Die Sorge

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Autor: Alfred Friedmann
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Titel: Die Sorge
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 2, S. 24
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Die Sorge.
Originalzeichnung von Karl von Binzer.


[24]
Die Sorge.
Mit Abbildung auf S. 25.


Die Sonne sank. Ein Wandrer, einsam,
Verlassen, zieht den Felsensteg.
Es macht ein Weib mit ihm gemeinsam,
In Grau gehüllt, denselben Weg. - -

5
In’s Haidekraut den Stab, die Mappe -

Zu ihnen sinkt der müde Mann.
Des wilden Jägers scheuer Rappe
Zieht in der Wolle über’m Tann.

„Umsonst, umsonst die Qual, das Ringen!“

10
so klingt sein Klaglied an den Grat -

„Es krönt das Streben kein Gelingen,
Und ach! umsonst ist jede That. -

Einst zog ich aus gen Rom, Neapel,
Die Brust von Sehnen hochgeschwellt;

15
Mein Künstlerschiff ließ ich vom Stapel,

Umsegeln sollt’ es diese Welt.

Mein Schüler strebte ungezügelt
In’s Ruhmesreich der Künstlerschaft,
so ward einst Francia überflügelt

20
Von Rafael, der jüngern Kraft.


Kein liebend Weib hielt ich umschlungen,
Ich stieß ein treues Herz zurück.
Ich hab’ kein Kind in Schlaf gesungen,
Ich hielt den Ruhm allein für Glück.

25
Allein steh’ ich, wie ein Askete,

Ein Mönch, der allem Glück entsagt,
Und der umsonst nach einer Lethe
Das Leben vor dem Tode fragt.

Ich nannt’ ein Götterloos auf Erden

30
Den Kranz, den uns die Menschheit flicht;

Der Erste Aller wollt’ ich werden,
Doch ach, der Erste bin ich nicht.“ - -

Das graue Weib in finstern Falten
saß noch bei ihm im Sternenschein,

35
Und ihrer Antwort Laute hallten.

„Du wirst auch nicht der Letzte sein.

Der Letzte nicht, der Erdengüter
Tief unter stolzen Lorbeer stellt,
Der, Priester nicht, nur Tempelhüter,

40
sich träumt in eine Götterwelt.


Der Letzte nicht, der Kunstbegeist’rung
Voreilig nimmt für eig’ne Kraft,
Dem nie gelingt des Stoffs Bemeist’rung,
Und der sich nur Enttäuschung schafft!“

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

45
Fort ist das Weib. - Die Welt umkreist sie

So Tag für Tag, wie Nacht für Nacht.
Es hat von ihr - Frau Sorge heißt sie -
Der Schlaf den Wand’rer frei gemacht.

Alfred Friedmann.