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Der Werwolf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Christian Morgenstern
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Titel: Der Werwolf
Untertitel:
aus: Alle Galgenlieder. S. 86-87
Herausgeber: Margaretha Morgenstern
Auflage:
Entstehungsdatum: 1907/1908
Erscheinungsdatum: 1981
Verlag: Diogenes
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Erscheinungsort: Zürich
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Fotomechanischer Nachdruck der 1932 erschienenen Erstausgabe, Berlin: Bruno Cassirer. ISBN 3-257-20400-0
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[86]
Der Werwolf


Ein Werwolf eines Nachts entwich
von Weib und Kind, und sich begab
an eines Dorfschullehrers Grab
und bat ihn: Bitte, beuge mich!

5
Der Dorfschulmeister stieg hinauf

auf seines Blechschilds Messingknauf
und sprach zum Wolf, der seine Pfoten
geduldig kreuzte vor dem Toten:

,Der Werwolf, – sprach der gute Mann,

10
,des Weswolfs, Genitiv sodann,

,dem Wemwolf, Dativ, wie man’s nennt,
,den Wenwolf, – damit hat’s ein End’.‘

Dem Werwolf schmeichelten die Fälle,
er rollte seine Augenbälle.

15
Indessen, bat er, füge doch

zur Einzahl auch die Mehrzahl noch!

[87]
Der Dorfschulmeister aber mußte

gestehn, daß er von ihr nichts wußte.
Zwar Wölfe gäb’s in großer Schar,

20
doch ‚Wer‘ gäb’s nur im Singular.


Der Wolf erhob sich tränenblind –
er hatte ja doch Weib und Kind!!
Doch da er kein Gelehrter eben,
so schied er dankend und ergeben.