Das Namensfest eines Spielbank-Monarchen

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Autor: Franz Wallner
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Titel: Das Namensfest eines Spielbank-Monarchen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 15–17
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Das Namensfest eines Spielbank-Monarchen.
Von Franz Wallner.

Es war einmal ein armer, blutarmer Fürst, in einem kleinen winzig kleinen Ländchen. Aber schön gelegen war der Fleck Erde, welchen der Fürst sein nannte. Hoch oben, auf starrem Felsblock, umspült von den blauen Wogen des mittelländischen Meeres, wie ein Adlernest lag das halbverfallene Schloß seiner Väter, ein üppiger Kranz von farbigen Blumen, von tropischen Gewächsen umgab die Burg. Aber der arme Fürst konnte sich nicht erfreuen an der blühenden Schönheit rings um ihn, sein Auge konnte nicht die wunderbaren Landschaftsbilder erschauen, die sich vor ihm ausbreiteten, denn er war blind, der arme Fürst. Sein Ohr nur vernahm das eintönige, metallische Rauschen des Meeres, dessen Wogen ununterbrochen an die Ufer seines Ländchens schlugen. Seine Gesellschaft bestand aus finsteren Rathgebern in schwarzen Kutten, so man die „Jünger Jesu“ nennt. Und wenn ihm, dem Beherrscher eines Landes, eine kleine Summe fehlte, so mußten seine Boten Credit suchen bei den Kaufherren im fernen Marseille oder in Toulon. Da kam der Versucher in Gestalt eines mächtigen Kaisers und klingelte mit Gold verlockend vor dem Ohr des blinden Fürsten und flüsterte: „Ich will Dich zum reichen Manne machen, verkaufe mir Dein kleines Land.“ Und von anderer Seite kam ein zweiter Versucher, und raunte dem armen Herrscher in’s Ohr. „Behalte einen kleinen Theil Deines Landes, damit Du dort unumschränkt gebieten kannst, und auf dem kahlen unwirthbaren Fels, der Deinem Schlosse gegenüber liegt, will ich eine prachtvolle Falle aufstellen für vorüberziehende Vögel mit goldenem Gefieder, die sich darin fangen werden. Die goldnen Federn aber, die wir den Gimpeln ausreißen, will ich theilen mit Dir, und wir werden beide reich, reich, millionenreich!“

Und der arme Fürst verkaufte dem fremden Kaiser das Land rechts und links vom Fels, so viel sich nur immer abreißen ließ, und steckte die Millionen in die leere Tasche und gab dann für vieles Gold dem Vogelsteller die Erlaubnis, seine Netze auszuspannen für alle Zugvögel, die durch den schönen Landstrich fliegen wollten. Und aus dem kahlen Felsen, an dem sonst das schnaubende Dampfroß achtlos vorüber eilte, erhoben sich prächtige Anlagen; es wuchsen Bäume empor, an welchen goldene Blätter glitzerten, zwischen denen hellfarbige saftige Früchte hingen, die der Vogelsteller vergiftet hatte, mit hoher Erlaubniß, zwischen Blatt und Frucht aber hingen verborgene Schlingen, an welchen sich das flatternde Gevögel verfing und zu Tode zappelte. Und prächtige Paläste wuchsen empor, glänzende Behälter für die Vögel, welche noch nicht kirre genug waren, um sich in die Schlingen locken zu lassen, die aber doch nach und nach in die glänzenden Bauer sich wagten, wo auf grünen Flächen goldene Körner lockend ausgestreut wurden, bis der schlaue Vogelsteller mit einem tüchtigen Zug sie alle im Netz hatte, und ihnen lachend die goldenen Federn ausraufte, die er mit dem Herrn des Bodens theilte, welcher nicht mehr nöthig hatte, kleinen Credit zu suchen bei den Kaufleuten in Marseille und Toulon. Der Miether aber und sein Hauswirth erbeuteten so viel des gelben Mammons, daß sie nicht wußten, wo hinaus damit. Sie zogen immer mehr der frommen, schwarzen Beter in das Land, erbauten für dieselben Kirchen, Capellen, Wohnhäuser und Schulen, in denen ihre Lehren gepredigt wurden, und meinten sich abzufinden in dieser Weise mit dem lieben Gott, und hofften den Satan um den Antheil zu beschwindeln, den er an ihrem Sein zu fordern das volle Recht hatte. Dies ist die Geschichte von Monaco, wie sie mir ein weiser Mann an den Ufern des mittelländischen Meeres erzählt hat.

An einem heitern sonnenbestrahlten Morgen machten wir uns auf, um das einzige aller Fürstentümer, gegen welches selbst das souveraine Lichtenstein sich wie ein Termitenbau zu einem Ameisenhügel verhält, in der Nähe zu besehen. Seit acht Tagen hatten riesige Placate die Curgäste von Nizza in Kenntniß gesetzt, daß am vierten November das Namensfest des Landesherrn in [016] festlicher Weise begangen werde. Feuerwerke zu Meer und Land, großes Monstreconcert, Illumination, und, um das Nützliche mit dem zu vereinigen, was für den Spielbankpächter als Festgeber das Angenehme war, sollte das Spiel, welches sonst um elf Uhr geschlossen wird, zur Erhöhung der Feierlichkeit bis nach Mitternacht geöffnet sein.

Wie wunderbar schön lag der Golf des Mittelmeeres dar uns! wie eine offene glitzernde Perlenmuschel, auf welche die Sonne einen rothglühenden Schimmer warf, von dem auch die hellen schneebedeckten Gipfel der Seeealpen von rosenfarbenem Lichte angehaucht erschienen. Der reiche Kranz der zierlichen Bauten und Paläste, die das Ufer umgürten, leuchtet uns hell entgegen, während von den mit dem dunklen Laub der Oliven bedeckten, grün umbuschten Anhöhen, welche diesen glücklichen Landstrich einhüllen, die zierlichen Villen und Landhäuser kokett hervorlugen.

Man muß monatelang am Strande des Meeres gelebt haben, um die Großartigkeit desselben begreifen zu lernen. Nicht nur, wenn es im tiefen Blau wie ein glatter Spiegel sich unabsehbar ausbreitet, sondern auch im wilden Sturme, wenn das prächtige Blau in fahles Grün und dieses in ein schmutziges dichtes Gelb sich verwandelt, wenn später ein unangenehmes fahles Bleigrau den Horizont überzieht und uns denselben kaum von den ungeheuren Wasserbergen unterscheiden läßt, die sich in geschlossenen Reihen heranwälzen, um mit donnerndem Gebrüll an den Felsen zu zerschellen, den weißen Gischt thurmhoch emporschleudernd. Das sanfte melodische Rauschen, mit welchem die Wellen bei ruhiger See an’s Ufer schlagen, verwandelt sich in ein hohles grollendes Getön von unbeschreiblicher Klangfarbe. Jetzt scheint der Himmel, Blitz auf Blitz, in hellem Feuer zu stehen; der Donner vereinigt seine Batterie mit dem der Wogenberge; der Regen prasselt in dichten Massen nieder und hüllt Alles in seinen nassen Mantel ein. Wehe dem Fahrzeuge, welches wir wie ein Gespensterschiff sturmgepeitscht durch den Nebel schwanken sehen, taumelnd wie ein Trunkenbold! Es kann das nahe Ufer nicht erreichen; mit eisernen Krallen hält es der Orcan fest, um es vielleicht in der nächsten Stunde zerschellt an die Klippen zu schleudern. Vor wenigen Tagen ritt ein armer Junge den Strand entlang, um sich und sein Pferd vor dem Wüthen der Elemente zu bergen; da kam ein furchtbarer Wogenberg, riß den unglücklichen Burschen vom Roß und hinaus in’s offene Meer. Ein Schrei! Das wild aufbäumende Thier sprang in langen Sätzen dem festen Boden zu, der Reiter war verschwunden! Wo werden die Wogen seinen Leichnam an’s Ufer werfen?

Stundenlang kann ich dem wilden, aber unbeschreiblich majestätischen Schauspiele des empörten Meeres vom sichern Port aus zusehen, ohne der großartigen Wunder müde zu werden, die, stets wechselnd, immer neue Gestalten annehmen.

Heute aber begünstigt das prächtigste Wetter die Fahrt, welche wir zur Feier des Namensfestes des Westentaschen- und Spielbankmonarchen nach Monaco angetreten haben.

Unterwegs entspinnt sich eine lebhafte Debatte über die Berechtigung der deutschen Regierungen, die Spielbanken zu schließen und ihre mündigen Gimpel vor freiwilligem Rupfen zu bewahren, so lange noch Börsen und Lotterien existiren. Einige von uns standen direct auf der Seite des Verbotes, andere meinten, die Spielhöllen hätten in so ferne ein öffentliches Interesse, als durch die ungeheuren pecuniären Verpflichtungen, welche den Pächtern auferlegt würden, ein Theil den öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten, der Verschönerung der Plätze und Anlagen, und anderen gemeinnützigen Anstalten zu gute kämen.

Inzwischen donnerten uns die Kanonen von den Wällen von Monaco ihren Festgruß entgegen. Es ist, glaube ich, der einzige Dienst, welchen die mächtigen, metallenen Röhren im Laufe des Jahres zu leisten haben. Das Namensfest des Landesherrn! Das brüllt so krachend in die Welt hinaus, als ob es ein großes, dieselbe erschütterndes und die gesammte Menschheit berührendes Ereigniß zu verkünden hätte. Und doch weilt der Vater stets fern von seinen Kindern, er verzehrt die reichen Einkünfte der „letzten Spielbank“ in Europa fern auf einer Besitzung, die er im Süden von Frankreich sich erworben. Er soll nicht viel Freude erlebt haben in seinem prächtigen Daheim auf Monaco. Der „Erbprinz“, vermählt mit einer Herzogin von Hamilton, lebt in fortwährendem, vor aller Welt ausgefochtenem Kriege mit den Seinen. Es ist ein ewiges Ringen gegen brutale Gewalt, die sich in ihren schlimmsten Ausartungen geltend macht. Die allgemeine Stimmung ist gegen den Prinzen, dem man das Schlimmste ganz offenkundig nachsagt. Man zwingt die Mutter, die Unbilden zu vergessen, welche der armen Frau angethan werden, die ab und zu an den häuslichen Heerd zurückkehren muß, um das einzige heißgeliebte Kind zu sehen, welches dieser ehelichen Tragödie voll verborgener Wunden, voll trockener Herzensthränen entsprossen ist.

Sonst regieren in dem Ländchen noch in vollem fürstlichen Schutz, ihr Wirken nach allen Richtungen hin entfaltend, unverfolgt und stolz – die Jesuiten! Der Spielpächter und die Jesuiten! Ein Kloster, groß und stattlich, ist der Letzteren Eigenthum, einen mächtigen Palast bewohnt der Erstere. Eine Zweiganstalt für fromme Schwestern desselben Ordens, ein Erziehungsinstitut im Sinne des Ordens, das Alles gedeiht wuchernd auf dem kleinen Fleck des Landes, den wir eben umschreiten.

Welch’ eine Pracht und Herrlichkeit liegt vor uns ausgebreitet! Vor uns das weite Meer, belebt von zahllosen Fahrzeugen, wie ein diamantglitzernder Spiegel ausgegossen. Die Wege ringsum führen durch die reichste, bunteste, südliche Vegetation. Zwischen schlanken Palmen glühen in den dunkelgrünen Beeten von Geranium tausende von hellrothen Blüthen; wie ein reichgestickter Teppich breiten sich die zahllosen Blumen an den Abhängen aus; riesige Aloen und Cacteen strecken die wunderlich bewaffneten Blätter und Zweige in die Luft; die Kletterrose rankt sich zwischen dem hellen Laub der Citronen- und Orangenbäume empor. Rechts schweift der Blick nach Italien; Frankreich breitet seine wunderbarsten Landschaften vor uns aus, ja selbst Corsika, mit seinen zerrissenen schneebedeckten Höhen, das kleine historische Elba, so wie der sagenreiche Inselfleck Monte Christo soll bei hellem Wetter sichtbar sein, ein Anblick, den mein Auge, trotz der kristallklaren Luft, vergebens suchte. Dort liegt die Gesundheitsstation Mentone, und das romantisch gelegene Roccabruna, welche der Fürst von Monaco mit Allem, was drum und dran hing, für vier Millionen an Frankreich verkauft hat, während er sich den kahlen Spielfelsblock Monte Carlo und das winzige Hauptstädtchen als fette Melkkuh im Stall behielt.

In einer Schlucht, wild romantisch, ein zauberhaft schönes Bild, liegt inmitten der tiefsten Bergeseinsamkeit ein prächtiges Kirchlein; die frühere Besitzerin der Spielbank, ich glaube Frau Riccord heißt sie, hat das Gotteshaus von dem Abfall der Millionen erbaut, welche ihr das Geschäft mit Louis Blanc eingebracht. Ueberall wachsen neue stattliche Wohnhäuser empor; man speculirt auf starken Zuzug von Abenteurern aus aller Herren Ländern, wenn die Kugeln in den deutschen Spielbädern ihren letzten Rundlauf gemacht. Dann wird Blanc der Alleinherrscher der grünen Tische Europas werden, freilich nicht, ohne daß sein fürstlicher Hauswirth bei der Pachtverlängerung sich die günstigen Chancen wird mit schwerem Golde aufwiegen lassen.

Vor der Hand wird Alles sorgfältig überwacht und ausgeschlossen, was den Interessen des Eigenthümers entgegen steht. Das sehr gemäßigte Journal de Nice ist in Monaco komischer Weise verboten, im Einzelverkauf wird nur das ultramontane Blatt le petit Marseillais und der spielbankfreundliche Figaro zugelassen. Dagegen erscheint in Nizza eine Broschüre unter dem Titel „Les misères de Monaco“. Auf dem Titelbilde hängt ein Opfer der Spielhölle zappelnd an einem Baume. Unten sind die Worte zu lesen: „Ce que l’on y gagne“ (Was man da gewinnt).

So hat das beste Streben seine Feinde und Gegner. Trotz aller Vorsicht sind diese nicht stets zu unterdrücken. Die Bank besoldet ihre Spione, ihre Spioninnen. Eine der Letzteren, eine Obristwittwe, im Genre Offenbach’s, saß an der Table d’hôte, als einer der Directionsbeamten der Bank harmlos erzählte, daß der Correspondent eines französischen Journals dem Institute schon fünfzehntausend Franken koste. Am andern Tage erhielt er von seinem Chef die bestimmte Versicherung sofortiger Entlassung, wenn er „Geschäftsgeheimnisse“ nicht besser zu wahren wisse.

Monaco und Umgegend wimmelt natürlich nicht nur von den Demimondes, sondern auch von Abenteurern jeder Art. Ein Freund erzählte mir in Bezug auf letztere folgende drastische Anekdote:

Vor einigen Tagen gab ein Magnetiseur mit einer clairvoyanten Begleiterin Vorstellungen, die sehr besucht waren. Die [017] Antworten der Somnambulen erregten durch die wunderliche, stets zwei Auffassungen zulassende Form derselben viel Aufsehen.

„Warten Sie,“ versicherte ein eleganter Herr einem neben ihm stehenden Bekannten, „jetzt fange ich die Betrügerin.“

„Will Jemand noch an die Dame während des magnetischen Schlafes eine Frage durch mich stellen lassen?“ frug der „Doctor“.

„Wie befindet sich in diesem Augenblicke mein Vater?“ entgegnete der Fallensteller.

Die inspizirte Jungfrau antwortete ohne Säumen. „Ihr Vater fährt in diesem Augenblicke in einer eleganten Equipage spazieren.“

„Sehen Sie,“ rief dieser seinem Nachbar zu, „da habe ich den Schwindel entlarvt. Mein Vater ist seit zehn Jahren todt.“

Mit imponirender Frechheit entgegnete der Magnetiseur: „Mein Herr, ich verbitte mir solche beleidigende Ausdrücke! Ihr Vater lebt und fährt spazieren. Um den Mann, der seit zehn Jahren todt ist, haben Sie nicht gefragt. Ihr Vater,“ wiederholte er mit großem Nachdruck, „ihr Vater lebt!“

Den weiteren Verlauf dieses Experimentes mußte mir mein Gewährsmann nicht mehr mitzutheilen – ich glaube, er endete mit einer Ohrfeige, die der beleidigte Sohn austheilte.

Inzwischen sind wir auf dem prachtvollen Wege inmitten der herrlichen Anlagen zum Festplatze gelangt. Ueber dem Spielhause prangt in mächtigen Buchstaben, aus Gaskörpern gebildet, der Name des Landesvaters, „Charles“, zahllose Lampions umgürten die Fontainen, die ganze Bevölkerung ist auf den Beinen. Die ganze Armee des Landes – die Angaben über die Stärke der bewaffneten Macht von Monaco schwanken zwischen achtzehn und sechsundzwanzig Mann – promenirt in den theatralisch-phantastischen reichen Uniformen, die es schwer machen, den Stabsofficier vom Gemeinen zu unterscheiden. Unter vier Decorationen tragen nur Recruten. Unsere braven Landleute und die übrigen Bewohner des Landes, Beamte und Jesuiten trieben sich zwischen den Trophäen, Wappen und Fahnen herum, auch die Fremden von Nizza, Mentone, San Remo etc. hatten sich zahlreich eingefunden, um dem prächtigen Feuerwerke und dem trefflichen Monstre-Concert beizuwohnen. Die Spielbank, für die Feier des Tages um zwei Festtische vermehrt, that ihr Bestes und nahm es von den Anwesenden. Auf zwei Loretten ein Abenteurer, oder umgekehrt – das ist ungefähr die Physiognomie der Anwesenden. Den Rest bilden Neugierige.

Mit Einbruch der Dunkelheit drängt sich Alles auf den tageshell erleuchteten Hauptplatz, hinter welchem aus dunkler Anhöhe das brillante Feuerwerk abgebrannt wird, zu welchem aus Toulon ein berühmter Pyrotechniker verschrieben wurde, während die besten Solisten von Paris in dem Concerte mitwirken. Tausende von Feuergarben schießen krachend durch die Luft; zahllose bunte Flammenräder drehen sich prasselnd im Kreise. Wie würde er sich freuen, der ferne Landesvater, könnte er dies glänzende Schauspiel sehen! Auf dem Meere treiben Fässer mit angezündeten Petroleummassen; leider verdirbt der neugierige Mond, der sein wunderbares Licht elektrisch leuchtend über die ganze ungeheure Fläche ausgießt, den winzigen Effect des Menschenwitzes.

Und drinnen im Saal rollt wieder die Kugel; der eintönige Ruf der Croupiers tönt an diesem Festabend zur Erhöhung der Feier zwei Stunden länger als sonst durch die glänzenden Räume. Louis Blanc ist ein Praktiker, er versteht es, das Nützliche mit dem Angenehmen gar hübsch zu verbinden, und einen Theil der Kosten auf diese Weise wieder herauszuschlagen.

Im Ganzen genommen ist es aber doch ein schönes Fest, welches der Miether seinem Freund und Landesherrn zu Ehren hier gab. Ich fürchte, in Berlin und Wien werden die Hausbesitzer bald ähnliche Opfer von ihren Miethsclaven, wenn auch nicht zum Tauffeste, so vielleicht zur Gründungsfeier, fordern.

Ich aber hätte, als mir vor vielen Jahren in Kissingen zum ersten Male der Name des souveränen Landesherrn von Monaco an’s Ohr schlug, mit dem ich damals in einem Hôtel wohnte, nie gedacht, daß ich dereinst Gelegenheit haben würde, in seinen Staaten dieser Familienfeier zwischen „Fürst und Volk“ beizuwohnen. Es war eine wunderliche Geschichte:

Eine Geldcasse von Eisen, „vollgestrichen mit Goldstücken“, war dem blinden Herrn gestohlen worden. Verdachtsgründe konnte er nicht nachweisen, und so schien das Geld verloren. Der Dieb war sein eigener Kammerdiener, welcher die Cassette in der Nähe der Stadt im sumpfigen Röhricht verborgen hatte, um selbe gelegentlich als gute Beute in Sicherheit zu bringen. Da kam das katholische Kirchenfest, der Frohnleichnamstag, heran, an welchem weißgewaschene Mädchen in festlichem Zuge die langen Kolbenrohre in den Händen tragen. Beim Abschneiden der Rohre aber fand man, im Sumpfe tief versteckt, die verborgene Geldcasse, und in selber die Uhr des Kammerdieners. Der Gauner wurde überführt, die Goldstücke ihrem Herrn zurück gegeben! Frömmigkeit bringt Glück allerwegen!