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Walther Kabel: Das Verhalten der Tiere gegenüber Luftfahrzeugen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 1, S. 221–223

Tiere sich in ihrer Angst in einen Fluß stürzten, um sich vor dem unheimlichen gelben Riesenvogel in der Luft zu retten. Ebenso sollen auch Hunde ihre Furcht beim Anblick eines Ballons durch langgezogenes Heulen verraten. Öfters ist es vorgekommen, daß sonst ganz lammfromme Pferde vor einem ihren Weg in geringer Höhe kreuzenden Luftballon durchgegangen sind.

Die Vögel scheinen im Ballon einen gefährlichen Mitbewerber zu erblicken und bleiben ihm fern. Bisweilen gehen sie aber doch in blinder Wut angriffsweise gegen diese Riesenkonkurrenten vor. So wurde einst der Pariser Ballon „Fallières“ auf seiner Fahrt durch die Bretagne von einem großen Habicht unausgesetzt angegriffen. Und trotzdem die Insassen, die eine Beschädigung der Hülle befürchteten, den wütenden Vogel durch lautes Geschrei zu verscheuchen suchten, flog er immer wieder wie rasend gegen die schwebende Kugel an, bis er sich mit den Fängen derart in dem Seidenstoff verfing, daß er nicht mehr loskam. Der Ballon landete bald darauf, und es gelang auch, den selten schönen Habicht lebend zu fangen, der dann dem Tiergarten von Rouen einverleibt wurde.

Ähnliche Abenteuer werden von Ballonführern häufig berichtet. So verwickelte sich einmal in Norditalien ein angriffslustiger Adler in dem Netzwerk eines Ballons und er würde sicher die Hülle aufgerissen haben, wenn nicht einer der Insassen der Gondel ihn durch einen Revolverschuß getötet hätte.

Vor den modernen Lenkballons flüchten die Vögel jedoch sämtlich. Wahrscheinlich setzt sie hier das Surren der Propeller in Schrecken. Wenigstens ist bisher noch kein Fall bekannt geworden, in dem ein Lenkballon durch einen Vogel angegriffen worden wäre. Dagegen hatte der französische Aviatiker Delagrange einst bei einer Fahrt mit seinem Motorflieger ein Abenteuer, das leicht für ihn hätte verhängnisvoll werden können. Delagrange war in Lyon aufgestiegen und begegnete weit außerhalb der Stadt einem ungeheuren Schwarme von Staren, der dem Luftfahrzeuge nicht auswich, so daß der Aeroplan sich buchstäblich einen Weg durch die schwarzen Vögel bahnen

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Das Verhalten der Tiere gegenüber Luftfahrzeugen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 1, S. 221–223. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Verhalten_der_Tiere_gegen%C3%BCber_Luftfahrzeugen.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)