Der Papst als Kunstmäcen
[128] Der Papst als Kunstmäcen. Vor Kurzem durchwanderte Pius der Neunte ganz allein die Zimmer und Säle des Vatican, um sich nach dem Gebote seines Arztes etwas Bewegung zu machen, was er ungünstigen Wetters halber nicht im Freien ausführen konnte. In einem der Säle bemerkte er einen sehr jungen Mann, der in stummer Betrachtung oder vielmehr Verzückung vor einem bewunderungswürdigen Frescogemälde des „göttlichen Raffael“, wie ihn seine Landsleute nennen, dastand.
Stillschweigend wollte der Papst vorüberschreiten, um den Kunstenthusiasten nicht zu stören, aber Jener hörte dennoch ein leichtes Geräusch und wandte das Haupt, worauf er sich tief verbeugte, als er den Greis in seinem weißen Gewande vor sich stehen sah, der ihn mit freundlichem und klugem Lächeln betrachtete.
Pius der Neunte hatte eine Künstlerseele in dem jungen Menschen errathen und frug denselben wohlwollend: „Sind Sie ein Maler, mein Sohn?“
„Ja, heiliger Vater, ich möchte wenigstens einer werden.“
„Wahrscheinlich sind Sie Ihrer Studien halber nach Rom gekommen?“
„So ist es, heiliger Vater.“
„Ohne Zweifel sind Sie ein Schüler der hiesigen Malerakademie?“
„Ach nein, leider nicht.“
„So haben Sie irgend einen besonderen Lehrer?“
„Nein, auch das nicht, ich bin zu arm dazu. Ich muß meine Studien ganz allein treiben und habe mir Raffael zum Lehrer und Meister auserkoren.“
„Nun, mein Sohn, es wäre aber doch vielleicht besser für Sie, wenn Sie in die Akademie einträten. Thun Sie es sobald als möglich; wenn es Ihnen recht ist, werde ich die Kosten übernehmen?“
„O, heiliger Vater, wie kann ich – –“
„Still, danken Sie mir nicht.“
„Aber Euer Heiligkeit wissen nicht, daß ich – –“
„Sprechen Sie, mein Sohn, was haben Sie auf dem Herzen?“ sagte Pius gütig.
„Ich bin Protestant.“
„O,“ erwiderte lachend der Papst, „was geht das die Akademie an?“
Seit dieser Zeit studirt Georg Johnston auf Kosten des Papstes auf der römischen Malerakademie und gedenkt seinem Gönner alle Ehre zu machen.