Die Füße der Zwerge

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Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Die Füße der Zwerge
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 1, S. 222–224
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1816
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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[222]
149.
Die Füße der Zwerge.
Aus dem Mund eines bernerischen Bauern mitgetheilt in Wyß Volkssagen S. 101–118.

Vor alten Zeiten wohnten die Menschen im Thal und rings um sie in Klüften und Höhlen die Zwerge, freundlich und gut mit den Leuten, denen sie manch schwere Arbeit Nachts verrichteten; wenn nun das Landvolk frühmorgens mit Wagen und Geräthe herbeizog und erstaunte, daß alles schon gethan war, steckten die Zwerge im Gesträuch und lachten hell auf. Oftmals zürnten die Bauern, wenn sie ihr noch nicht ganz zeitiges Getreide auf dem Acker niedergeschnitten fanden, aber als bald Hagel und Gewitter hereinbrach und sie wohl sahen, daß vielleicht kein Hälmlein dem Verderben entronnen seyn würde, da dankten sie innig dem voraussichtigen Zwergvolk. Endlich aber verscherzten die Menschen durch ihren Frevel die Huld und Gunst der Zwerge, sie entflohen und seitdem hat sie [223] kein Aug wieder erblickt. Die Ursache war diese: ein Hirt hatte oben am Berg einen trefflichen Kirschbaum stehen. Als die Früchte eines Sommers reiften, begab sich, daß dreimal hintereinander Nachts der Baum geleert wurde und alles Obst auf die Bänke und Hürden getragen war, wo der Hirt sonst die Kirschen aufzubewahren pflegte. Die Leute im Dorf sprachen: „das thut niemand anders, als die redlichen Zwerglein, die kommen bei Nacht in langen Mänteln mit bedeckten Füßen daher getrippelt, leise wie Vögel und schaffen den Menschen emsig ihr Tagwerk. Schon vielmal hat man sie heimlich belauscht, allein man stört sie nicht, sondern läßt sie kommen und gehen.“ Durch diese Reden wurde der Hirt neugierig und hätte gern gewußt, warum die Zwerge so sorgfältig ihre Füße bärgen und ob diese anders gestaltet wären, als Menschenfüße. Da nun das nächste Jahr wieder der Sommer und die Zeit kam, daß die Zwerge heimlich die Kirschen abbrachen und in den Speicher trugen, nahm der Hirt einen Sack voll Asche und streute die rings um den Baum herum aus. Den andern Morgen mit Tagesanbruch eilte er zur Stelle hin, der Baum war richtig leer gepflückt, und er sah unten in der Asche die Spuren von vielen Gänsfüßen eingedrückt. Da lachte der Hirt und spottete, daß der Zwerge Geheimniß verrathen war. Bald aber zerbrachen und verwüsteten diese ihre Häuser und flohen tiefer in den Berg hinab, grollen dem Menschengeschlecht und versagen ihm ihre Hülfe. Jener Hirt, [224] der sie verrathen hatte, wurde siech und blödsinnig fortan bis an sein Lebensende.