Der soester Schatz
Der soester Schatz.
Im dreißigjährigen Krieg befand sich unweit der Stadt Soest in Westphalen ein altes Gemäuer, von dem die Sage ging, daß darin eine eiserne Truhe voll Geldes wäre, welche ein schwarzer Hund hütete, sammt einer verfluchten Jungfrau. Nach der Erzählung der Großeltern werde einstens ein fremder Edelmann ins Land kommen, die Jungfrau erlösen und mit einem feurigen Schlüssel den Kasten eröffnen. Mehrere fahrende Schüler und Teufelsbanner hätten sich bei Mannsgedenken dahin begeben, um zu graben, wären aber [236] so seltsam empfangen und abgewiesen worden, daß es seithero niemand weiter gelüstet; besonders nach ihrer Eröffnung, daß der Schatz keinem zu Theil werden könne, der nur ein einziges mal Weibermilch getrunken. Vor kurzer Zeit noch wäre ein Mägdlein aus ihrem Dorf nebst etlichen Geisen an den Ort zu weiden gewesen, und, als deren eine sich in das Gemäuer verlaufen, nachgefolgt. Da sey eine Jungfrau inwendig im Hof gewesen und habe es angeredet: was es da zu schaffen? auch nach erhaltenem Bescheid, auf ein Körblein Kirschen weisend, weiter gesagt: „so gehe und nimm dort von dem, was du vor dir siehest, mit sammt deiner Gais, komm aber nicht wieder, noch sieh dich um, damit dir nichts Arges beschehe!“ Darauf habe das erschrockene Kind sieben Kirschen ertappet und sey in Angst aus der Mauer gekommen; die Kirschen seyen aber sogleich zu Geld geworden.