Geisterbesuch auf dem Feldberg (Hebel Gesammelte Werke)
Siehe auch: Geisterbesuch auf dem Feldberg (Badisches Sagen-Buch 1846) |
Hani gmeint, der Denglegeist, ihr Chnabe vo Todtnau,
seig e böse Geist, iez wüßti andre B’richt z’ge.
Us der Stadt das bini, und wills au redli bikenne,
mengem Chauf-Her verwandt vo siebe Suppe ne Tünkli,
uffem Chrüzweg stöhn, in alte G’wölbere huse,
und verborge Geld mit füürigen Augen hüete,
oder vergoße Bluet mit bittere Thräne wäsche,
und mit Grund verschare, mit rothe Nägle verchratze,[1]
Und wo heiligi Engel mit schöne blauen Auge
in der tiefe Nacht in stille Dörfere wandle,
an de Fenstere lose, und, höre sie liebligi Rede,
gegen enander lächlen, und an de Husthüre sitze,
oder wenn sie, selb ander und dritt, uf Gräbere wandle,
und enander sage: „Do schloft e treui Muetter,
do en arme Ma, doch het er Niemes betroge.
Schlofet sanft und wohl, mer wennich wecke wenns Zit isch!“
Menge chenni mit Name, und wemmer enander bigegne,
biete mer is d’Zit, und wechsle Reden und Antwort:
„Grüeß di Gott! Hesch gueti Wacht?“ – „Gott dank der! so ziemli.“
Glaubets oder nit! Ne mol, se schickt mi der Vetter
Wo mer’s Kaffi trinken und Ankeweckli drin tunke:
„Halt er si nienen uf, und schwetz er nit, was em ins Muul chunnt,“
rüeft mer der Vetter no, „und loß er si Tabatiere
nit im Wirthshuus liege, wie’s sust bim Here der Bruuch isch.“
hani richtig versorgt. Iez sitzi z’Todtnau im Adler, –
und iez gang i spaziere und mein, i chönn nit verirre,
mein, i seig am Dorf; z’letzt chresmi hinten am Feldberg,
d’Vögel hen mi g’lockt, und an de Bächlene d’Blüemli.
Drüber wird es chüel und d’Vögel sitzen und schwige.
’s streckt scho dört und do e Stern am düstere Himmel
’s Chöpfli usen, und luegt, öb d’Sunn echt aben ins Bett seig,
öb er echt dörf cho, und rüeft den andere: „Chömmet!“
’s isch e Hütte dört, und isch en Aerfeli Strau drinn.
„O du liebe Zit,“ so denki, „wenn i deheim wär!
Oder es wär scho Mitternacht. Es wird doch e G’spenstli
näume dohinte sy, und z’Nacht um Zwölfi verwache,
d’Morgeluft verlöscht, und wird mer zeige, wo’s Dorf isch.“
Und iez, woni ’s sag, und mittem vordere Finger
’s Zitli frog, wo’s Zeigerli stand, ’s isch z’finster für’s Aug gsi,
und wo’s Zitli seit, ’s gang ab den Oelfen, und woni
aß i nit vertschlof – bim Bluest, se fangen uf eimol
ihrer zwe ne G’spröchli a. I mein, i ha g’loset. –
„Gell, i chumm hüt spot? Drum isch e Meideli g’storbe
z’Mambach. ’s het e Fieberli g’ha und leidigi Gichter.
aß es ringer gang, und d’Augen hani em zuedruckt,
und ha g’seit: Schlof wohl! Mer wenn di wecke, wenns Zit isch. – –
Gang, und biß so gut, und hol mer e wengeli Wasser
in der silberne Schaale, i will iez mi Sägese dengle.“
Woni lueg, se sitzt e Chnab mit goldene Fegge
und mit wißem G’wand und rosefarbigem Gürtel
schön und lieblig do, und nebenem brenne zwei Liechtli.
„Alli guete Geister“ sagi: „Her Engel, Gott grüeß di!“
„Nüt für übel, Her Geist, und wenn e Frögli erlaubt isch,
sag mer, was hesch du denn z’dengle?“ – „D’Sägese,“ seit er.
„Io, sel siehni,“ sagi, „und ebe das möchti gern wisse,
wozue du ne Sägese bruuchsch.“ – „Zuem Meihe. Was hesch g’meint?“
Sagi zuenem: „Ischs verlaubt? Was hesch du denn z’meihe?“ –
„Gras, und was hesch du so spot do hinte z’verrichte?“
„Nit gar viel,“ hani g’seit, „i trink e wengeli Tubak;
wäri nit verirrt, wohl wärs mer z’Todtnau im Adler.
was du mittem Gras witt mache.“ – „Fuetere,“ seit er.
„Eben und das nimmt mi Wunder, de wirsch doch, Gott will, ke Chue ha?“
„Nei, ne Chue just nit, doch Chalbele,“ seit er, „und Esel.“
„Siehsch dört selle Stern?“ Druf het er mer obe ne Stern zeigt.
othme d’Sterne-Luft dört oben, und warten ufs Fueter.
Und dört wachst kei Gras, dört wachse numme Rosinli,“
het er g’seit, „und Milch und Hunig rieslen in Bäche,
aber ’s Vieh isch semper, ’s willi alli Morge si Gras ha,
Dordurwille dengli iez, und willi gho meihe.
Wärsch nit der Ehre werth, und seisch, de wellsch mer au helfe?“
So het der Engel g’seit. Druf sagi wieder zuem Engel:
„Lueg, ’s isch so ne Sach. Es sott mer e herzligi Freud sy,
zähle Geld, sel chönne mer, und messen und wäge;
laden uf und laden ab, und esse und trinke.
Was me bruucht ins Muul, in Chuchi, Cheller und Chammer,
strömt zu alle Thoren i, in Zeinen und Chretze;
Chromet Chirsi, chromet Anke, chromet Andivi!
Chromet Ziebele, geli Rüebe, Peterliwurze!
Schwebelhölzli, Schwebelhölzli, Bodekolrabe!
Paraplü, wer koof? Reckholderberi und Chümmi!
Hesch du au scho Kaffi trunke, Her Engel, wie schmeckt’s der?“ –
„Schwetz mer nit so närsch!“ seit druf der Engel und lächlet.
„Nei, mer trinke Himmelsluft und esse Rosinli,
Vieri alli Tag, und an de Sunntige fünfi.
hinter Todtnau abe, am Weg, an grasige Halde.“
„Io, Her Engel, frili willi, wenn de mi mitnimmsch,
’s wird afange chüel. I will der d’Sägese trage.
Magsch e Pfifli Tubak rauche, stohts der zue Dienste.“
wie im Wetter, do. „Chumm, zündis abe go Todtnau!“
Seits, und voris her marschiert der Puhuh in Flamme,
über Stock und Stei und Dorn, e lebigi Fackle.
„Gell, es isch chummli so,“ seit iez der Engel: „was machsch echt?
nit am Puhuh a? De wirsch en doch öbbe nit förchte,
so ne Fraufaste-Chind, wie du bisch, – het er di g’fresse?“
„Nei, Her Engel, g’fresse nit. Doch mueßi bikenne,
halber hani’m numme traut. Guet brennt mer der Tubak.
lieber sieben Engel, as so ne brennige Satan.“ –
„’s isch doch au ne Gruus,“ seit iez der Engel, „aß d’Mensche
so ne Furcht vor G’spenstere hen, und hätte’s nit nöthig.
’s sin zwee einzigi Geister de Mensche g’fährli und furchtbar:
und der Irrgeist wohnt im Wi. Us Channe und Chruse
stigt er eim in Chopf, und macht zerrütteti Sinne.
Selle Geist führt irr im Wald uf Wegen und Stege,
’s goht mit eim z’unterst und z’öberst, der Bode will unter eim breche!
Nimm di vorem in Acht!“ Druf sagi wieder zuem Engel:
„’s isch e Stich, er bluetet nit! Her Gleitsma, i merk di.
Nüechter bini gwis. I ha en einzig Schöpli
trunke g’ha im Adler, und frog der Adlerwirth selber.
„Wer der ander isch,“ seit iez der Engel, „das frogsch mi!
es isch e böse Geist, Gott well di vorem biwahre.
Wemme früeih verwacht, um Vieri oder Fünfi,
stoht er vorem Bett mit große füürigen Auge,
’s hilft kei das walt Gott, und hilft kei Ave Maria!
Wemme bete will, enanderno hebt er eim’s Muul zu.
Wemmen an Himmel luegt, se streut er Aeschen in d’Auge;
Het me Hunger, und ißt, – er wirft eim Wermuth in d’Suppe;
Lauft me wie ne Hirz, er au, und blibt nit dehinte.
Schlicht me wie ne Schatte, se seit er: Io, mer wen g’mach thue.
Stoht er nit in der Chilchen, und sitzt er nit zue der ins Wirthshuus?
Wo de gohsch und wo de stohsch, sin G’spenster und G’spenster.
mittem Schlofe. Los, i will der näumis verzehle:
Weisch no, wie de g’stohle hesch, und d’Waisli betroge,‘
So und so, und das und deis; und wenn er am End isch,
fangt er vornen a, und viel will’s Schlofe nit sage.“
het der Puhuh g’sprützt. Druf sagi wieder: „I bi doch
au ne Sunntig-Chind, mit mengem Geistli bifründet,
aber b’hüet mi Gott der Her!“ Druf lächlet der Engel:
„B’halt di G’wisse rein, ’s goht über b’siebnen und b’segne,
Nimm der Puhuh mit, und lösch en ab in der Wiese,
aß er nit in d’Dörfer rennt, und d’Schüüre nit azündt.
B’hüet di Gott, und halt di wohl![WS 1]“ Druf sagi: „Her Engel!
B’hüet di Gott der Her, und zürn nüt! Wenn de in d’Stadt chunnsch,
’s stöhn der Rosinli z’Dienst und Hypokras, wenn er di animmt.
d’Sterneluft isch rau, absunderli nebe der Birsig.“[3]
Drüber graut der Tag, und richtig chummi go Todtnau,
und gang wieder Basel zue im lieblige Schatte.
mittem heilige Chrüz und mit der verblichene Fahne,
mittem Chranz am Todtebaum, und briegen und schluchze.
Hent ders denn nit g’hört! Er wills io wecke, wenns Zit isch.
Und am Zistig druf, se chummi wieder zuem Vetter,
- ↑ In der Iris von 1810 ist noch beigesetzt:
und um Galge und Rad mits Teufels Großmuetter tanze. - ↑ Nach einer alten Sage hätte der heilige Fridolin (in der katholischen Schweiz und dem obern Schwarzwalde ein gefeierter Name) mit zwei jungen Kühen eine Tanne bei Säckingen in den Rhein geführt, und dadurch diesen Fluß von der einen Seite der Stadt auf die andere geleitet.
- ↑ Birsig, ein kleiner Fluß, der durch Basel lauft.
- ↑ Iris 1810:
d’Tubak-Dose hani richtig z’Steine lo liege.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Apostroph wurde durch Ausrufezeichen ersetzt. Vgl. Iris 1810.