Der zauberische Spielmann

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Textdaten
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Autor: Joseph von Eichendorff
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Titel: Der zauberische Spielmann
Untertitel:
aus: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Zwei Novellen nebst einem Anhange von Liedern und Romanzen. S. 267–269
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1826
Verlag: Vereinsbuchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Universitätsbibliothek Greifswald, Signatur: 520 Bn 420; Commons
Kurzbeschreibung:
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[267]

Der zauberische Spielmann.

Nächtlich in dem stillen Grunde,
Wenn das Abendroth versank,
Um das Waldschloß in die Runde
Ging ein lieblicher Gesang.

5
Fremde waren diese Weisen,

Und der Sänger unbekannt,
Aber, wie in Zauberkreisen,
Hielt er jede Brust gebannt.

Hinter blüh’nden Mandelbäumen

10
Auf dem Schloß das Fräulein lauscht –

Drunten alle Blumen träumen,
Wollüstig der Garten rauscht.

[268]

Und die Wellen buhlend klingen,
Ringend in geheimer Lust

15
Kommt das wunderbare Singen

An die süß verträumte Brust.

„Warum weckst Du das Verlangen,
Das ich kaum zur Ruh gebracht?
Siehst Du hoch die Lilien prangen?

20
Böser Sänger, gute Nacht!


Sieh’, die Blumen steh’n voll Thränen,
Einsam die Viole wacht,
Als wollt’ sie sich schmachtend dehnen
In die warme Sommernacht.

25
Wohl von süßem rothen Munde

Kommt so holden Sanges Macht –
Bleibst Du ewig dort im Grunde,
Unerkannt in stiller Nacht?

Ach, im Wind’ verfliegt mein Grüßen!

30
Einmal, eh’ der Tag erwacht,

Möcht’ ich Deinen Mund nur küssen,
Sterbend so in süßer Nacht!

Nachtigall, verliebte, klage
Nicht so schmeichelnd durch die Nacht! –

35
Ach! ich weiß nicht was ich sage,

Krank bin ich und überwacht.“

[269]

Also sprach sie, und die Lieder
Lockten stärker aus dem Thal,
Rings durchs ganze Thal hallt’s wieder

40
Von der Liebe Lust und Qual.


Und sie konnt’ nicht widerstehen,
Enge ward ihr das Gemach,
Aus dem Schlosse mußt’ sie gehen
Diesem Zauberstrome nach.

45
Einsam steigt sie von den Stufen,

Ach! so schwüle weht der Wind!
Draußen süß die Stimmen rufen
Immerfort das schöne Kind.

Alle Blumen trunken lauschen,

50
Von den Klängen hold durchirrt,

Lieblicher die Brunnen rauschen,
Und sie eilet süß verwirrt. –

Wohl am Himmel auf und nieder
Trieb der Hirt die goldne Schaar,

55
Die Verliebte kehrt nicht wieder,

Leer nun Schloß und Garten war.

Und der Sänger seit der Stunde
Nicht mehr weiter singen will,
Rings im heimlich kühlen Grunde

60
War’s vor Liebe seelig still.