Das Wallenstein-Festspiel in Altdorf

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Autor: Hans Bösch
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Titel: Das Wallenstein-Festspiel in Altdorf
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 618–619
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Das Wallenstein-Festspiel in Altdorf.

Von Hans Bösch.0 Mit Zeichnungen von L. Raum.

Der Hof der alten Universität.

Altdorf ist ein hübsches Landstädtchen, einige Stunden von Nürnberg gelegen, zu dessen Gebiet es ehemals gehörte. Man sieht es dem bescheidenen Orte nicht an, daß er einst eine hervorragende Universitätsstadt gewesen ist und manche Leuchte der Wissenschaft hier ihr Licht glänzen ließ. Noch steht aber das 1575 errichtete Kollegiengebäude mit seinem Turm und dem Hofe, in dessen Mitte ein reizendes Brünnchen, gegossen von Georg Labenwolf, seine Wasser plätschern läßt. Seit lange ist das Gebäude Sitz eines protestantischen Lehrerseminars, nachdem die Universität im Jahre 1809 im Zusammenhang mit der Einverleibung Nürnbergs durch das Königreich Bayern aufgeboben worden war.

Der berühmteste aller Altdorfer Musensöhne ist Wallenstein gewesen, der nachmalige kaiserliche Generalissimus. Wie er sich auf der Universität aufgeführt, hat schon der Holksche Jäger in „Wallensteins Lager“ erzählt:

„Denn zu Altdorf im Studentenkragen
Trieb er’s, mit Permiß zu sagen,
Ein wenig locker und burschikos.“

Das Leben Wallensteins in Altdorf und seinen Abgang von dieser Universität schildert nun Lehrer Franz Dittmar in Nürnberg in dem Volksschauspiele „Wallenstein in Altdorf“, das am Kirchweihsonntag den 12. August und am folgenden Tage und dann wiederholt am 19. August in Scene gegangen ist.

In dem prächtigen alten Universitätshofe, neben dem Turm, ist ein Podium aufgeschlagen und es wickelt sich hier das Spiel auf demselben Platze ab, auf welchem die geschichtlichen Ereignisse, die ihm zu Grunde liegen, vor beinahe 300 Jahren stattgefunden haben. Eine Rotte übermütiger Studenten erscheint und beginnt auf Vorschlag des ausgelassenen Studiosus Sebisch, entgegen dem Einspruche des Pedells, ein fröhliches, lustiges Gelage. Der Student Nößler ist der einzige, der Widerspruch erhebt, was ihm natürlich nur Spott und Hohn einträgt. Eine Kundgebung des Rates zu Nürnberg, welche den Excedenten, die erst kürzlich das Haus des Professors Schopper gestürmt und schwer beschädigt haben, strenge Maßregeln androht, wird mit Hohngelächter aufgenommen und Wallenstein zum Anführer der Studenten erkoren. Jener Professor Schopper nun hat ein liebreizendes Töchterlein, das nicht nur auf Nößler, [619] sondern auch auf den wilden Wallenstein tiefen Eindruck gemacht hat. Rasch fliegen die Degen der beiden Nebenbuhler aus der Scheide. Waffengeklirr erschallt auf dem Hofe, der Pedell schlägt Lärm, läutet die Glocke, der Rektor Taurellus tritt auf und bedroht die Ruhestörer mit harter Strafe. Auf die Kunde von dem Erscheinen der verhaßten Nürnberger Stadtknechte, welche den Maßregeln des Rates Nachdruck verleiben sollen, stürzen die Studenten diesen entgegen.

Inzwischen wächst sich der Gegensatz zwischen Wallenstein und Nößler wegen Schoppers Aennchen weiter aus und letzterer weiß dem Famulus Wallensteins einen Blumenstrauß abzunehmen, den dieser Aennchen überbringen soll. Schwere Züchtigung des Famulus durch Wallenstein ist die Folge. Die ganze Universität gerät deshalb in Aufruhr und Wallenstein wird zu strengem Karzer verurteilt. Es ist ein prächtiges Bild, wie die Studenten mit Musik und Gesang ausziehen, wie sie den Eingang zum neuen Karzer, der durch Wallenstein als ersten Arrestanten eingeweiht werden und danach auch dessen Namen erhalten soll, mit Laub und Blumen schmücken, wie dann Wallenstein geradeswegs vom Podium in den Karzer des nebenstehenden Turmes hinabsteigt, vorsichtigerweise aber seinen schwarzen Pudel vorangehen läßt, weshalb heute noch dieser Karzer den Namen „Hundeloch“ führt.

Wallenstein treibt seinen Hund voraus in den Karzer.

Im dritten Akte wird der aus der Haft entlassene Wallenstein von seinem Oheim, der Elternstelle bei ihm vertritt, wegen seines wilden Lebens von Altdorf abberufen, zu gleicher Zeit aber spricht der Nürnberger Rat die Relegation über ihn aus. Der herrschsüchtige und rücksichtslose Student wird weich; er söhnt sich auf Aennchens Zureden mit Nößler aus, dessen Verlobung mit der Angebeteten zum Schlusse erfolgt, und fordert seine unruhigen Kommilitonen auf, ihre Thatenlust mit ihm in den Dienst des Kaisers zu stellen. Die Gefährten seines wilden Lebens schließen sich ihm freudig an und unter dem Gesange des Liedes „Frisch auf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd!“ ziehen die Studenten ab und schließt das Hauptstück.

Das Nachspiel beschäftigt sich mit der Gefangennahme des früheren Studenten und nunmehrigen Rektors Nößler durch die Kroaten im Dreißigjährigen Kriege. Nößlers Gemahlin Anna tritt auf und beklagt das harte Los ihres Mannes, der von Wallenstein mit nach Sachsen geführt wurde; alle Anstrengungen, ihn aus der Gefangenschaft zu erlösen, sind vergeblich gewesen. Ja, in dem Augenblicke, als man eben an der Möglichkeit, Nößler die Freiheit zu erringen, verzweifelt, kommt dieser, von einem kaiserlichen Hauptmann geleitet und mit einer goldenen Kette beschenkt, zur Freude aller zurück, gerührten Herzens begrüßt von seiner Hauswirtin. Frau Anna hat ihn befreit durch einen Brief an den Gewaltigen, der sie einst geliebt. Die Stadt und der Senat beglückwünschen den Geretteten und zum Schlusse knien alle nieder und stimmen zum Dank für die Erlösung Nößlers aus der Gefangenschaft das Lied „Nun danket alle Gott“ an. Vom hohen Turm nebenan erschallt hierzu die Glocke, mächtige Orgeltöne hört man aus dem Innern des Gebäudes, und so schließt das Volksschauspiel mit einem Bilde, das ebenso malerisch wie ergreifend ist.

Wie in Rothenburg wurden auch in Altdorf schon vor Beginn des Spiels alle Thore der Stadt, die erfreulicherweise noch erhalten sind, mit Stadtknechten besetzt. Und nach dem Spiele zogen unter fröhlichen Klängen alle Mitwirkenden in malerischem Zuge zur Festwiese, wo sich ein fröhliches Leben entwickelte. Das Stück selbst aber bietet so mannigfache Schönheiten, daß es wohl verdient, noch öfter aufgeführt und weiteren Kreisen bekannt zu werden.

Der Pedell kündigt Wallenstein die Relegation an.