Der Stromgott
Der Stromgott.
Morgengraun. Die Karavane windet sich dem Nil zur Seite,
Eine Rede dröhnt und murmelt über dunkler Stromesbreite.
Längs dem Ufer nippen durstig silbergrau geperlte Tauben,
Trinken Ibisse mit blankem Flügelpaar und schwarzen Hauben.
Speist und tränkt aus seiner Fülle keines mehr und keines minder –
Neben einem braunen Reiter ein gebundner Knabe wandelt,
Joseph ist’s, den seine Brüder in die Sklaverei verhandelt.
Taub’ und Ibis flattern nur um wenig Flügelschläge weiter.
„Knabe, deine Blicke trauern! Jüngling, deine Füße bluten!
Dich verkauften deine Brüder … Sei willkomm an meinen Fluten!
Joseph, fremder Knabe Joseph, du gefesselter, du müder,
Bist du einst der Herr der Ernten, speise deine schlimmen Brüder!
Tröstet sich des güt’gen Grußes, bleibt er auch ihm unverstanden.
Nur ein Antlitz schwimmt und schimmert, dessen Haare lockig rollen …
Jetzt beleben sich die Pfade. Schiffe blähen ihre Flügel.
Frauen kommen mit dem schlanken Kruge, die gemessen schreiten
In verhülltem stillem Zuge, wie die Jahre, wie die Zeiten …
Aus der ahnungsvollen Ferne ragen Spitzen, hell besonnte,
Steigen wie beschneite Gipfel weiß am reinen Horizonte –
Herr, wie nennst du dort die Berge?“ „Kind, du schaust die Pyramiden!“