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Die Elektricität im Kleinen

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Textdaten
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Titel: Die Elektricität im Kleinen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 2, S. 36
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[36] Die Elektricität im Kleinen. Die Verwendung der Elektricität für technische Zwecke gewinnt eine unerwartet rasche Ausbreitung. Namentlich auf dem Gebiete der elektrischen Beleuchtung sind äußerst interessante und wichtige Thatsachen zu verzeichnen. Bis jetzt waren wir gewohnt, die Großstädte als Vorkämpferinnen des Fortschritts anzusehen, und die Annahme war auch allgemein verbreitet, daß das elektrische Licht in diesen zunächst seine glänzenden Triumphe feiern und erst von dort aus sich über die kleinen Städte und das platte Land verbreiten werde. Während jedoch die Centralbeleuchtung der Großstädte vermittelst der Elektricität, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch in den Kinderschuhen steckt, wußten bereits einige ganz kleine Ortschaften die neue Erfindung zu ihrem Nutzen zu verwenden. Die Stadt Darkehmen[WS 1], in welcher bis jetzt nur Petroleum brannte und für welche die Anlage einer Gasanstalt zu kostspielig erschien, beleuchtet seit Kurzem ihre Straßen mit elektrischen Bogenlampen und hat in einigen ihrer Fabrikanstalten das elektrische Glühlicht aufzuweisen. Die neue Beleuchtung stellt sich billiger als Gas, da die zur Erzeugung des lichtspendenden Stromes nöthige Kraft durch Turbinen geliefert wird, welche im Wasser aufgestellt sind. Einer ähnlichen Einrichtung erfreut sich das Städtchen La Roche sur Foron[WS 2] in Savoyen. Dort wird das elektrische Licht gegen ein bestimmtes Abonnement, wie anderwärts das Gas, ins Haus geliefert. Auch in diesem Städtchen konnte die Gemeinde die Kosten zur Errichtung einer Gasanstalt nicht erschwingen. Die Prophezeiung, daß durch die elektromotorischen Maschinen die zahllosen Wasserkräfte, welche in allen Ländern zum größten Theil unberücksichtigt geblieben sind, allgemein verwerthet werden, geht also in erfreulichster Weise in Erfüllung, und der Tag dürfte nicht mehr fern sein, wo auch die Kraft des Windes ausgenutzt wird und wir die überraschende Kunde erhalten, daß entlegene Dörfer und Weiler stromloser Gebiete Dank der Errichtung einiger Windmotoren elektrisch beleuchtet werden.

Andererseits suchen die scharfsinnigen Erfinder und Patentjäger der Neuzeit auch in den einfachen Privathäusern, Hôtels, kleineren Anstalten etc. der Elektricität zum Sieg zu verhelfen. Das Kapitel „die Elektricität im Haushalt“ wird in den großen Jahrbüchern der Kulturfortschritte immer umfangreicher, und wir sind in der Lage, von Zeit zu Zeit einige „Erfindungen“ zu verzeichnen, die von praktischem und dauerndem Werth sind. Das Meiste beruht allerdings noch auf nutzloser Spielerei oder übertriebener Reklame. Aber wie die elektrischen Klingeln sich eines guten Erfolgs rühmen können, so werden mit der Zeit auch andere elektrische Apparate sich in den Privathäusern einbürgern. In der Uebergangszeit, wo noch Gas gebrannt wird, werden diese Rolle z. B. die elektrischen Gasanzünder spielen. Dieselben waren schon seit Jahren in Gebrauch; sie hatten aber sämmtlich den Fehler, daß die kleinen galvanischen Batterien, welche in denselben enthalten waren, sich sehr rasch erschöpften und ihre Erneuerung nicht unerhebliche Kosten verursachte. Jetzt wurde durch Clarke die Reibungselektricität an Stelle der galvanischen Batterien gesetzt, und seine Apparate, die auch in Deutschland im Handel zu haben sind, sind fast unverwüstlich. Mit diesen Gasanzündern kann man täglich tausend Gasflammen anstecken, ohne die Elektricität auch nur im Geringsten zu erschöpfen. – Das Telephon, welches im Verkehr die größte Verbreitung erlangt und die Feuerprobe längst bestanden hat, soll gleichfalls in den Dienst der Hausfrau gestellt werden. H. Hannemann in Berlin konstruirt zu diesem Zwecke kleine Telephone, die er „Berliner Konversationskapsel“ nennt, und welche es der Hausfrau möglich machen sollen, von jedem Zimmer der Wohnung mit dem Mädchen in der Küche sprechen zu können. Ob die Dienstmädchen auch immer das hören und verstehen werden, was das Telephon so leise flüstert? Ueberlassen wir der Zukunft die Beantwortung dieser Frage! Gegenwärtig wissen wir ja, daß die kleinen Telephone in Gasthäusern und Pensionaten immer mehr Aufnahme finden und dort Zeit und Lauferei ersparen. Die Elektricität, im großen Maßstabe angewandt, wirkt technische Wunder; aber als echte Zauberin vermag sie auch im Kleinen dem Menschen Nutzen zu bringen. Den Erfindern steht somit in dieser Beziehung noch ein weites Feld offen. *

Anmerkungen (Wikisource)