Die Rettung des Klosters Lichtenthal
Die Trommeln und Trommeten schallen
In wildem Lärmen durch das Land,
Die weißen Lilienbanner wallen
Und hinter ihnen wogt der Brand.
Zur Quellenstadt des Krieges Sturm,
In Trümmer fällt das Schloß, das hohe,
Zusammen krachen Kirch’ und Thurm.
Die Flamme hüpft durch alle Gassen
Es hüllt der Rauch in Wolkenmassen
Den Sommertag in dunkeln Flor.
Wie brüllen der Verheerer Schaaren
Wild jauchzend in die rothe Gluth!
Daß ihre Arbeit noch nicht ruht.
Es steht ein Gotteshaus, gelehnet
An tannengrüne Bergeswand,
Wo heil’gen Frieden, längst ersehnet,
Dort schallt zu frommer Feste Feier
Der Chorgesang bei Weihrauchduft;
Dort hüten Frau’n im schwarzen Schleier
Die Todten in der Fürstengruft.
Du heil’ge Stätte Lichtenthal?
Bringt dir nicht schon der nächste Morgen
Der Mordbrand-Fackel Loderstrahl?
Ehrt Der das Gotteshaus, das reine,
Der Todten Ruh, der die Gebeine
Der Kaiser in den Staub gestreut?
Kein Hoffen mehr, nur ein Ergeben
In Gottes Rathschluß, undurchschaut,
Manch himmelblickend Auge thaut;
Doch in der reinen Frauen Mitte
Tritt jetzt des Klosters treue Magd:
„Gewährt, zu handeln, mir die Bitte!“
„Vertraut dem Herrn, der in dem Schwachen
Zur rechten Stunde mächtig ist;
Nach meiner Weise laßt mich machen,
Rath schaff’ ich euch nach kurzer Frist!“ –
Verläßt sie bald das Gotteshaus,
Und pilgert rasch mit Korb und Stabe
In das verheerte Land hinaus.
Nichts stört sie auf der frommen Reise,
Sie braucht des Trankes kaum, der Speise,
Nicht müde wird ihr Fuß, so reg;
Rückschauend auf die Schwarzwaldberge
Steht sie am fluthenhellen Rhein,
Sie in den schwanken Nachen ein.
Und fort in unerschöpfter Schnelle
Eilt sie dem Ziel der Reise zu,
Nur eine heilige Kapelle
Jetzt ist der Reise Ziel erschritten,
Es steht die Magd in Hagenau,
Mit Thränen und beredten Bitten,
Vor einem Kriegsmann stolz und rauh.
Wo er nach schwülem Kampfestag,
Bedeckt von brennend heißen Wunden,
Hilflos im Krankenbette lag;
Er denkt der Zeit, wo sein gepfleget
Sein Herz, zum Danke sanft beweget,
Die erste stille Lieb’ empfand.
Von frommen Händen groß gezogen,
Bringt sie ihm Blumen duftig zart,
Zu füllereichem Strauß gepaart;
Der Jungfrau Bildniß, sich entringend
Aus Erdennacht ins Meer des Lichts,
Ins Reich der Himmel auf sich schwingend
„Du durftest nicht umsonst verpfänden
Der Pflegerin dein Ritterwort;
Nun schütze vor den Mörderhänden
Dein Dank des Friedens stillen Port!
Beeile dich im Sturmgebraus,
Die dich gerettet in Gefahren,
Der rette du ihr heilig Haus!“
Kann er dem Sturme Halt gebieten,
Kann schützen er des Klosters Frieden,
Das seines Herrschers Grimm bedroht?
Wohl steht er da, in düsterm Sinnen,
Bis halb es in der Seele tagt,
Mit Rath und Trost die treue Magd. – –
Noch sind die Brenner nicht gekommen;
Wer kam den Wüthenden zuvor?
Was lärmt und tobt im Haus der Frommen?
Es klirren Fenster, Ziegeln rasseln,
Der Dachstuhl fällt, wie ausgebrannt,
Färbt schwarz sich bei der Fackeln Prasseln
Des Klosters helle Mauerwand.
Das stille Haus des Brandes Spur!
Es sind des Klosters eigne Leute,
Ihr Werk ist fromme Lüge nur;
Denn klug befolgten ohne Säumen
Und in den unversehrten Räumen
Sind sie verborgen, unversehrt.
Da rollen Trommeln, gellen Pfeifen
Die Oos hinan mit wildem Klang:
In tollem Muth das Thal entlang.
Doch wie im Klosterhof sie stehen,
Da blendet sie der Täuschung Wahn,
Was sie gewollt, ist schon geschehen:
Und wie bei wirbelndem Geschmetter
Die wilden Feinde weiter ziehn,
Im Dankgebet zu Gott, dem Retter,
Die frommen Klosterfrauen knie’n.
Gewahrt der Gottesbräute Schaar;
Manch obdachlosem Flüchtling bieten
Sich gern des Klosters Räume dar.