Der Bauernphilosoph

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Titel: Der Bauernphilosoph
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 849, 851–852
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[849]

Der Bauernphilosoph.
Nach dem Oelgemälde von Koloman Dery.

[851] Der Bauernphilosoph. (Mit Illustration S. 849.) Kein kühleres Plätzchen giebt’s an einem heißen Sommertage, als die Stube im Dorfwirthshaus; dort liegt auch ein Faß auf der Schenkbank, und aus diesem Fasse zapft der Wirth so klaren, frischen Trunk heraus, daß man seine Freude daran haben muß. Man darf nicht glauben, es seien lauter Schlemmer zur ungewohnten Zeit hier beisammen; es hat der Reiterbauer heute ein kleines Geschäft mit dem Löb Meier gehabt, und zum Abschlusse des kleinen Geschäftes gehört auch ein kleines Glas; der Bauer trinkt’s, weil das Geschäft ihm den Anlaß dazu giebt, der Andere, weil’s der [852] Profit erlaubt; zufälligerweise geschieht dies aber gerade um die Vesperzeit, und nun hat sich der Maurer Xaveri auch zu der Gesellschaft geschlagen, die endlich noch vom alten Vater, der im Wirthshaus auf dem Austrag lebt, vervollständigt wird. Der Löb weiß gar viel Neues zu erzählen und nimmt es in manchen Dingen nicht genau, denn er denkt: „Was weiß so ein Bauer von Dem und Dem!“ Aber da kommt er beim Xaveri zum Unrechten – der weiß Alles, gerad’ wie ein G’studirter! Der kann dir sagen, wie der Blitz gemacht ist, und weiß die G’schichten vom Telegraphen und von der Eisenbahn; er kennt die G’setzer alle und sagt’s ganz genau, warum der Benedeck die Schlacht damals verloren hat; er hat eine Menge g’studirte Schriften daheim, und da liest er alles dies heraus.

Eben hat ihm der Löb eine harte Nuß zu knacken gegeben und hört begierig auf das, was der Xaveri darüber zu sagen weiß. Den bringt man aber nicht in Verlegenheit; wie ein Professor entwickelt er seine Ansicht, so klar und bündig, daß der Reiterbauer, die ewig brennende Pfeife im Mund, ganz ehrfurchtsvoll an den Worten des Dorfphilosophen hängt, während der alte Vater seine helle Freude an der Friedfertigkeit des Sprechers hat und freundlich lächelnd auf den Stolz der Gemeinde blickt. Die dralle, blonde Resi, die zur Schenke gekommen ist, um einen Liter zum „Untern“ (Vespermahlzeit) zu holen, versteht zwar nicht das Geringste von dem, was da gesprochen wird, aber das merkt sie doch, daß der Xaveri wieder einmal Einem ordentlich heimleuchtet, und das freut unser Dorfkind ganz außerordentlich, so daß die schöne Maid ganz gerne wartet, bis der Wirth Zeit hat, ihr Begehren zu erfüllen. Den darf man jetzt nicht stören, denn der erzählt dem fremden Bauern, der im Vorbeigehen eingekehrt ist, eben alles Mögliche von dem Xaveri, so daß der Gast in lauter Verwunderung und im halben Zweifel über das Wunder von einem Menschenkind gar nichts Anderes erwidern kann, als etwa: „Ja, war’s mögli!?“ Eine solche Dorfstubenscene hat K. Dery in seinem Bilde „Der Bauernphilosoph“ vortrefflich zur Anschauung gebracht; die scharfe Charakteristik der Figuren, die naturwahre Auffassung und die ungezwungene realistische Behandlung verleihen der hübschen Kulturskizze einen ganz eigenthümlichen Reiz.