Des neuen Jahres Morgengruß
[15]
Der Morge will und will nit cho,
und woni los, schloft Alles no;
i weck sie nit, so lang i cha,
i lueg e wengeli d’Gegnig a.
Der Mond schint ohni das so bleich.
Kei Blüemli roth, kei Blüemli wiß!
An alle Bäume nüt as Ris!
Um alli Brunntrög Strau und Strau,
Mi Vetter hets drum sölli g’macht,
und lauft iez furt in dunkler Nacht.
[16]
Das Ding das mueß mer anderst tho!
I bi der Ma, und’s blibt nit so.
Aurikeli und Zinkli dri,
und neui Blüethen alli Tag,
was Hurst und Nast vertrage mag.
Es rüehrt sie nüt. Sie schlofe no. –
du arme Tropf bisch übel dra,
was gilts, er het e Wibli g’ha?
und druf isch Noth und Mangel cho;
sie hen sie müeße scheide lo[1].
kei Frau, kei Brod, kei Dach und Fach,
und stoht er uf, so spot er mag,
se seit em Niemes guete Tag;
und Niemes schnidt em d’Suppen i.
Es rüehrt si nüt. Sie schlofe no. –
Ne gattig Chilchli hen si do,
so sufer, wie in menger Stadt.
’s isch Sechsi uffem Zifferblatt.
es friert ein bis in Mark und Bei.
Die Todte g’spüre nüt dervo;
ne rüeihig Lebe hen si do.
Sie schlofe wohl, und ’s friert sie nit:
Sin echt no leeri Plätzli do?
’s cha sy, me bruucht e paar dervo.
Ne Chindli, wo ke Muetter het,
denkwohl i mach em do si Bett.
denkwohl, i bring di Stündli au.
Hesch mengi Stund in Schmerz verwacht,
do schlofsch, und hesch e stilli Nacht.
Iez brennt emol e Liechtli a,
und d’Läde schettre druf und druf,
do goht, bim Bluest, e Husthür uf!
„Grüeß Gott, ihr Lüt, und i bi do,
i bi scho z’Nacht um Zwölfi cho.
und furt bi Nebel und bi Nacht.
Wär i nit uf d’Minute cho,
’s hätt weger chönne g’föhrli goh.
Wie g’fall ich in mim Sunntig-G’wand?
E Rübeli-Rock, er stoht mer wohl,
zuem rothe Scharlach-Kamisol,
und Plüschi-Hose hani a,
e Zitli drin, e Bendeli dra,
e heiter Aug, e frohe Mueth.
Es luegt do ein mi Schnappsack a,
und ’s nimmt en Wunder, was i ha.
Ihr liebe Lüt, das sagi nit,
’s sin Rösli drin und Dorne dra,
me cha nit iedes b’sunders ha.
Und Wagle-Schnüer, und Wickelband,
e Fingerring ans Brütli’s Hand,
e Schlüssel au zuem Chilchhofthor.
Gent Achtig, was i bitt und sag,
’s cha Iede treffe alli Tag.
E stille Sinn in Freund und Noth,
und wers nit redli meint und guet,
und wer si Sach nit ordli thuet,
dem bring i au kei Sege mit,
und wenni wott, se chönnti nit.
und was i g’seit ha, denket dra,
und wenn der au in d’Chilche wennt,
se schaffet, was der z’schaffe hent.
Der Tag isch do, der Mond vergoht,
- ↑ Nach Versicherung der Naturforscher zieht das Weibchen des gemeinen Finken, besonders aus den nördlichen Gegenden, gleich andern Zugvögeln in ein milderes Klima, und nur die Männchen bleiben zurück. Daher die naturhistorische Benennung Fringilla caelebs.