Das Glücksrad

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Brüder Grimm
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das Glücksrad
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 1, S. 286–288
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1816
Verlag: Nicolai
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[286]
209.
Das Glücksrad.

Grundmann Geschichtschule S. 228-230.
D. Siegfried Saccus , aus dem Munde eines der Schatzgräber
selbst, zu Magdeburg.
Prätorius Wünschelruthe 88. 90.

Zwölf Landsknechte kamen aus dem ditmarser Krieg und hatten wenig vor sich gebracht. Da sie nun traurig und kleinmüthig im Land umher strichen und heut nicht wußten, was sie morgen zu beißen hatten, begegnete ihnen ein Grauröcklein, that seinen Gruß und fragte: „woher des Wegs und wohin?“ Sie aber sagten: „daher aus dem Krieg und dahin, wo wir reich werden sollen, können aber den Ort nicht finden.“ Das Grauröcklein sagte: „die Kunst soll euch offenbar werden, wenn ihr mir folgen wollt, begehr auch nichts dafür zu haben.“ Die Landsknechte meinten: [287] was es denn wäre? „Man heißt es das Glücksrad, das steht mir zu Gebot und wen ich darauf bringe, der lernt wahrsagen den Leuten und graben den Schatz aus der Erde; doch nicht anders vermag ich euch drauf zu setzen, als mit dem Beding, daß ich Macht und Gewalt habe, einen aus eurem Haufen mit mir wegzuführen.“

Sie begehrten nun zu wissen: welchen von ihnen er zu nehmen Willens sey? Der Graurock antwortete: „zu welchem ich Lust trage, das wird sich hernach zeigen, voraus weiß ichs nicht.“ Drauf nahmen die Landeknechte eine lange Ueberlegung, sollten sie's thun oder aber lassen? schlossen endlich: sterben muß der Mensch doch einmal, wie nun, so wir in Dietmarsen gefallen wären in der Schlacht, oder die Pest uns weggerafft hätte; wir wollen dies wagen, was viel leichter ist und nur einen einzigen trifft. Ergaben sich also miteinander in des Mannes Hand, mit dem Beding, daß er sie aufs Glücksrad brächte und dafür zum Lohn einen aus ihnen hinhätte, den, der ihm dazu gefiele.

Nach diesem so führte sie der Graurock hin an die Stelle, wo sein Rad stund, das war so groß, daß wie sie alle darauf kamen, jeglicher drei Klaftern weit ab vom andern saß; eins aber verbot er ihnen: daß ja keiner den andern ansähe, so lange sie auf dem Rad säßen, wer das nicht thue, dem bräche er den Hals. Als sie nun ordnungsmäßig aufgesessen, packte der Meister das Rad mit den Klauen , die er beides [288] an Händen und Füßen hatte, und hub zu drehen an bis es umgedreht war, zwölf Stunden nacheinander und alle Stunden einmal. Ihnen aber däuchte, als ob unter ihnen helles Wasser sey, gleich einem Spiegel, worin sie alles sehen konnten, was sie vorhatten, gutes oder böses und wen sie von Leuten da sahen, erkannten sie und wußten ihre Namen zu nennen. Ueber ihnen aber war es wie Feuer und glühende Zapfen hingen herab.

Wie sie nun zwölf Stunden ausgehalten hatten, rückte der Glücksmeister einen feinen jungen Menschen vom Rade, der eines Burgermeisters Sohn aus Meissen war und führte ihn mitten durch die Feuerflamme mit sich hin. Die elf andern wußten nicht wie ihnen geschehen und sanken betäubt nieder in tiefen Schlaf, und als sie etliche Stunden lang unter freiem Himmel gelegen, wachten sie auf, aber ihre Kleider auf dem Leibe und ihre Hemder die waren ganz mürb geworden und zerfielen beim Angreifen, von der großen Hitze wegen, die auf dem Rad gewesen war.

Darauf erhoben sie sich und gingen jeder seines Wegs, in der Hoffnung, ihr Lebtag alles gnug und eitel Glück zu haben, waren aber nach wie vor arm und mußten das Brot vor anderer Leute Hausthüre suchen.