man damit ja nicht an das eigene Auge und benutze auch für jedes einzelne Auge des Kindes besondere und stets frische reine Leinwandläppchen. Eine Hauptaufgabe bei Behandlung dieser Augenentzündung ist Verhütung der Ansammlung jenes zerstörenden Eiters zwischen den Augenlidern.

Der Neugeborne, dessen flach liegendes und durch kurze, zarte Wimpern und Lider weniger geschütztes Auge ja noch nicht an das Licht gewöhnt ist, darf deshalb auch nur ganz allmälig einem stärkeren Lichte ausgesetzt werden und alles grelle Licht, so wie der plötzliche Uebergang aus dem Finstern in’s Helle ist streng zu vermeiden. Es ist eine gefährliche Neugierde, wenn Aeltern den Neugebornen an das Sonnen- oder Kerzenlicht tragen, um die Farbe seiner Augen recht bald kennen zu lernen. Schwarzer Staar, also Blindheit in Folge der Lähmung des Sehnerven, ist nicht selten aus einer solchen Blendung des Kindesauges hervorgegangen. Man mäßige sonach das Licht in der Umgebung des Neugebornen, schütze denselben gegen grelles Licht (ohne denselben aber ganz dunkel zu halten) und vermeide besonders schnellen Wechsel zwischen Licht und Dunkel. Wird das Kind in der Nacht geboren, so stelle man das Kerzenlicht so, daß dessen Strahlen nicht direkt in das Auge des Kindes fallen. – Reinigung der Augen gehört ebenfalls zu den Erfordernissen, welche zum Schutze der Sehorgane dienen. Diese Reinigung darf aber nicht mit dem Schwamme geschehen, womit der Körper des Kindes gereinigt wird, sondern mit eigens für die Augen bestimmten und in lauwarmes Fluß- oder Regenwasser eingetauchten, weichen Leinwandläppchen. – Wichtig für die Augen ist ferner auch die Beschaffenheit der Luft, in welcher sich das Kind befindet. Sie muß rein (ohne Rauch, Staub und Dünste) und mäßig warm sein. Zugluft und Erkältung (durch feuchte, kühle Wäsche), besonders schneller Temperaturwechsel, bringen oft Gefahr, und ziehen nicht selten die Augenentzündung Neugeborner nach sich. Besonders aufmerksam sei man bei der Taufe des Kindes, daß nicht Erkältung und Blendung der Augen desselben zu Stande komme.

Beim Säuglinge wird den Augen sehr oft dadurch geschadet, daß das Kind liegend so ausgetragen wird, daß ihm die Sonne senkrecht in’s Gesicht scheint. Uebrigens vermeidet man in diesem Alter viel zu wenig das grelle Licht und den plötzlichen Wechsel zwischen Hell und Dunkel. – Da die Augen der Säuglinge gern leuchtenden, glänzenden oder lebhaft gefärbten Gegenständen folgen, so dürfen dergleichen nicht wiederholt und lange in einer solchen Stellung bleiben, daß das Kind dieselben nur mit Mühe und mit einem Auge verfolgen kann, weil sonst Schielen entsteht. Es müssen ferner Säuglinge nicht zu kleine Spielsachen und diese nicht zu nahe an die Augen gehalten bekommen, da sich hierdurch sehr leicht Kurzsichtigkeit und Schielen entwickelt. – Daß die Einwirkung von unreiner, kalter und Zugluft auf die Augen, zumal wenn sich dieselben kurz vorher in reiner, warmer Luft befanden, von Nachtheil sein muß, versteht sich wohl von selbst. Schon im Säuglingsalter ist übrigens das Auge durch zweckmäßige Uebungen für die Zukunft zu kräftigen und zu erziehen; doch darüber später bei der Erziehung des Säuglings.

Im eigentlichen Kindesalter muß das Auge durch eine Mütze mit großem Schirme oder einen Hut mit breitem Rande gegen das Sonnenlicht geschützt werden; es darf hell beleuchtete und glänzende Gegenstände nicht zu lange besichtigen und im Schlafe oder beim Erwachen nicht von Lichtstrahlen unmittelbar getroffen werden. Wirkt zu starkes Licht, besonders nach vorausgegangener Dunkelheit, auf die Augen der Kinder, so kann bleibende Schwäche des Gesichts, von der man lange keine Ahnung hat, die traurige Folge sein, wo nicht gänzliche Blindheit. – Da es in diesem Lebensalter nicht selten zu Augenentzündungen kommt, so möge man sich merken, daß dabei die Augen durchaus nicht verbunden werden dürfen, sondern nur mit einem Schirm zu beschatten sind. Zu diesem Zwecke nehme man ein Stück stärkeres Papier, gleichviel [460] ob weiß, blau, grün oder schwarz, so groß, daß es einfach zusammengeschlagen, etwas breiter und länger ist, als die Stirn des Kindes und befestige es mittelst eines Bandes, dam am obern Rande zwischen beiden Blättern durchläuft, so um den Kopf, daß es etwa 1/2 bis 1 Zoll über den Augenbrauen hervorragt. – Das Züchtigen der Kinder durch Schläge auf den Kopf hat schon manchmal unheilbare Blindheit zur Folge gehabt.

Die meisten Rücksichten sind auf die Augen der Kinder während der Schulzeit zu nehmen, weil sie jetzt zuerst zum genauern und anhaltenden Sehen verwendet und sehr leicht für den künftigen Gebrauch ruinirt werden. Gar oft wird das Auge schon in den Jahren des ersten Schulbesuches stumpfer, schwächer, noch häufiger aber kurzsichtig. Arlt sagt: „man sehe daher sowohl zu Hause, als in der Schule darauf, daß die Kinder beim Lesen und besonders beim Schreibenlernen den Kopf nicht zu sehr vorwärts neigen. Bei 10 bis 15 Zoll Entfernung kann jedes bis zu dieser Zeit noch gesunde Auge bequem lesen und schreiben. Bemerkt man, daß ein Kind nur bei geringerer Entfernung die Buchstaben gehörig zu unterscheiden vermag, so lasse man die Augen ärztlich untersuchen und behandeln. Leider finden sich nur in wenigen Schulen die Bänke der Größe der Kinder angemessen; in den meisten ist auf die verschiedene Größe der Kinder keine Rücksicht genommen. Die für die kleineren Kinder bestimmten sollten niedriger sein, alle aber im gehörigen Verhältnisse des Sitzes zum Pulte stehen, damit die darauf Sitzenden nicht genöthigt wären, den Kopf dem Pulte zu nahe zu halten oder aber den Körper unnatürlich zu krümmen, um die Augen in die gehörige Sehweite (10 bis 15 Zoll) zu bringen. – Beim Schreibenlernen lege man den Kindern nicht nur eine hinreichend große Vorschrift vor, sondern lasse diese auch nur in gleicher Größe nachbilden. Nie dulde man bei Kindern das Geizen mit dem Raume des Papiers, das Zusammendrängen der Buchstaben und Zeilen. – Nie dürfen Kinder bei unzureichendem Lichte lesen, schreiben oder gar zeichnen.“ Nichts verdirbt die Augen so leicht, als Fehlen gegen diese Vorschrift, und gegen keine wird häufiger gefehlt, als gerade gegen diese. So sind z. B. sehr viele Unterrichtszimmer so schlecht mit der nöthigen Menge Lichts versorgt, daß fast Dämmerung darin herrscht; wie häufig werden ferner nicht Schreib-, Lese- und Zeichnenstunden zur Dämmerungszeit und bei trüber Beleuchtung gehalten. – Das Wichtigste aber ist, daß man die Kinder nicht mit solchen Arbeiten überhäuft, welche die Augen beständig in Anspruch nehmen. Es ist gewissenlos, Kinder Stunden lang hinter einander lesen, schreiben und zeichnen zu lassen. Am Aergsten wird es hier mit den Mädchen getrieben, welche nach der Schule auch noch die, die Augen stark angreifenden weiblichen Arbeiten vornehmen. Zu den bei der heutigen Kindererziehung am Häufigsten nachtheiligen Schädlichkeiten gehört sodann vorzugsweise das viele Clavierspielen, zumal bei kleinen gestochenen Noten und Abends beim künstlichen Lichte. – Stets sei man auf die gehörige Ruhe der Augen nach Anstrengungen derselben bedacht. Uebrigens sind auch noch ähnliche Rücksichten gegen die Augen des Schulkindes zu nehmen, welche Erwachsene gegen ihre Augen zu nehmen haben.

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Die Pflege der Augen bei Erwachsenen.

Bei Bestimmung des Berufes nach den Schuljahren sollte weit mehr Rücksicht auf die Beschaffenheit der Augen genommen werden, als dies zur Zeit geschieht. Daher kommt es denn aber auch, daß Viele nur zu bald durch Augenleiden für ihren Beruf untauglich und unglücklich werden. Arlt in seiner Schrift: „die Pflege der Augen im gesunden und kranken Zustande“ spricht sich hierüber etwa in der folgenden Weise aus. „Wer ein ganz gesundes Auge hat, mag nach Belieben seinen Beruf wählen, wer aber schwach- oder kurzsichtig ist, oder wessen Augen sehr zu Entzündungen geneigt sind, der vergegenwärtige sich so genau als möglich die Anforderungen, welche der eben zu wählende Beruf an seine Sehkraft wahrscheinlicher Weise stellen wird und die verschiedenen Schädlichkeiten, welche diese oder jene Arbeit für seine Augen nothwendig mit sich bringt. – Wer blos kurzsichtig ist, auch die feinsten Gegenstände unterscheiden und lange betrachten kann, sobald dieselben dem Auge nur gehörig (bis auf 4–10 Zoll) genähert werden, der kann Arbeiten vornehmen, welche ein genaues und angestrengtes Sehen erfordern. Jedoch ist es hier schon gewagt, sich eine Beschäftigung zu wählen, wobei man bald nähere, bald fernere Gegenstände genau zu betrachten hat, und zwar um so mehr, je größer die Kurzsichtigkeit und je bedeutender der Abstand zwischen den Gegenständen ist. – Wer an Schwäche des Gesichts leidet, feinere Gegenstände, auch wenn sie ganz nahe an das Auge gehalten werden, entweder gar nicht unterscheidet oder doch nicht hinreichend lange, der hüte sich vor der Wahl eines Standes, welcher den anhaltenden, besonders einförmigen Gebrauch der Augen zu kleineren, geschweige denn zu sehr kleinen Gegenständen erfordert. Hierbei werden deshalb so oft und so große Fehler begangen, weil man so häufig Menschen mit einer stumpfen, schwachen Sehkraft für kurzsichtige hält. Auch Diejenigen, welche nur auf einem Auge an Schwäche des Gesichts leiden, müssen von einer Beschäftigung abstehen, bei welcher kleinere Gegenstände lange anzusehen sind. Man bedenke hierbei, daß Einförmigkeit der zu betrachtenden Gegenstände in Bezug auf Entfernung, Größe, Farbe und Beleuchtung einen weit größern Aufwand von Sehkraft erfordert, als wenn Abwechselung hierin stattfindet und daß, wo diese oder öftere Pausen in der Arbeit stattfinden, selbst ein minder kräftiges Sehorgan, länger ausdauern kann. – Wer in der Jugend viel an Augenentzündungen gelitten hat und noch leidet, sowie eine besondere Neigung zu Rückfällen an sich trägt, sollte nie zu Arbeiten bestimmt werden, bei welchen die Einwirkung von Staub (besonders Wollstaub), Rauch, scharfen Ausdünstungen oder von Feuer und Hitze nicht wohl zu vermeiden ist. – Schwächliche, bleichsüchtige, blutarme Mädchen (s. Gartenlaube Jahrgang I. Nr. 49 S. 538), wenn sie sich dem Nähen, Sticken und dergl. widmen, laufen sehr leicht Gefahr, über kurz oder lang in Folge von Augenschwäche untauglich zu diesen Beschäftigungen zu werden.“ – Möchten die Aeltern, Lehrer und Vormünder die vorstehenden Winke bei der Wahl des Berufes ihrer Kinder und Pfleglinge nicht unbeachtet lassen.

Erwachsene haben ebenfalls Verpflichtungen gegen [471] ihre Augen, denn diesen können von verschiedenen Seiten her sehr leicht Nachtheile erwachsen. – Das Licht und die Beleuchtung können insofern nachtheiligen Einfluß auf das Auge äußern, als ebensowohl längere Entziehung des Lichts, wie übermäßig starkes Licht, besonders wenn letzteres plötzlich nach vorausgegangener Dunkelheit oder längere Zeit unausgesetzt einwirkt, die Sehkraft schwächen und lähmen können. Ein sehr schädlicher Vorwitz ist das Schauen in die Sonne; das Betrachten einer Sonnenfinsterniß ohne schützendes Glas hat schon öfters Augenleiden nach sich gezogen; selbst das längere Betrachten des Vollmonds und das Sehen in’s Feuer kann nachtheilig auf die Sehhaut wirken; auch ist bei Feuerwerken und heftigen Blitzen in der Nacht das Auge zu schonen. Der schnelle Uebergang vom Dunklen zum Hellen zeigt sich hauptsächlich des Morgens beim Erwachen schädlich, zumal wenn gleich Sonnenlicht in das Auge fällt. Deshalb schlafe man entweder in keinem gegen Sonnenaufgang gelegenen Schlafzimmer oder verhänge in einem solchen die Fenster und stelle das Bett passend. Das Oeffnen der Fensterläden eines Schlafzimmers geschehe ebenfalls mit Vorsicht und so, daß nicht die volle Dunkelheit plötzlich in hellen Tag verwandelt wird. Den Fensterläden sind Jalousien und graue oder blaue Fenstervorhänge weit vorzuziehen. Wer eine Nachtlampe brennt, der treffe eine solche Vorrichtung, daß ihr Licht weder unmittelbar noch mittelbar (durch Abprallen von heller Wand oder Decke) in die Augen fällt, sowohl beim Erwachen als beim Schlafen. Sehr nachtheilig wirkt das von hellen oder glänzenden Gegenständen (von Schneeflächen, Sandsteppen, Kalkfelsen, hellen Wänden, Wasserflächen, glatten Fußboden, polirten Möbeln) zurückgeworfene Licht. Als Schutz gegen die nachtheilige Wirkung dieses Lichtes dienen blaue Brillen, blaue Schleier, Beschatten des Auges durch breite Schirme und das öftere Ausruhen des Auges durch Ansehen beschatteter oder mattgefärbter Gegenstände. Stets erinnere man sich übrigens daran, daß auch das stärkste Licht, wenn es nur von oben einfällt, weit eher vertragen wird, als ein schwächeres, welches von unten oder von der Seite her das Auge trifft. – Ganz besonders aufmerksam auf das Licht und die Beleuchtung muß derjenige sein, der durch seinen Beruf vorzugsweise auf den Gebrauch der Augen angewiesen ist. Er muß um so mehr auf eine gehörige Beleuchtung bei seinen Arbeiten bedacht sein, je feiner diese sind, je weniger Zeit zur Ruhe sie gestatten, und je weniger Abwechselung sie dem Auge darbieten. Denn bei fehlerhafter Beleuchtung verliert auch das gesündeste Auge früher oder später an Schärfe und Ausdauer im Sehen, verfällt in Kurz- oder Weitsichtigkeit. Fehlerhaft und dem angestrengten Auge insbesondere schädlich ist die Beleuchtung, wenn das Licht zu schwach und deshalb unzureichend, wenn es zu stark, grell und blendend, wenn es unstät, bald stärker, bald schwächer, wenn es ungleich vertheilt, durch Schatten unterbrochen, wenn es unrein, in seiner Zusammensetzung vom reinen Tagesleicht abweicht, und wenn es in fehlerhafter Richtung einfällt. Da die künstliche Beleuchtung, durch Kerzen- oder Lampenlicht, die genannten Fehler am häufigsten, ja einige derselben sogar unvermeidlich an sich trägt, so wird für die, welche bei künstlicher Beleuchtung ihre Augen anzustrengen gezwungen sind, ganz besondere Vorsicht nöthig. Zuvörderst müssen durchaus Lichtschirme angewendet werden und diese dürfen nie ganz undurchsichtig sein, sondern müssen noch eine gewisse Menge Lichts durchlassen. Bei Oellampen kann der Schirm aus mattgrauem oder bläulichem Glase, bei Kerzen aus blauem oder grünem Taffet bestehen; die Glaskugeln, deren sich manche Arbeiter bedienen und welche den Argand’schen Lampen immer nachstehen, müssen mit bläulichem Wasser gefüllt sein. Dieses Wasser bereitet man sich durch Kupferammoniak, von dem man dem Wasser so viel zusetzt, daß ein weißes Papier durch die Flüssigkeit angesehen, schön himmelblau erscheint. – Die Unstätheit des künstlichen Lichtes zeigt sich am meisten bei den gewöhnlichen Kerzen und offenen Lampen, weil dieses sets flackern; deshalb sind mit Cylindern umgebene Flammen vorzuziehen. – In Bezug auf Reinheit und Gleichmäßigkeit der Flamme verdienen Wachskerzen den Vorzug vor Stearinkerzen und diese vor Talglichtern. Das reinste und gleichförmigste Licht geben gut gebaute und richtig beschirmte Argand’sche Lampen, nur kann man sich dabei leicht ein zu starkes und schädliches Licht beim Arbeiten angewöhnen. Wenn man nämlich nach langem Lesen, Schreiben und dergleichen weniger deutlich sieht, so ist man der Meinung, die Lampe leuchte weniger, während doch Ermüdung des Auges daran Schuld ist. Bei diesen Lampen, so wie auch bei Anwendung von Schirmen, hat man ferner darauf zu achten, daß das Auge nicht durch grelle Unterschiede zwischen Licht und Schatten beleidigt werde; die ungleiche Vertheilung des künstlichen Lichtes, so wie glänzende Fußgestelle der Lampen und Leuchter schaden vorzüglich empfindlicheren Augen sehr leicht. – Eine unzweckmäßige Stellung des künstlichen Lichtes, so daß die Lichtstrahlen mittelbar oder unmittelbar, von der Seite oder von unten in das Auge fallen (besonders beim Lesen im Bette bei künstlichem Lichte), bringt stets Nachtheile für das Auge und man sehe deshalb darauf, daß das Licht mindestens einige Zoll höher steht, als die Augen und nicht zu sehr zur Seite oder wohl gar zwischen dem Auge und dem Gegenstande.

Auch rücksichtlich der Beleuchtung am Tage werden zum Nachtheile des Sehorgans sehr häufig grobe Fehler begangen und nicht die nöthigen Vorsichtsmaßregeln beobachtet. So arbeiten Manche bei viel zu starkem, ja sogar im unmittelbaren Sonnenlichte, Andere dagegen wieder bei unzureichendem Lichte, in der Abenddämmerung, noch Andere bei einer Mischung von künstlichem und natürlichem Lichte, wenn zu zeitig, bei noch vorhandenem Tageslichte, Kerzen oder Lampen angezündet werden. – Nachtheilig ist es ferner, hinter grünen oder rothen Fenstervorhängen zu arbeiten oder bei vielfach gebrochenen und ungleich vertheiltem Lichte, wie hinter Gittern; das Licht muß stets nur von Einer Richtung her auf den Gegenstand fallen. Ebenso ist auch steter Wechsel in der Beleuchtung (wie beim Lesen im Freien unter Bäumen, beim Gehen und Fahren) schädlich. – Man sehe ja auch darauf, daß beim Arbeiten kein falsche Licht, von entgegengesetzter Richtung, von unten oder von der Seite auf den Gegenstand falle. Deshalb wird der Arbeitstisch am besten so gestellt, daß das Licht weder gerade von vorn, noch gerade von der Seite, sondern in der mittlern Richtung, schräg von oben, vorn und links darauf fällt. Wo eine solche Stellung unmöglich ist, müssen die untern Fensterscheiben durch bläuliche Vorsetzer verdunkelt werden. – Da die Kräfte es Auges, wie die aller Organe unseres Körpers beschränkt sind, und dies besonders vor der Zeit der völligen Entwickelung und Ausbildung des Körpers, so fordere man von demselben nicht zu viel und berücksichtige das Gefühl der Ermüdung. Wo aber unabänderliche Verhältnisse stärkere Anstrengung der Sehkraft erheischen, da sei man auf Abwechselung in der Beschäftigung bedacht, denn man vergesse nicht, daß das Auge weit mehr aushält, wenn der Gegenstand der Beschäftigung in gewissen Zwischenräumen gewechselt wird. Ist dies nicht möglich, dann müssen dem Auge wenigstens alle Stunden einige Minuten Ruhe gegönnt werden, wobei der Blick auf entfernte und beschattete oder mattgefärbte Gegenstände zu richten ist.

Außer unzweckmäßigem Lichte und falscher Beleuchtung können nun aber auch noch unreine Luft, Verkältungen, so wie mechanische und chemische Verletzungen dem Gesichtssinne schaden. Die Beschaffenheit der Luft ist insofern von Einfluß auf das Auge, als Staub, Rauch oder scharfe Dünste in derselben das Auge reizen und in Entzündung versetzen können. Wer sich einer solch unreinen Luft häufig aussetzen muß, der reinige seine Augen öfter mit kaltem (weichen) Wasser, nur aber nicht dann, wenn es erhitzt ist, damit die Augen nicht zu schnell abgekühlt werden. Deshalb taugt auch das Waschen der Augen mit kaltem Wasser des Morgens gleich nach dem Erwachen nichts, besonders wenn man im Schlafe geschwitzt hat. Nie bediene man sich zum Waschen der Augen eines Schwammes, lieber der bloßen Hände oder eines leinenen Tuches. Bei starkem Winde und auf Reisen in staubigen Gegenden sind Schleier und große runde Staubbrillen (aus farblosen oder blaßblauen Plangläsern) von Vortheil. – Zugluft, besonders in feiner unmerklicher Strömung (durch das Fenster), erregt ebenfalls leicht Augenentzündung. – Fremde Körper, welche in das Auge gedrungen sind, wolle man ja nicht durch Reiben daraus entfernen, sondern man suche die Augenliedspalte von selbst oder mittels der Finger offen zu erhalten, richte den Blick stark über die dem kranken Auge entsprechende Achsel und dann schnell nach der Nasenspitze und umgekehrt, oder stark nach oben und unten abwechselnd, zwischendurch das Auge mit kaltem Wasser waschend. Sollte dieses Verfahren vergeblich sein, so suche man den fremden Körper vor dem Spiegel oder durch jemand Andern, [472] mit dem Zipfel eines leinenen Tuches zu entfernen. Gelingt die Entfernung nicht bald, dann lasse man einen Arzt rufen, vermeide aber bis zu dessen Ankunft alles Reiben der Lider und wende unterdessen kalte Umschläge an. Die Empfindung, als läge der fremde Körper noch im Auge, dauert nach dessen Entfernung gewöhnlich noch einige Zeit fort. Meistens gelingt das Entfernen kleiner Körperchen deshalb nicht, weil sie zwischen dem obern Augenlide und Augapfel festgehalten werden; um sie von hier zu entfernen, fasse man das Lid an den Wimpern, ziehe es stark vom Augapfel ab und blicke nach unten. – Sind Mineralsäuren oder siedendes Wasser in das Auge gekommen, so suche man sobald als möglich ärztlichen Rath und wende indessen kalte Umschläge an. Beim Eingedrungensein von Kalk, Asche, Tabak und dergleichen ätzenden Substanzen, bringe man Oel, weiche Butter oder Rahm in die Augenlidspalte, um den fremden Körper einzuhüllen und wo möglich wegzuspülen, und mache sodann so lange kalte Umschläge, bis der Arzt kommt. – Ein sehr dummer Spaß ist das Zuhalten der Augen eines Andern von rückwärts, weil hierbei durch starken Druck sofort Blindheit entstehen kann.

Da das Auge nur ein Glied des ganzen Organismus ist, so hängt sein Wohlbefinden immer mehr oder weniger auch von dem Zustande des letztern ab. Den meisten Einfluß auf das Auge äußert natürlich das Gehirn, da zwischen diesen beiden Theilen eine sehr enge Verbindung besteht. Jedoch kann auch vom übrigen Körper aus dem Auge Nachtheil erwachsen und hierüber findet der Leser, dem es um die richtige Erhaltung seiner Augen zu thun ist, die beste Belehrung in der oben angeführten Schrift von Arlt.B.