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Die Sagen vom Scheibenberge und seinem Zwergkönig

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Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Die Sagen vom Scheibenberge und seinem Zwergkönig
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 453-454
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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517) Die Sagen vom Scheibenberge und seinem Zwergkönig.

Lehmann a. a. O. S. 187. Ziehnert Bd. III. S. 203 sq. Novellistisch beh. v. Dietrich a. a. O. Bd. I. S. 73 sq. Novellistisch u. d. Titel: „Schneiderminel von Schlettau“ bearb. v. C. Winter in der Constit. Ztg. 1854. Nr. 282 sq. Poet. bearb. v. Segnitz Bd. I. S. 183 sq.

Das Städtchen Scheibenberg im Obererzgebirge hat seinen Namen von dem an seiner nordwestlichen Seite befindlichen tafelförmigen Basaltberge gleiches Namens. Derselbe soll von Zwergen bewohnt sein und reiche Schätze in sich schließen. So trug es sich zu, daß im Jahre 1605 M. Lorenz Schwabe, Pfarrer in Scheibenberg, mehrere Gäste aus Annaberg bei sich hatte und seine Frau etliche darunter befindliche Freundinnen über und um den Scheibenberg führte, um ihnen die Gegend zu zeigen. Sie trafen ein Loch darin an, in welches drei Stufen führten, und in diesem lag ein glänzender Klumpen wie glühendes Gold. Darüber erschracken sie, gingen eilends wieder heim und führten den Pfarrer sammt den Gästen heraus, konnten aber das Loch nicht wieder finden.

Allerdings befindet sich auch an der Morgenseite des Berges eine Art Höhle, das Zwergloch genannt. Darin wohnten sonst der Sage nach viele Zwerge, deren König Oronomassan (nach Anderen Zembokral) hieß. Sie waren nicht über 2 Schuh lang und trugen recht bunte Röckchen und Höschen. Es schien ihr größtes Vergnügen zu sein, die Leute zu necken; sie thaten aber auch Manchem viel Gutes und halfen vorzüglich frommen und armen Leuten. Einst [454] im Winter ging ein armes Mädchen aus Schlettau in den am Fuße des Scheibenberges gelegenen Wald, um Holz zu holen. Da begegnete ihr ein kleines Männchen mit einer goldenen Krone auf dem Haupte, das war Oronomassan. Er grüßte das Mädchen und rief gar kläglich: „ach, Du liebe Maid, nimm mich mit in Deinen Tragkorb! Ich bin so müde, und es schneit und ist so kalt, und ich weiß mir keine Herberge! Drum nimm mich mit zu Dir in Dein Haus!“ Das Mädchen kannte den Zwergkönig zwar nicht, aber da er gar zu flehentlich bat, so setzte sie ihn in ihren Tragkorb und deckte ihre Schürze über ihn, damit es ihm nicht auf den Kopf schneien möchte. Darauf nahm sie den Korb auf den Rücken und trat den Rückweg an. Aber das Männchen in dem Korbe war centnerschwer und sie mußte alle Kräfte zusammennehmen, daß sie die Last nicht erdrückte. Als sie nach Hause gekommen, setzte sie den Tragkorb keuchend ab, und wollte nach dem Männchen darin sehen, und deckte ihre Schürze ab. Aber wer schildert ihr freudiges Staunen? das Männchen war fort und statt seiner lag in dem Tragkorbe ein großer Klumpen gediegenen Silbers.[1]


  1. Winter a. a. O. berichtet, jenes Mädchen sei die Tochter eines Schneiders aus Schlettau gewesen, das sogenannte schöne Schneiderminel, und habe um 1535 gelebt, sei auch nachher noch mehrmals bei dem Zwergkönig im Scheibenberge gewesen, und habe für ihn, seine Frau und Familie Kleider machen müssen und dafür solche Geschenke erhalten, daß sie zu großem Reichthum gekommen und nachdem sie sich verheirathet, eine der reichsten Familien in Schlettau begründet habe. Nach dem 30jährigen Kriege aber seien ihre Nachkommen wieder verarmt und zuletzt wieder so herabgekommen, wie zu der Zeit, wo sie den Zwergkönig zuerst gesehen hatte.