Das Verhalten der Tiere gegenüber Luftfahrzeugen

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Autor: Walther Kabel
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Titel: Das Verhalten der Tiere gegenüber Luftfahrzeugen
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aus: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 1, S. 221–223
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Erscheinungsdatum: 1911
Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft
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Erscheinungsort: Stuttgart, Berlin, Leipzig
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Dieser Artikel wurde unter dem Titel Tiere und Flugfahrzeuge ebenso veröffentlicht in: Deutscher Hausschatz, 18. Heft, 37. Jahrgang [1911], S. 839–840 und unter gleich lautendem Titel Tiere und Flugfahrzeuge in: Illustriertes Sonntagsblatt, Beilage zur Greifswalder Zeitung. Jahrgang 1912, Nr. 15, S. 119.
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[180] Das Verhalten der Tiere gegenüber Luftfahrzeugen. – Bereits einer der ersten begeisterten Ballonführer, Hans Lingker, hat in seinem Werkchen „Was ich bei meinen fünfzig Ballonaufstiegen beobachtete“ seine Erfahrungen über das obengenannte Thema mitgeteilt. Einmal im Jahre 1878 wurde er bei einem Aufstiege von Breslau aus durch widrigen Wind in ganz geringer Höhe über den Erdboden dahingetrieben und schwebte so auch über den zu den Besitzungen des Grafen v. D. gehörenden Tierpark hinweg. Lingker erzählt nun, wie die Hirsche, Hasen und auch zwei Füchse vor dem lautlos dahinstreichenden Ballon mit allen Zeichen höchsten Entsetzens geflohen wären, wobei einer der Hirsche in seiner blinden Furcht mit ganzer Kraft gegen die Umzäunung anrannte und anscheinend schwer verletzt zusammenbrach.

Auch der schwedische Luftschiffer v. Hofsten berichtet von einem ähnlichen Erlebnis mit Elchen, wobei diese plumpen [181] Tiere sich in ihrer Angst in einen Fluß stürzten, um sich vor dem unheimlichen gelben Riesenvogel in der Luft zu retten. Ebenso sollen auch Hunde ihre Furcht beim Anblick eines Ballons durch langgezogenes Heulen verraten. Öfters ist es vorgekommen, daß sonst ganz lammfromme Pferde vor einem ihren Weg in geringer Höhe kreuzenden Luftballon durchgegangen sind.

Die Vögel scheinen im Ballon einen gefährlichen Mitbewerber zu erblicken und bleiben ihm fern. Bisweilen gehen sie aber doch in blinder Wut angriffsweise gegen diese Riesenkonkurrenten vor. So wurde einst der Pariser Ballon „Fallières“ auf seiner Fahrt durch die Bretagne von einem großen Habicht unausgesetzt angegriffen. Und trotzdem die Insassen, die eine Beschädigung der Hülle befürchteten, den wütenden Vogel durch lautes Geschrei zu verscheuchen suchten, flog er immer wieder wie rasend gegen die schwebende Kugel an, bis er sich mit den Fängen derart in dem Seidenstoff verfing, daß er nicht mehr loskam. Der Ballon landete bald darauf, und es gelang auch, den selten schönen Habicht lebend zu fangen, der dann dem Tiergarten von Rouen einverleibt wurde.

Ähnliche Abenteuer werden von Ballonführern häufig berichtet. So verwickelte sich einmal in Norditalien ein angriffslustiger Adler in dem Netzwerk eines Ballons und er würde sicher die Hülle aufgerissen haben, wenn nicht einer der Insassen der Gondel ihn durch einen Revolverschuß getötet hätte.

Vor den modernen Lenkballons flüchten die Vögel jedoch sämtlich. Wahrscheinlich setzt sie hier das Surren der Propeller in Schrecken. Wenigstens ist bisher noch kein Fall bekannt geworden, in dem ein Lenkballon durch einen Vogel angegriffen worden wäre. Dagegen hatte der französische Aviatiker Delagrange einst bei einer Fahrt mit seinem Motorflieger ein Abenteuer, das leicht für ihn hätte verhängnisvoll werden können. Delagrange war in Lyon aufgestiegen und begegnete weit außerhalb der Stadt einem ungeheuren Schwarme von Staren, der dem Luftfahrzeuge nicht auswich, so daß der Aeroplan sich buchstäblich einen Weg durch die schwarzen Vögel bahnen [182] mußte. Und nur der großen Geschwindigkeit des Fahrzeuges und dem Umstande, daß keines der Tiere in die Maschinerie des Motors geriet, war es zuzuschreiben, daß Delagrange nicht abstürzte. Der Flugapparat war beim Landen völlig mit blutigen Resten von Staren, die durch die Propeller zerschmettert worden waren, bedeckt. Bei der großen Flugwoche in Reims ist es ebenfalls des öfteren vorgekommen, daß Schwalben durch die Propeller der Aeroplane getötet wurden, wie sich aus den an den Propellerflügeln haften gebliebenen blutigen Federn feststellen ließ.

W. K.