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Der Herzensvertraute

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Der Herzensvertraute
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 2, S. 36
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[28]

Der Herzensvertraute.
Nach dem Oelgemälde von Hermann Kaulbach.

[36] Der Herzensvertraute. (Mit Illustration S. 28.) Das ist ein Beichteckchen, so recht nach dem Herzen unserer Stil-Schwärmer und Möbel-Romantiker! Und ein wunderliches Paar hat der Maler da neben einander gesetzt: das schöne, üppig blühende Fürstenkind neben den alten Hofnarren. Schön ist der alte Schalk wahrlich nicht, aber klug ist er; unter seinen Augen und Scherzen ist sie groß geworden: er, der schon der Vertraute ihrer kindlichen Sorgen und Wünsche war, ist nun der Vertraute ihrer jungfräulichen Herzensangelegenheiten. Er hat noch seine scharfe Zunge und seinen stacheligen Witz, aber nicht für sie; er zieht das alte Gesicht in die gefürchteten Falten, da sie ihm verschämt den neuesten, von glühender Liebe diktirten Brief zur Kenntnißnahme zusteckt, aber diesen Ausdruck mildert ein Zug guten Willens und herzlichen Antheils um die Mundwinkel. Und so studirt er denn die bilderreichen Zärtlichkeiten und Herzensnöthe des im schmerzlich-süßen Dienst der Königin Minne die Feder führenden jungen Helden, der sich schwerlich eines solchen Lesers versehen hat, und die junge Schöne träumt indeß bei Seite – was wird er sagen? Ja oder nein? Gefällt er ihm, gefällt er nicht? Soll sie aufmuntern oder abwehren? Ach, am Ende wird’s die alte Sache: neigt sich ihr Herzchen dem Briefschreiber zu, so mag die Weisheit und Erfahrung tausend Gegengründe haben: das Herz wird besten Falles überzeugt sein, daß es eine Thorheit begeht, und es wird sie doch begehen. Die Liebe ist immer thöricht, und sie kann nicht dafür, wenn sie nicht unglücklich deßhalb wird, auch nicht, wenn sie unglücklich wird. Das tiefste und leidenschaftlichste Glück ist keine Frucht der Weisheit, sondern der Einsatz des Schicksals für ein Würfelspiel.