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Das nervöse Herz

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Textdaten
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Autor: Enoch Heinrich Kisch
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Titel: Das nervöse Herz
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aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 16–18
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Das nervöse Herz.

Von Professor Dr. E. Heinrich Kisch.

Das wunderbare kleine Ding, das, so lange wir leben, ohne Unterlaß in unserer Brust hämmert, rastlos Tag und Nacht das Getriebe erhält, welches unsere Adern mit Blut versorgt – unser Herz vermag sich nicht dem mächtigen Zuge der Zeit zu entziehen, es wird auch gar häufig nervös.

Ein so feines und kompliziertes mechanisches Meisterwerk, wie es das Herz ist, wird von so vielen bewunderungswürdig in einander greifenden nervösen Apparaten beherrscht, die Nervenbahnen, welche Hirn und Herz verbinden sind so bedeutungsvolle, daß es wohl leicht verständlich ist, wie jede Veränderung im Nervensysteme überhaupt sich alsbald durch Störung der normalen Herzarbeit kund giebt, wie Seelenleben und Herzthätigkeit in inniger Wechselwirkung stehen. Es ist so eine allbekannte, auch dem Laien wohl bewußte Thatsache, daß die psychischen Zustände des Menschen einflußreich auf das Herz und seine Bewegung wirken, namentlich die letztere theils zu beschleunigen, theils zu verlangsamen im Stande sind. Es ist erwiesen, daß Lustgefühle und freudige Erregung den Rhythmus des Herzschlages schneller gestalten, daß hingegen Unlustgefühle, unangenehme Empfindungen und Trauer die Herzthätigkeit herabsetzen, verlangsamen; so daß außerordentlich heftige, plötzlich auf das Gemüth hereinbrechende Empfindungen hoher Freude oder tiefen Wehs augenblicklichen Herzstillstand und damit raschen Tod herbeizuführen vermögen.

Wie schlägt das Herz hoch in Erwartung freudiger Botschaft, wie pocht es stürmisch in den Minuten wonniger Empfindung, wie droht es still zu stehen, wenn Schreck und Furcht gewaltsam über uns hereinbrechen, wie feinfühlig macht es alle Vibrationen mit, die unser Gemüth durchziehen! Was Wunder, daß dies zarte und wichtige Organ bei dem Gedränge der Arbeit und in der Ueberanstrengung des Hastens, wodurch sich die Gegenwart auszeichnet, auch oft genug – nervös wird!

Die erhöhte Erregbarkeit der Herznerven giebt sich vorzugsweise durch Herzklopfen kund, das heißt durch beschleunigten und vermehrten Herzschlag, zuweilen aber auch ohne solche nachweisbare gesteigerte Herzthätigkeit durch das bloße Gefühl solcher Herzerregung, durch die lästige Empfindung derselben. Während im normalen Zustande die Zahl der Herzschläge beim erwachsenen Menschen mit ungefähr 70 in der Minute angenommen wird, findet bei dem als Herzklopfen bezeichneten Erregungszustande eine Vermehrung der Herzschläge um das Doppelte, so sogar um das Dreifache statt; es wurden in solchen Fällen auch schon 250 Schläge gezählt. Diese Steigerung wird hier zumeist auf eine Reizung der im Herzmuskel selbst befindlichen Bewegungscentren, der Herzganglien, sowie auf Erregung der beschleunigenden Herznerven bezogen.

Während solcher Anfälle von Herzklopfen arbeitet das sonst so regelmäßige Schlagwerk mit großer Hast, das Herz bewegt sich stürmisch und erschüttert, da sich die Bewegungen des Herzens auf die nachgiebigen Theile der Brustwandung übertragen, den Brustkorb; die Schlagadern klopfen ungewöhnlich stark, das Gesicht ist geröthet, die Athmung wird beschleunigt. Dabei wird an der Herzgegend ein eigenthümliches Wogen und Drängen empfunden, begleitet zuweilen von schmerzhaften Gefühlen in der Magengegend, Schmerzen im Halse und in den Armen. Gleichzeitig bekunden die Befallenen eine große allgemeine Erregung, sie sind sehr ängstlich, fühlen sich beklommen, klagen über Kopfweh, Ohrensausen, Schwindel, werden auch zuweilen ohnmächtig. Die Anfälle selbst dauern verschieden lange, manchmal durch einige Minuten in anderen Fällen mehrere Stunden, sie können auch durch Tage anhalten.

Der leichteste Reiz, welcher das nervöse Herz trifft, genügt, die Anfälle von Herzklopfen auszulösen. Eine laute Ansprache, ein unerwartetes Begegnen vermag diesen Erregungszustand hervorzurufen, stärkere körperliche Bewegung bringt Herzklopfen zu Stande, oder dieses tritt nach einer reichlicheren Mahlzeit ein, oder es macht sich beim Zubettegehen in unangenehmer Weise fühlbar. Auf jede ungewöhnliche Empfindung, ja auf jede erregende Vorstellung reagirt das Herz, dessen Nerven krankhaft reizbar sind, durch Herzklopfen.

[17] Die verschiedenen physiologischen Entwicklungsvorgänge des Körpers, welche einen gewissen Sturm im ganzen Nervensystem hervorrufen, gehen auch mit größerer Reizbarkeit der Herznerven einher und geben sich in den Nervenbahnen, welche die Bewegung des Herzens beeinflussen, durch Beschleunigung oder Verlangsamung der Herzthätigkeit kund. So ist Herzklopfen eine häufige Erscheinung bei dem Jünglinge, wenn der erste Flaum auf seiner Oberlippe sprießt, ebenso bei dem zur Jungfrau heranreifenden Mädchen, wie auch bei der alternden Frau, welche in die Matronenjahre tritt.

Zu den veranlassenden Momenten, welche das Herz „nervös“ zu machen geeignet sind, gehören ferner lange andauernde, das Nervensystem ungünstig beeinflussende Affekte: Aerger, Kummer, Sorgen. Infolge dessen ist Herzklopfen ein häufiges Leiden jener Stände, Berufsgenossen und Personen, welche sich geistig überanstrengen, deren Thätigkeit viel Nachdenken erfordert, überhaupt die mit dem Kopfe viel arbeiten. Der Student, welcher vor der Prüfung steht und das Gehirn in außergewöhnlicher Weise anstrengt, der Börsenmann, dem aufregende Spekulationen bei Tag und Nacht im Kopfe herumschwirren, der Dichter und Künstler, dessen lebhafte Phantasie das ganze Nervensystem in steter Spannung hält, sie alle leiden häufig an Herzklopfen, nicht minder wie das arme Mädchen, das bis in die Nächte hinein über der Nähmaschine gebückt sitzt, oder die gefeierte Ballschönheit, der ihre Triumphe im Tanzsaale nicht gestatten, die Nacht der Ruhe zu widmen.

Auch der übermäßige Gebrauch reizender Genußmittel, wie Trinken vieler schwerer Weine, starken Kaffees und Thees, sowie starkes Tabakrauchen sind Veranlassungen, um verschiedenartige Zustände von Erregbarkeit der Herznerven, darunter Herzklopfen, zu Wege zu bringen. Eine starke Cigarre ist in dieser Richtung ebenso ein Herzgift wie ein starker Mokka.

Sache des Arztes ist es, in jedem Einzelfalle nach genauer sorgfältiger Untersuchung feststellen, ob das Herzklopfen in einer organischen Veränderung des Herzmuskels, in Klappenfehlern, Veränderungen der Blutgefäße des Herzens begründet oder ob es nervöser Natur ist. Im letzteren Falle kommt der Arzt in die erfreuliche Lage, Personen, welche durch die so lange belästigende Empfindung des Herzklopfens in ihrer Gemüthsstimmung verdüstert sind, von der Furcht, ein unheilbares Herzleiden zu besitzen, gemartert werden und denen das Gespenst unrettbaren Siechthums jede Lebensfreude benimmt – mit aller Bestimmtheit Trost zu spenden und mit voller Gewißheit jede ernstliche Besorgniß bannen zu können. Der Arzt muß dann durch sein persönliches Ansehen das ganze Vertrauen des angeblichen Herzkranken gewinnen, um diesen von seiner falschen Meinung abzubringen und so zur Gesundung des betreffenden Individuums beizutragen. Denn das sei hier hervorgehoben, die stete Beobachtung der vom Herzen ausgehenden Erscheinungen, die dem Pulse und seinen Veränderungen zugewendete besondere Aufmerksamkeit ist gerade geeignet, die Herzerregbarkeit zu steigern und die quälenden Symptome zu vermehren. Ist es doch ein gewöhnliches Ereigniß, daß Studenten der Medizin, welche die Vorlesungen über Herzkrankheiten hören und dadurch Veranlassung finden, ihrem eigenen Herzen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken, durch diese Selbstbeobachtung Herzklopfen bekommen und sich die „schönsten Fälle“ der seltensten Herzleiden einreden.

Also erstes Erforderniß, um einen Kranken vom nervösen Herzklopfen zu befreien, ist, ihm die Ueberzeugung beizubringen, daß sein Leiden kein schweres, daß es ein heilbares ist. Dann [18] wird aber nöthig sein, die allgemeine Nervenschwäche, durch welche die Nervosität des Herzens verschuldet wird, zu bekämpfen, für verbesserte Ernährung des Nervensystems zu sorgen, jeden Anlaß zur Ueberreizung und Erregung der Nerven zu meiden, die Ansprüche an die Nerventhätigkeit auf das möglich geringste Maß herabzumindern, die Nervenkraft zu heben und zu stärken. Es muß für kräftige Ernährung des Körpers Sorge getragen werden, für ausreichende körperliche Bewegung, für hinlänglichen Genuß frischer Luft, für zweckentsprechenden Wechsel von Arbeit und Ruhe, für genügende Dauer des Schlafes. Hier kommen alle jene Maßnahmen in Betracht, welche ich in dem Artikel über Nervenschwäche in der „Gartenlaube“ Nr. 1, 1887 erörtert habe. Speciell in den Entwickelungsjahren, da nervöses Herzklopfen am häufigsten vorkommt, ist alles anzuwenden, was die Widerstandsfähigkeit der Nerven zu steigern, der Hinfälligkeit derselben entgegenzuarbeiten vermag. Dazu gehört, neben kräftigender Kost, systematische Uebung der gesammten Muskeln des Körpers durch zweckmäßige Gymnastik, Abhärtung der Haut durch kalte Waschungen und Bäder, Stärkung des Organismus durch zeitweiligen Aufenthalt in Wald und Berg, Entziehung von herzerregenden Genußmitteln, Abhalten der Jünglinge von dem verderblichen Kneipen und Tabakqualmen.

In Anfällen von nervösem Herzklopfen trägt die Anwendung von Kälte in der Gegend des Herzens in Form von kalten Ueberschlägen, Tüchern in eiskaltes Wasser getaucht, ausgerungen und aufgelegt, oder das Auflegen eines mit kleinen Eisstückchen gefüllten Kautschukbeutels zur Beruhigung der Herznerven bei. Zuweilen sind ableitende Mittel auf die Haut, welche eine starke örtlich reizende Wirkung üben, von Nutzen, so Senfteige, Senfpapier auf die Herzgegend, auf die Waden, warme Fußbäder, Handbäder. Inwiefern Arzneimittel, welche entschiedene Wirkung auf die Herzthätigkeit üben (wie Kirschlorbeertropfen, Fingerhut), zur Erleichterung der Beschwerden anzuwenden sind, muß der Arzt entscheiden; keineswegs soll der Laie solche Mittel auf eigene Faust anwenden, denn ihr Gebrauch ist niemals eine gleichgültige Sache.

Besondere Sorgfalt ist dem Zustande der Verdauungsorgane zuzuwenden, denn nicht selten sind Störung der normalen Verdauung, Schwäche des Magens, abnorme Gasbildung in demselben, Trägheit des Darmes, Stuhlverstopfung die Veranlassung des nervösen Herzklopfens, da eine innige Verbindung zwischen den die Unterleibsorgane und das Herz versorgenden Nervenfasern. besteht. In solchen Fällen muß zunächst das Magenleiden behandelt und die Funktion des Darmes angeregt werden. Eine sorgfältige Diät, Auswahl leicht verdaulicher, dabei nahrhafter Speisen, Trinken lösender Mineralwässer sind hier geeignete Heilmittel, welche zugleich auf Ursache und Folge, Magenleiden und Herzklopfen, günstig einwirken.

Die Nervosität des Herzens giebt sich außer durch Beschleunigung der Herzthätigkeit und die subjektive Empfindung des Herzklopfens zuweilen auch durch Verlangsamung der Herzschläge und ihrer Reihenfolge kund. Oder es tritt durch nervöse Einflüsse eine Veränderung der Herzschläge in der Art ein, daß ihre rhythmische Folge beeinträchtigt wird, die regelmäßige Herzthätigkeit eine Störung erfährt, wie sich dies durch Beobachtung des Pulses erweisen läßt. So kommt es vor, daß der Puls plötzlich „aussetzt“, das heißt, daß in einer Reihe normaler Pulsschläge plötzlich einer ausfällt. Dieses Symptom, welches den Kranken, wenn er es selbst empfindet oder wenn er darauf aufmerksam gemacht wird, außerordentlich beängstigt, hat seinen Grund darin, daß in jenem Momente das Herz keine Zusammenziehung ausführte ober daß die Herzbewegung so schwach war, daß sie keine deutliche Pulswelle in den Schlagadern hervorbrachte. Die Herzschläge können auch ungleich kräftig erfolgen, so daß einem normalen großen Schlage eine ganze Reihe kleiner werdender Schläge folgt, oder es wechselt immer ein kräftiger und ein schwacher Schlag.

In nervösen Herzleiden ist zuweilen auch der Grund jener mit schweren Störungen des Gesammtbefindens einhergehenden Anfälle gelegen, welche als Brustbräune (Angina pectoris) bezeichnet werden. – Allerdings ist dieses Leiden in der Mehrzahl der Fälle durch organische Erkrankungen des Herzmuskels, Verfettung desselben, Verknöcherung der Blutschlagadern des Herzens, Herzklappenfehler etc. veranlaßt; allein manchmal ist dasselbe eine reine Herzneurose (Nervenleiden des Herzens) und bietet dann selbstverständlich günstigere Aussichten für Besserung und Heilung. Bei bleichsüchtigen, blutarmen, mit verschiedenen anderweitigen nervösen Erscheinungen behafteten Personen, sowie bei jugendlichen Rauchern schwerer Cigarrensorten, bei Gewohnheitstrinkern von starkem Thee und Kaffee, bei Männern, welche mit wissenschaftlichen Arbeiten die Nächte verbringen, sind solche nervöse Brustbeklemmungsanfälle beobachtet worden. Der Anfall selbst bietet einen unsagbar qualvollen Zustand, es bemächtigt sich des Kranken das Gefühl großer Angst und Beklemmung, dabei ein sehr heftiger bohrender oder brennender Schmerz in der Herzgegend, der sich bis in die Schulterblätter und unter das Brustbein hin erstreckt. Die Herzthätigkeit ist beschleunigt, die Zahl der Pulsschläge vermehrt oder verlangsamt und herabgesetzt, der Pulsschlag zuweilen aussetzend. Die Athmung gestaltet sich beschwerlich und unregelmäßig. Die Haut ist blaß und kühl, später mit reichlichem Schweiße bedeckt. In solchem Anfalle erweisen sich Reizmittel, welche die Herzthätigkeit in flüchtiger Weise beleben, zur Linderung nutzbringend; äußerliche Hautreize durch Senfpapier, kalte Umschläge, innerlich der Genuß von etwas Wein. Ein Arzt muß rasch herbeigeholt werden, um die nothwendigen ernstlicheren Maßnahmen zu treffen.

Noch wäre der nervösen Schwäche des Herzens zu erwähnen, eines Zustandes, in dem es dem Herzmuskel an der zur gehörigen Erfüllung seines wichtigen Amtes nöthigen Kraft fehlt, und der (im Gegensatze zu der organisch bedingten Herzschwäche) in allgemeiner Nervenschwäche seinen Grund hat. Wenn das Nervensystem durch Ueberanstrengung und Ueberreizung sich erschöpft zeigt, so erweisen sich auch die Nerven, welche das Herz versorgen, seine Bewegungen beschleunigen und hemmen, ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen. Das Herz arbeitet gleich dem Schiffe, das im Sturme sein Steuer verloren hat und nun von den Wellen hin und her geworfen wird; die geringste Erregung führt eine riesige Beschleunigung der Herzschläge herbei und dann wiederum folgt auffällige Verlangsamung; bald treibt das Herz heftig den Blutstrom durch das Geäder, bald wiederum erlahmt es und kann den Herzstoß kaum fühlbar fortpflanzen. So folgt auch im raschen Wechsel Röthe und Blässe des Gesichtes, Heißwerden von Händen und Füßen und Abkühlung der Extremitäten, das Gefühl mächtiger Erregung der Nerven und die Empfindung des Vergehens, vollständiger Vernichtung, Herzklopfen und Athemnoth, Angstgefühl und Schlaflosigkeit, Schmerz in der Herzgegend und Schwindel.

Es sind vorzugsweise schwächliche, in ihrer Blutbildung beeinträchtigte, in ihrem Nervenleben, herabgebrachte Individuen, junge Mädchen und Jünglinge, welche an diesen zuweilen recht bedrohlichen Erscheinungen von nervöser Herzschwäche leiden; sie treten aber auch bei ganz kräftig und blühend aussehenden Personen auf, wenn diese schädlichen Einflüssen ausgesetzt sind, welche Ueberreizung und Erschöpfung des Nervensystems herbeiführen.

Zur Heilung der nervösen Herzschwäche muß Kräftigung des gesammten Organismus durch Regelung der Lebensweise, der Ernährung wie der Beschäftigung und Vermeidung aller Schädlichkeiten erzielt werden.

Durch Reizmittel wird man die Herzthätigkeit anspornen, durch allmählich gesteigerte körperliche Bewegung die Muskeln beleben, durch häufige, aber kleine Mahlzeiten kräftigster Speisen die Blutbereitung fördern, durch frische Luft auf den Stoffwechsel anregend wirken.

Wenn die Herzschwäche bedrohlich wird, ist es auch nöthig, kräftigen Portwein, alten Tokayer, guten Cognac, ein Glas guten Champagners zu verabreichen. Wo es die Verhältnisse gestatten, schicke man solche nervöse Personen mit schwachem Herzen in Sommerfrischen und Kurorte, welche, günstig im Gebirge und waldreicher Umgebung gelegen, den Genuß einer reinen ozonreichen Luft zugleich mit bequemer Gelegenheit zu abgestufter körperlicher Bewegung bieten. In der freien Natur unter dem verjüngenden Einflusse neuer erfrischender Eindrücke, im behaglichen Gleichgewichte von Thätigkeit und Zerstreuung, in der Harmonie des Gemüthes beim Genusse stiller, friedlicher Freuden finden auch die Nerven des Herzens neue Kraft zu ihrer Stärkung, und es gesundet dann auch das nervöse Herz.