Denkmahl eines nützlichen Mannes

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Autor: R. [Anonym]
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Titel: Denkmahl eines nützlichen Mannes
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 5, S. 615–620
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
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XI.
Denkmahl
eines nützlichen Mannes.
Wenn gleich die Nürnbergischen Leser dieser Fränkischen Zeitschrift den berühmten Schreib- und Rechenmeister und eben so berühmten Künstler Herrn Johann Tischberger, entweder schon aus dem guten Ruf, oder aus J. C. S. Kiefhabers Denkmahl der Freundschaft bey dem frühen Grabe des seel. Hrn. W. P. Tischberger etc. Nbg. 1788. in 4. S. 3–6. oder gar als ihren gewesenen Lehrer kennen, so wird ihnen doch eine nähere Nachricht von ihm an diesem Orte willkommen seyn. Und wer weiß, wie manchem auswärtigen Leser sie zum Vergnügen, zur Ermunterung und Nachahmung dienen kann?| Zwar lebt der würdige Mann noch und hat sich, nach einem fast 50 jährigen Fleiß nur von der zu schwer gewordenen Last befreyt. Es könnte also voreilig scheinen, wenn man ihm jetzt schon eine Art von Denkmahl errichtet; aber dürfen denn Liebe und Achtung ihre Pflichten nur gegen Tode erfüllen, nicht auch gegen Lebendige? Soll man nur jenen danken, nicht diesen?
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 Die Vorfahren dieses geschickten Mannes hatten Ungarn verlassen und sich in Nürnberg angesetzt. Herr Conrad Tischberger, ein Messerschmid und zugleich Crystall- und Glasschneider, mit seiner Gattin, Frau Dorothea, einer gebornen Kaiserin, waren seine Eltern. Er wurde den 26 Decemb. 1715 geboren. Schon 1720 gab man ihn in die Lorenzer Lateinische Schule, wo er, weil er der Gottesgelehrsamkeit gewidmet war, bereits alle Classen bis in die zweyte durchgewandert hatte, als er sich schnell zu der einen Kunst seines Vaters entschloß und sich 4 Jahre im Glasschneiden übte. Erst 1736 ging er zu demjenigen Stand über, zu welchem er so viele schöne Anlagen hatte, und in welchem er, nach dem Willen der Vorsehung, so viel Gutes stiften sollte. Um sich zu einem recht brauchbaren Schreib- und Rechenmeister zu| bilden, begnügte er sich nicht etwa nur mit den Unterweisungen und Übungen, die bey diesem Stande in der gesetzmäßigen Lehrzeit vorkamen; sondern nachdem er diese wohl angewandt hatte, ging er erst begierig darauf aus, eine mehr als oberflächliche Kenntniß in allen den Wissenschaften zu sammeln, die in sein Fach einschlugen. Da er mit dem Lesen eigenes Nachdenken verband – sich aus guten Schriften mit gesunder Theorie und bey der steten Ausübung immer mit neuen Erfahrungen bereicherte; so geschah es, daß er in Kurzem, theils als einer der zierlichsten Schönschreiber, theils als fertiger Rechenmeister, theils als gründlicher Jugendlehrer in seinem Wirkungskreise auftrat, als solcher allgemein in gutem Rufe stand, sich durch rastlose Thätigkeit in seiner zahlreichen Schule darin erhielt und noch lange erhalten wird.
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 Gerade auf dasjenige Fach, das manche seines Standes so unverantwortlich vernachläßigen, nämlich auf den katechetischen Unterricht wandte er vorzügliche Mühe. Bald erhohlte er sich Raths aus katechetischen Schriften, um sich eine herablassende und deutliche Zergliederungsgabe der biblischen Lehrsätze eigen zu machen. Bald las er erbauliche Bücher alter und neuer Gottesgelehrten,| unter letztern einen Hermes, Seiler, Leß etc. um sich einen Vorrath von nützlichen Gedanken für Kinder zu sammeln. Bedenkt man nun, daß neben dem Verstand auch sein Herz warmen Antheil an den göttlichen Schriftlehren nahm – daß er gern bey sich selbst christliche Gesinnungen und Empfindungen nährte – daß er, mit seiner treuen Arbeit an der Jugend, auch noch ein gutes Beyspiel verband; so wird man sichs erklären können, warum sein Religions-Unterricht so leichten Eingang fand, und wie er aus der Fülle seines Herzens jeden Sonnabend die nachdrücklichsten Vermahnungsreden stundenlang an seine Schüler zu halten wußte. Bey diesem gesegneten Fleiß drang er darauf, nicht bloß wohlgesittete Bürger, sondern Christen zu bilden, die den Urheber ihres Glaubens und ihrer Handlungen über alles zu verehren lernen möchten. Gerade der schönste Zug in seinem Charakter! Welchen Dank ist ihm nicht Nürnberg in dieser Rücksicht für viele seiner Einwohner schuldig!
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 Ausser dem, was er als Schulmann leistete, gereichen ihm seine schönen Kenntnisse noch in verschiedenen andern Feldern der Künste und Wissenschaften zur Ehre. In| seinen Erhohlungsstunden ließ er sich entweder in der Mathematik, (in der reinen von Eichhorn und in der angewandten von Edel) Anweisung geben, oder er las mathematische Schriften; oder er beschäfftigte sich mit den dazu gehörigen Meßwerkzeugen, deren er einen ziemlichen Vorrath besitzt; oder er verfertigte die niedlichsten Kunststücke in Marmor und Messing gegraben; oder er vergnügte sich in seiner eben so zahlreichen als wohlgeordneten Kunst- und Naturalien-Sammlung, die ihm auch unter seinen Kindern nützte: denn, was er ihnen aus den biblischen Alterthümern, aus der Geschichte und Erdbeschreibung vortrug, machte er ihnen theils durch Kupferstiche, Kunstwerke, Modelle, Naturproducte etc. anschaulich, theils belohnte er durch dieß Vergnügen ihren Fleiß, wobey er seinen leider! zu früh entrissenen Sohn, Herrn Wolfgang Paul Tischberger, der sein vollkommenstes Ebenbild war und einen ausgezeichneten Mann hoffen ließ, zum treusten Gehülfen hatte. Die von beyden Männern verfertigten Kunststücke bleiben gewiß bey Liebhabern im verdienten Wehrt. Zwey davon, das eine vom Vater auf die Jubelfeyer des Herrn Castellans von Stromer, und das andere vom Sohn| auf Kaiser Joseph des II. Anwesenheit in Nürnberg, werden als schöne und sehenswürdige Denkmahle ihres Kunstfleißes auf der Nürnbergischen Reichsveste aufbewahrt. Schade, daß der hoffnungsvolle Sohn schon verweset und der brauchbar gewesene Vater schon ein 77 jähriger Greis ist! Schade, daß letzterer, zu seinem fast 50 jährigen Fleiß im Schulstande, nicht noch andere 50 Jahre mit Ehren thätig seyn kann! – Doch, lasset uns nichts wider den Lauf der Dinge wünschen. Sein Alter sey ruhig und sein sanftes Ende der Übergang zu einem herrlichen Lohn!
R.