Die Fabrik baumwollener Waaren von H. R. Marx in Seifhennersdorf

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Titel: Die Fabrik baumwollener Waaren von H. R. Marx in Seifhennersdorf
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 178–179
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Fabrik v. baumwollenen Waaren v. H. R. Marx in Seif-Hennersdorf.

[178]
Die Fabrik baumwollener Waaren von H. R. Marx in Seifhennersdorf.


Einer der für die sächsische Baumwollenindustrie wichtigsten Orte Sachsens ist das von der Mandau durchströmte und auf drei Seiten von Böhmen umschlossene große und volkreiche Dorf Seifhennersdorf, welches von den nächsten sächsischen Ortschaften Neu- und Alt-Gersdorf, Leutersdorf und Spitzkunnersdorf je eine Stunde entfernt ist, von der Stadt Zittau drei Stunden und von Löbau aber, auf dessen Bahnhof viele Waaren von hier per Achse gehen, vier Stunden; sein nächster Bahnhof ist der zwei Stunden entfernte zu Ober-Oderwitz. Südlich grenzt Seifhennersdorf an das größte industrielle Dorf Böhmens und überhaupt der österreichischen Monarchie, Warnsdorf, nordwestlich an das gleichfalls böhmische Oberhennersdorf, an welches sich die Grenzstadt Rumburg schließt.

Unter den industriellen Etablissements Seifhennersdorfs ist besonders hervorragend das des Herrn

Heinrich Robert Marx.

Dieses liegt in der Mitte des Dorfes an der nach Neugersdorf führenden Straße, auf einer, eine herrliche Aussicht nach dem nahen Gebirge, welches die Lausitz von Böhmen trennt, bietenden Anhöhe und wir finden hier außer einem Wohnhause und einem größeren Oekonomiegebäude noch folgende, ausschließlich der Industrie dienende Gebäude:

1) das Hauptgebäude, welches den Maschinenraum, die Zwirnerei, Räume für Treib- und Spulmaschinen, die Appreturanstalt mit zwei Calandern, Centrifugal- und Trockenmaschinen, sowie die Schlosser- und Tischlerwerkstätten enthält;
2) das Kesselhaus mit drei Kesseln;
3) ein Gebäude für die mechanische Weberei, auf einhundert und fünfzig Stühle eingerichtet;
4) ein Färbereigebäude mit Niederlagen für Farbewaaren;
5) das Comptoirgebäude, zugleich einen Theil des Waarenlagers und die Accomodations- und Verpackungsräume enthaltend;
6) ein Gebäude mit der Expedition für die Handweberei, zugleich für die Kettenscheererei eingerichtet;
7) ein Lagerhaus für Garne u. Waare, nebst dem Expeditionslokal für die mechanische Weberei, u.
8) ein Gebäude für die Handweberei.

Mit dem Etablissement ist eine circa 110 Acker umfassende Oekonomie verbunden, die gleichzeitig mit bewirthschaftet wird. In diesem Complex liegen noch zwei Teiche, welche die Fabrik mit dem nöthigen Wasser versorgen; dieses wird durch eine viertausend Ellen lange Röhrenleitung herbeigeführt.

Die hier vertretenen Branchen sind:

die Herstellung baumwollener und halbwollener Rock- und Hosenstoffe, sowie baumwollener Velvets, Velvetiens und Westenstoffe,

[179] welche zum größten Theil ihren Absatz im Zollverein, zunächst aber auf den Messen in Leipzig und Frankfurt an der Oder finden.

Als Treibkraft ist eine Dampfmaschine von dreißig Pferdekraft aufgestellt.

Das in dem Etablissement fortwährend beschäftigte Personal besteht aus:

drei Comptoiristen,
zwei Expedienten,
einem Maschinisten und
sechshundert Fabrikarbeitern.

Das Geschäft wurde von dem gegenwärtigen alleinigen Besitzer Herrn Heinrich Robert Marx im Jahre 1843 mit ganz geringer Unterstützung als bloses Ein- und Verkaufsgeschäft von in hiesiger Gegend erzeugten Baumwollenwaaren gegründet. Die bei einem solchen Geschäft nicht zu vermeidenden Unregelmäßigkeiten ließen jedoch bald die Begründung eigener Fabrikation als nothwendig erscheinen und es wurde denn auch mit nur wenigen Mitteln und im kleinsten Umfange im Jahre 1844 damit begonnen. Vorsichtige und glückliche Dispositionen ermöglichten die allmälige Erweiterung dieser Fabrikation und endlich auch im Jahre 1845 den Ankauf eines Grundstückes, dem im Laufe der Jahre noch einige hinzugefügt werden konnten.

Der von dem Gründer mit besonderer Vorliebe gehegte Plan, die bisher nur außerhalb des Hauses betriebene Weberei in ein geschlossenes Etablissement zu concentriren, erhielt im Jahre 1857 einen Anfang seiner Realisation durch den Bau eines Webereigebäudes für Handweberei auf Regulatorstühlen. Allein die mit einer solchen Einrichtung verknüpften Schwierigkeiten, namentlich aber der Widerwille der Weber gegen die Arbeit unter specieller Aufsicht, ließen es bald klar werden, daß auf diesem Wege das Gewünschte nicht zu erreichen sei, und daß dieses in mancher Beziehung nur durch Bildung einer gewissen Unabhängigkeit den Webern gegenüber erreicht werden könnte.

Dieses ließ nun wieder die Idee der Anwendung einer Elementarkraft aufkommen, und im Jahre 1860 wurde der Entschluß für Einrichtung einer mechanischen Weberei mit Dampfbetrieb gefaßt, dessen Verwirklichung in demselben Jahre noch durch den Beginn der für diese Einrichtung nöthigen Bauten bethätigt ward.

Seit dem Frühjahre 1862 ist nun auch ein Theil der mechanischen Weberei mit den nöthigen Vorbereitungsmaschinen, sowie die Zwirnerei und die nach den neuesten Erfahrungen eingerichtete Färberei in Betrieb gekommen und soll die Vollendung des Etablissements ebenfalls bald erfolgen.