Der Schillerpreis
[100] Der Schillerpreis ist durch die Ereignisse der letzten Zeit der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit geworden. Gestiftet wurde der Preis bei der Säkularfeier Schillers 1859 durch den damaligen Regenten Prinz Wilhelm von Preußen, den späteren Kaiser Wilhelm I. Nicht wie bei anderen Preisen handelt es sich bei diesem um einen ausgeschriebenen Wettbewerb, sondern der Preis soll – alle drei Jahre – stets dem besten innerhalb dieses Zeitraums veröffentlichten Drama zuerteilt werden. Der Erfolg der Aufführungen soll dabei mitsprechen; doch ist er allein keineswegs maßgebend, und nach den Satzungen kann der Preis auch einem nur durch den Buchhandel veröffentlichten Drama zufallen. Das Prüfungskomitee ist nicht ständig, sondern wird durch den preußischen Kultusminister allemal für drei Jahre von neuem ernannt. Sein Vorschlag unterliegt der Entscheidung des Königs von Preußen. Ist kein Drama vorhanden, das die Auszeichnung verdient, so wird dem Komitee ein gewisser freier Spielraum gewährt; der Preis, bestehend in 3000 Mark und einer goldenen Medaille, kann auch an Dichter verliehen werden, welche sich im allgemeinen und durch frühere Werke um die dramatische Litteratur verdient gemacht haben, ja selbst an solche, deren Talent sich in anderen Dichtgattungen bewährt hat. So ist vor drei Jahren der Preis zwischen Theodor Fontane und Claus Groth geteilt worden, welche beide niemals ein Drama geschrieben haben. Außer diesen haben bisher den Schillerpreis erhalten Friedrich Hebbel für seine „Nibelungen“, Albert Lindner für „Brutus und Collatinus“, Emanuel Geibel für „Sophonisbe“, Franz Nissel für „Agnes von Meran“, außerdem Adolf Wilbrandt, Ernst von Wildenbruch, Paul Heyse, Ludwig Anzengruber. Bei diesen letzteren allen wurde mehr der Nachdruck auf ihr ganzes dramatisches Schaffen gelegt. Seit dem Bestehen des Schillerpreises ist den Entscheidungen der Kommission noch nicht die königliche Bestätigung versagt worden. Dies ist bei Fuldas „Talisman“ zum erstenmal geschehen.†