Dem letzten Veteranen von 1813

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Autor: Unbekannt, Paul Holzhausen
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Titel: Dem letzten Veteranen von 1813. Zum 105. Geburtstag August Schmidts in Wolgast
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 132
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Gedicht zum Jubiläum von August Schmidt
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Dem letzten Veteranen von 1813.

Zum 105. Geburtstag August Schmidts in Wolgast.

Am 11. Februar beging der letzte noch am Leben befindliche Veteran von 1813, August Schmidt in Wolgast, unter allgemeiner Teilnahme seinen 105. Geburtstag. 1795 in der pommerschen Stadt Anklam als Sohn eines Uhrmachers geboren, erlebte der Knabe die furchtbare Zeit, in welcher nach Jena und Auerstedt die Heerscharen Bonapartes das norddeutsche Land überfluteten. Am 17. März 1813, dem Tag nach der Kriegserklärung Preußens an Frankreich, trat der achtzehnjährige Jüngling als Freiwilliger in das 1. pommersche Infanterieregiment ein. In diesem hat er die drei Feldzüge von 1813 bis 1815 mitgemacht und in den Schlachten bei Bautzen, Großbeeren, Dennewitz, Leipzig, Laon, Ligny und Waterloo tapfer mitgefochten. Nach seiner Heimkehr ließ sich August Schmidt in Wolgast nieder, wo er es als tüchtiger Goldschmied bald zu Ansehen brachte und jetzt in behaglichen Verhältnissen die Muße seines gesegneten seltenen Alters genießt. Hochgeehrt von seinen Mitbürgern, ist „Vater Schmidt“ in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand herzlicher Sympathiebeweise geworden; die „Gartenlaube“ brachte im Jahrgang 1895 sein Bildnis und eine eingehende Schilderung seines Lebens von Paul Holzhausen, der nunmehr zum 105. Geburtstage dem greisen Veteranen ein Gedicht gewidmet hat, das wir in der Lage sind, unseren Lesern hier darzubieten.

Hoch liegt die Stadt an Pommerns Bucht,
Wo einst der Schwed’ gelandet,
Die blaue Wog’ in ew’ger Flucht
Zur See flieht, kaum gestrandet.

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Ein Haus in jener Stadt ich weiß,

Am Thor die Linde rauschet;
Am Fenster sitzt ein stiller Greis,
Er sitzt und sinnt und lauschet.

Vor seinem Ohr erdröhnt Geschütz,

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Laut rasseln Pulverwagen,

Der Donner ist’s von Dennewitz,
Wo sich der Ney geschlagen.

Ein Splittern, Krachen hört sein Ohr,
Er sieht in Flammenhäuser:

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Schon ward gebrochen Leipzigs Thor,

Es floh der stolze Kaiser.

Da war er jung, der „Vater Schmidt“,
Wie konnt’ er schnell marschieren,
Da zog er auch nach Frankreich mit,

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Bei Pommerns Füsilieren.


Und als der Held Napoleon
Vom fernen Insellande
Zurückerobert seinen Thron,
Als frisch der Krieg entbrannte,

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Hat er sich wieder aufgemacht

Und bald in Belgiens Landen
Im Feu’r der heißen Junischlacht
Auf Lignys Feld gestanden.

Und nieder ist ein stiller Glanz

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Auf seine Stirn gestiegen,

Er denkt der Nacht von Belle Alliance,
Als die Kanonen schwiegen.

Er denket an die Wiederkehr,
Als, auf der Brust den Orden,

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Er hingestellt hat das Gewehr

Und ist ein Goldschmied worden.

Er denkt, wie in der Ostseestadt
Wohl mehr als fünfzig Jahre
Die Ringlein er geschmiedet hat

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Gar manchem jungen Paare.


Das hat mir vor geraumer Zeit
– Ich werd’ es nicht vergessen –
Vertraut er selbst, als ich zur Seit’
Im Sofa ihm gesessen.

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Schon in die neunzig war der Greis,

Heut’ sind es hundertviere,
Ein neu Jahrhundert klopfet leis
Von draußen an die Thüre.

O, mögest du ihm gnädig sein,

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Allmächt’ger Herr der Zeiten,

Laß noch den neuen Morgenschein
Auf seine Stirne gleiten!

Laß noch die Enkel um ihn her
Ihm lauschen stillverwundert,

55
Wenn er erzählt die große Mär

Dem zwanzigsten Jahrhundert.