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Der Säugling (Carl Ernst Bock)

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Textdaten
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Autor: Carl Ernst Bock
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Titel: Der Säugling
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 595–597
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[595]
Des Menschen erste Lebenszeit.
Der Säugling.

Aus dem Alter des Neugebornen (s. Gartenlaube Nr. 43, S. 515) tritt der Mensch in das des Säuglings und dieses begreift, mit Ausnahme der frühesten Lebenstage, die ersten 9 bis 12 Monate nach der Geburt in sich, sonach die Zeit, während welcher das Kind von der Mutter gesäugt werden soll. In dieser Lebensepoche, in welcher jedenfalls schon die Erziehung durch richtige Gewöhnung beginnen muß, werden sehr oft so arge Verstöße gegen die Behandlung, zumal gegen die Ernährung des Kindes gemacht, daß dasselbe entweder zeitlebens an den Folgen derselben zu leiden hat oder daran sehr bald zu Grunde geht. – Die wichtigsten Momente im Säuglingsalter sind das allmälige Erwachen der Sinne, dem alsdann die ersten Spuren des Verstandes, der Sprache und willkürlichen Bewegung, das Aufmerken und Lächeln zu verdanken sind, und der Ausbruch der Zähne im 7., 8. oder 9. Monate. Der Körper des Säuglings gewinnt in Folge von Fettablagerung an Rundung, seine Muskulatur (das Fleisch) wird nach und nach kräftiger, die Haut derber, die Knochen härter und die große Neigung zum Schlafen nimmt immer mehr ab. Der weichen Beschaffenheit der Hirnsubstanz wegen ziehen stärkere, besonders krankhafte Reizungen der zum Gehirn leitenden Empfindungsnerven, durch Uebertragung ihrer Reizung auf Bewegungsnerven, sehr leicht widernatürliche Bewegungen nach sich und deshalb werden Säuglinge häufig, auch bei ganz unbedeutenden Krankheitszuständen, von Krämpfen (Convulsionen) befallen, die sonach in diesem Lebensalter weniger gefährliche Erscheinungen als im spätern Leben sind. Am Schädel des Säuglings befindet sich vorn in der Mitte über der Stirn eine dünne, nicht verknöcherte Stelle, die große oder Stirnfontanelle (das Plättchen), welche sich erst im 2. oder 3. Lebensjahre schließen darf, wenn das Verstandesorgan, nämlich das in der Schädelhöhle verborgene Gehirn, nicht in seinem Wachsthume gestört und das Kind schwachsinnig werden soll. – Von Seiten der Aeltern ist bei der Erziehung des Säuglings ebensowohl auf die körperliche wie auch schon auf die geistige Entwickelung große Aufmerksamkeit zu verwenden; in ersterer Hinsicht kommt vorzugsweise die Ernährung und Vermeidung von Krankheiten in Betracht, in letzterer findet das Gesetz der Gewohnheit und Nachahmung seine Anwendung.

Die Nahrung des Säuglings darf nur Milch sein und zwar die der Mutter, wenn nicht gewichtige Gründe derselben das Stillen verbieten. Man sollte aber zur Beurtheilung der Wichtigkeit dieser Gründe stets den Arzt zu Rathe ziehen, da in jedem einzelnen Falle die ernstlichste Erwägung nöthig ist. Im Allgemeinen läßt sich nur sagen, daß es weder für die Mutter noch für das Kind von Vortheil, aber wohl von Nachtheil ist, wenn kraftlose, blutarme, kurzathmige und hustende, überhaupt an irgend einem chronischen Uebel leidende Frauen stillen. Ebenso sollten auch die Mütter, welche schon mehrere Kinder verloren haben, die sie selbst stillten, ferner die, welche während des Stillens bleich (blutarm), mager, kraftlos und sehr reizbar werden, sodann diejenigen, denen das Saugen des Kindes heftige Schmerzen verursacht, die von der Brust zum Rücken und Kopfe ziehen, alle diese sollten, zumal wenn sie nicht bei gutem Appetite sind, vom Stillen ablassen. Stillt nun aber eine Mutter, dann hat sie auch die Verpflichtung Alles zu vermeiden, was ihrem eigenen Körper und dadurch auch dem des Säuglings schaden könnte (wie Erkältungen, Gemüthsbewegungen, Diätfehler, Mangel an Schlaf, starke Anstrengungen u. dgl.), dagegen Alles zu thun, was ihrem Kinde nützt. Zu Letzterem gehört ganz besonders die Wahl passender, nahrhafter und leicht verdaulicher, aus thierischen und pflanzlichen Nahrungsstoffen zusammengesetzter Speisen, d. h. solcher, welche eine gute, die richtige Menge an Käsestoff, Butter, Zucker und Salzen enthaltende Milch zu erzeugen im Stande sind, wie: Milch und Fleisch (mit dem gehörigen Fette), Ei (Eiweiß und Dotter), Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen, Bohnen) und Nahrungsmittel aus den verschiedenen Getreidearten (aus Weizen, Roggen, Mais, Reis, Hirse etc.). Neben dem Essen muß aber auch auf reichliches Trinken nicht erhitzender Getränke (von Wasser, Milch oder leichtem Biere) gehalten werden, damit das Blut und die Milch der Mutter stets den gehörigen Flüssigkeitsgrad erhalte. Es versteht sich übrigens ganz von selbst, daß ebensowohl im Essen wie im Trinken gehörig Maaß zu halten ist, um die Verdauung nicht zu stören. – Zur richtigen Diät einer Stillenden gehört nun außer der passenden Kost, auch noch das Einathmen einer reinen Luft, mäßige Bewegung, hinreichender Schlaf und Gemütsruhe. Nach Gemüthsbewegungen (Aerger, Schreck, großer Freude) ist es gut, das Kind nicht sogleich anzulegen, wohl aber die Milch abzuziehen.

[596] Muß die Stelle der Mutter von einer Amme ersetzt werden, dann sollte die Wahl derselben zuvörderst nur durch den Arzt und zwar nach vorheriger sehr genauer Untersuchung geschehen, und nur mit Zustimmung des Arztes sollte eine Mutter ihrer Sympathie oder Antipathie bei einer solchen Wahl folgen. Wo möglich muß das Kind der Amme, welches natürlich ebensowenig wie die Milch derselben unbeachtet zu lassen ist, dasselbe Alter wie das zu stillende haben, weil sich während der Zeit des Stillens allmälig nach dem Bedürfnisse des wachsenden Kindes die Beschaffenheit der Muttermilch etwas ändert. Die Amme sollte wenigstens nicht über 6 oder 8 Wochen vor der Mutter entbunden worden sein. Die Milch von Brünetten soll übrigens nahrhafter als die von Blondinen sein. Hat man unter mehreren gesunden Ammen die Wahl, dann wähle man die, welche mit der Mutter von gleicher oder ähnlicher Constitution ist. Durchaus nöthig ist es, daß die Amme von der Mutter fortwährend gehörig beaufsichtigt wird, besonders hinsichtlich der Menge ihrer Milch, der richtigen Nahrung, der Vermeidung von Erkältung und wegen der Reinlichkeit. Nicht selten gebrauchen Ammen, bei denen die Milch sparsamer wird, diese und jene Hülfsmittel zur Sättigung des Kindes, welche demselben Nachtheil bringen. Man beobachte deshalb das Kind beim Trinken und achte auf die Menge der Urin- und Stuhlausleerungen des Säuglings, der natürlich auch nicht viel ausleeren wird, wenn er nicht genug Nahrung bekommt. Unpassend ist die Amme für das Kind, wenn dasselbe nicht zunimmt, wohl gar welk und mager wird, fortwährend unruhig und mit Blähungen oder Durchfall behaftet ist. – Was die Behandlung der Amme betrifft, so muß die Nahrung derselben natürlich gehörig nahrhaft sein, wie bei der stillenden Mutter, einfach und der Amme zusagend, aber nicht zu sehr von der abweichen, welche die Amme früher genossen hat. Ebenso darf eine an anstrengende Arbeit gewöhnte Person nicht müßig dasitzen. Mäßiges Arbeiten und der tägliche Genuß frischer Luft nutzt jeder Amme. So wie nun die Mutter an die Amme ziemlich viele Ansprüche macht, so vergesse eine Mutter aber auch nicht, daß sie Pflichten gegen eine Amme zu erfüllen hat. Eine freundliche, übrigens aber ernste und konsequente Behandlung, ohne zu weit getriebene Freundlichkeit und Vertraulichkeit, wird bei den meisten Ammen gut anschlagen. Daß einer Amme Manches nachzusehen ist, versteht sich von sich selbst, sie ist ja aber auch nicht die Mutter des Säuglings. Daß ein Kind mit der Mutter- oder Ammenmilch den Charakter seiner Ernährerin oder wohl gar Laster mancher Art einsaugen sollte, ist blanker Unsinn; Laster sind stets erst anerzogen. – Weder Mutter noch Amme dürfen das Kind zu sich in’s Bett nehmen, weil im Schlafe schon manches Kind erdrückt worden ist. Der Eintritt der Regel während des Stillens ist kein Hinderniß für dessen Fortsetzung.

Das Aufziehen des Kindes ohne Mutter- oder Ammenmilch ist ein äußerst schwieriges, nur von sehr gewissenhaften Müttern richtig auszuführendes Geschäft und darf in den ersten 6 bis 8 Monaten nur durch Thiermilch geschehen, welche in ihrer Beschaffenheit und Temperatur der Muttermilch so ähnlich als möglich herzustellen ist. Eine Hauptbedingung des glücklichen Erfolges hierbei ist gute Milch und die größte Reinlichkeit. Eselsmilch würde der Kuhmilch deshalb vorzuziehen sein, weil jene in ihrer Zusammensetzung der Frauenmilch am ähnlichsten ist. Kuhmilch, welche in der Regel zum Aufziehen der Kinder verwendet wird, ist im Vergleich zur Frauenmilch zu reich an Butter und Käse, dagegen zu arm an Milchzucker, sie muß deshalb mit Wasser verdünnt und mit Milchzucker versetzt werden. Der Grad der Verdünnung richte sich nach dem Alter des Kinden; anfangs ist wenigstens die Hälfte oder ein Drittel Wasser zuzusetzen, allmälig ein Viertel und endlich ein Fünftel; erst nach dem 6. oder 7. Monate kann unverdünnte Milch gereicht werden. Da aber durch dieses Verdünnen der Buttergehalt der Milch mehr als gehörig vermindert wird, so ist es nöthig noch etwan Sahne (Rahm) zuzufügen. Man verfahre deshalb auf folgende Weise: man nehme nicht blos Milch (von der Kuh weg), sondern auch noch Rahm und zwar von beiden gleiche Theile, verdünne diese Mischung nach dem Alter des Kindes mit einer größern oder geringern Menge Wassers und setze soviel Milchzucker hinzu, daß diese Verdünnung schwach süßlich schmeckt. Die Milch ist wo möglich von ein und derselben Kuh zu nehmen und diese Kuh, welche nicht vor zu langer Zeit geworfen haben darf, muß gesund, von gutem Ausehen sein. Es giebt viel schwindsüchtige Kühe, deren Milch möglicher Weise schädlich sein könnte. – Die Temperatur des Getränkes muß stets von einigen zwanzig Graden sein und das Gefäß, woraus das Kind trinkt (am besten eine gläserne Saugflasche oder ein Schiffchen von Porzellan), immer äußerst rein. Wäre eine gute Milch nicht zu erlangen, dann würde eine Verdünnung derselben mit schwacher Fleischbrühe anstatt mit Wasser die Nahrhaftigkeit vermehren, auch könnte allenfalls noch eine Eilösung (des Eiweißes und Dotters) als Nahrungsmittel angewendet werden.

Das Entwöhnen des Kindes von der Brust, ein sehr wichtiger Moment für das Kind, sollte niemals vor oder gerade während des Ausbruchs der Zähne, sonach vor Ablauf des ersten Jahres und bei Kindern schwächlicher, ungesunder (besonders brustkranker) Aeltern noch weit später stattfinden; es geschehe nicht plötzlich, sondern allmälig, innerhalb eines Zeitraums von etwa 14 Tagen bis 3 Wochen, womöglich in einer Jahreszeit, wo das Kind in die freie Luft getragen werden kann. Die Stillende genieße jetzt weniger nahrhafte und milchmachende Speisen, das Kind werde seltener an die Brust gelegt und erhalte dafür andere aber ja nur flüssige Nahrung (gute Kuhmilch und Fleischbrühe mit Milchzucker). Nie werde dem Kinde, welches entwöhnt werden soll, zuerst bei Nacht die Brust entzogen. Nachdem dasselbe immer seltener die Brust und dafür immer mehr andere Nahrung erhalten, gebe ihm die Mutter oder Amme in einer Morgenstunde den letzten Trunk und gehe ihm dann soviel als möglich aus den Augen, um keine Erinnerung an die Brust im Kinde zu erwecken. – Wird ein Kind bald nach dem Entwöhnen unwohl, magert es sehr ab, bekommt Durchfall oder Brechen, dann muß es durchaus wieder einige Zeit lang von einer Amme ernährt werden.

Die Luft, welche der Säugling einathmet, sei stets rein und niemals sehr kalt, weil sonst ziemlich gefährliche Krankheiten im Athmungsapparate äußerst leicht zu Stande kommen können. Besonders werde schneller Wechsel zwischen warmer und kalter Luft ängstlich vermieden und während des Schlafens immer auf reine warme Luft (von etwa 14–16° R.) gehalten. Bei Ost- und Nordwinde, überhaupt bei kalter Luft, sollten Säuglinge stets in der warmen Stube bleiben. Ganz vorzüglich ist dies aber nothwendig, wenn sich Zeichen vom Schnupfen oder Husten beim Säugling einstellen; denn werden diese nicht beachtet, dann entwickelt sich sehr leicht eine tödtliche Lungenentzündung.

Warme Bäder oder Waschungen der Haut sind dem Säugling zu seinem Wohlsein ganz unentbehrlich. Sie müssen täglich und mit der nöthigen Vorsicht angewendet werden, womöglich am frühen Morgen, bald nach dem Erwachen und vor dem Trinken des Kindes. Vorsicht ist aber insofern beim Baden und Waschen anzuwenden, als sehr leicht dabei eine Erkältung der Haut und dadurch ein gefährlicher Magen-Darmkatarrh (mit Durchfall, Brechen) zu Stande kommen kann. Die Temperatur der Zimmerluft und des Badewassers ist deshalb wohl zu beachten, erstere darf nicht unter +14° sein, letztere in den ersten Monaten gegen +27°, später etwa 25 bis 23°. Die alte gebrauchte Wäsche des Kindes gleichzeitig mit in das Bad zu legen, ist eine nicht zu billigende und dem Säugling nachtheilige Unreinlichkeit. Bisweilen, besonders bei sogenannten unruhigen Kindern, ist es von Nutzen, beruhigend und schlafbringend, das Kind Abends unmittelbar vor Schlafengehen noch einmal oder nur zu dieser Zeit zu baden. Im Bade ist die Haut mit einem Schwamme oder einem Stückchen Flanell gehörig abzureiben, niemals aber das Auge mit demselben Schwamme zu reinigen, sondern immer nur mit eigens für die Augen bestimmten reinen, weichen Leinewandsläppchen. Beim Herausnehmen des Kindes aus dem Bade, hülle man es in ein gewärmtes Leinwandtuch, trockne und reibe es ab, und reiche ihm nach dem Anziehen die Brust oder Milch. Gleich nach dem Bade das Kind an die freie Luft zu schicken, kann gefährlich werden. – Das Waschen des Kindes mit warmem Wasser kann das Baden nie ersetzen und verlangt eine noch weit größere Vorsicht (vor Erkältung) als dieses. – Es gibt übrigens Kinder (gewöhnlich blonde, mit sehr zarter Haut), welche das Baden nicht vertragen können, sehr aufgeregt und schnupfig danach werden; bei diesen sind dann weit seltener (die Woche ein- oder zweimal) Bäder oder nur Waschungen anzuwenden.

Was die Kleidung des Säuglings betrifft, so ist hierbei zuvörderst auf die größte Reinlichkeit und Trockenheit zu halten, sodann darauf zu sehen, daß sie nirgends, besonders nicht am [597] Brustkasten und Bauche beengend oder die Bewegungen hindernd wirkt und doch auch gehörig wärmt. Besonders dürfen Arme und Beine nicht fest eingewickelt werden, auch ist die Leibbinde nicht fest anzulegen, damit das Athmen nicht behindert werde, jedoch ist dieselbe nicht wegzulassen, weil sie den Bauch warm hält, und dadurch dem bei Säuglingen stets gefährlichen und durch Erkältung des Bauches leicht entstehenden Durchfall entgegentritt. – Der Kopf muß im Zimmer bei Tag und Nacht unbedeckt bleiben, im Freien aber leicht bedeckt werden. – Ganz vorzüglich ist beim Austragen des Kindes darauf zu achten, daß die Luft nicht unter die Kleider an die bloßen Beine und den nackten Bauch zieht, weil sonst recht leicht auch Erkältung und Durchfall zu Stande kommt. Ebenso müssen Kinder, welche herumzukriechen anfangen, nicht zu kurze Kleidchen tragen; übrigens darf das Gewicht der Kleider nur auf den Schultern ruhen (durch Schulterbänder), ja nicht etwa durch festes Anlegen an den Körper getragen werden. Die Füßchen sind, besonders im Winter, durch weiche, wollene Strümpfe gehörig warm zu halten. Eine schlechte Mode ist es, die Hemdchen und Röckchen, doch wohl nur wegen leichtern Anziehens, hinten am Rücken offen sein zu lassen, weil so der Rücken, der durch das Liegen warm wird, sehr leicht erkältet werden kann. Man kleidet das Kind deshalb am besten so an, daß der offene Theil des Hemdchens nach hinten, der des Röckchens aber nach vorn kommt. – Die Windel muß hübsch warm, rein und weich sein.

Die Sinneswerkzeuge des Säuglings verlangen eine sehr aufmerksame Behandlung, wenn sie nicht für das ganze Leben geschwächt oder gar gelähmt werden sollen. – Das Auge ist vor jedem starken und grellen Lichte zu schützen (s. Gartenlaube Nr. 39. S. 459) und nie darf ein plötzlicher Uebergang vom Dunklen in das Helle stattfinden. Es ist eine sehr schädliche Gewohnheit der Aeltern und Erzieher, das Kind nahe an helles Licht zu halten und hineinsehen zu lassen; ebenso auch längere Zeit den Mond oder blitzenden Himmel anzuschauen. Wird der Säugling im Bett oder Wagen liegend in’s Freie gebracht, so darf ihm die Sonne ja nicht senkrecht in’s Gesicht scheinen. Glänzende und kleine Gegenstände müssen dem Kindesauge nicht zu nahe und lange vorgehalten werden. – Das Gehörorgan ist vor starken und grellen Tönen, das Geruchsorgan ist vor allen starken Gerüchen zu schützen.

Das Zahnen, der Ausbruch der ersten Zähne, wird von den Müttern weit mehr, als es nöthig ist, gefürchtet, denn es veranlaßt niemals ernstliche Erkrankungen, nämlich bei Kindern, welche richtig und nach den vorstehenden Regeln erhalten wurden. Alle gefährlichen und tödtlichen Krankheiten bei zahnenden Kindern, wie Lungenentzündungen, Brechdurchfall, Fieber mit Krämpfen u. s. w., rühren von andern Ursachen (meist von Diätfehlern und Erkältungen), als vom Zahnausbruche her. Sectionen von Kindern, die am Zahnen gestorben sein sollten, ergeben die Wahrheit dieses Ausspruchs. Allerdings geht nicht immer, doch sehr oft, der Zahnausbruch ohne alle Beschwerden vorüber, jedoch sind diese stets ungefährlich, auch wenn sie bis zu fieberhaften und krampfhaften Affectionen (Convulsionen) ausarten sollten. Die gewöhnlichsten Erscheinungen beim Zahnen sind folgende: das Kind ist zeitweilig unwillig und unruhig, speichelt viel, es schreit bisweilen laut auf, ist aber bald wieder ruhig, es schreckt im Schlafe manchmal zusammen, die Wangen bekommen in der Nähe des Mundes manchmal rothe Flecke und selbst Ausschläge, das Zahnfleisch wird heiß, roth, geschwollen; das Kind, welches anfangs öfters in den Mund griff und sich gern am Zahnfleische streichen ließ, will jetzt den Mund unberührt haben; es trinkt und urinirt weit öfterer als gewöhnlich, nichts ist ihm recht. Mit dem Durchbruch einiger Zähne verschwinden meistens alle Zufälle. Die durchbrechenden Zähne werden Milchzähne genannt; sie erscheinen gewöhnlich im 7ten oder 8ten, wohl auch im 10ten oder 11ten Monate, meistens paarweise und in dem Unterkiefer früher, als im Oberkiefer, zuerst unten die beiden mittelsten Schneidezähne, dann oben das mittlere Paar derselben, hierauf folgen die äußern Schneidezähne wechselnd bald oben, bald unten. Erst im 3ten Jahre brechen die vordern 2 Backzähne und zuletzt die Eckzähne durch, so daß ein Kind gegen das Ende des 2ten Lebensjahres 20 Milchzähne besitzt, die ihm bis zum 7ten Jahre bleiben. Die angegebene Ordnung, in welcher die Milchzähne hervortreten, steht aber nicht ganz fest, sondern kann mannigfache Abänderungen erleiden, ohne deshalb Gefahr zu bringen oder auf eine schlechte Constitution hinzudeuten. Mädchen sind im Zahnen den Knaben gewöhnlich voraus. Das beste Linderungsmittel bei Zahnbeschwerden ist öfteres Betupfen des Zahnfleisches mit kaltem Wasser; übrigens ist das zahnende Kind nicht anders als vorher angegeben wurde zu behandeln, also mit passender Milch, reiner warmer Luft, zweckmäßiger Kleidung und großer Reinlichkeit. – Soviel von der Erhaltung des Säuglings; von der körperlichen und geistigen Erziehung, sowie von den Krankheiten desselben soll ein späterer Aufsatz handeln.
(B.)