Die Stiefelkontribution zu Koblenz

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Textdaten
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Autor: H. H.
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Titel: Die Stiefelkontribution zu Koblenz
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 516
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
vgl. General Hoche und die Koblenzer, Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 11, S. 216–218
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[516] Die Stiefelkontribution zu Koblenz. Nach dem Rückzuge der Koalitionstruppen und dem von der Republik Frankreich im Jahre 1794 mit Preußen abgeschlossenen Separatfrieden waren die Soldaten der untheilbaren Republik unter General Hoche Herren der zum Trierer Kurfürstenthume gehörenden Stadt Koblenz. Nicht genug, daß dem Magistrat derselben eine hohe Kontributionssumme auferlegt ward, erging an ihn der Befehl, innerhalb 24 Stunden mehrere hundert Paar Stiefel zu liefern, da die Armee der Sansculotten sich der „Beschuhung“ noch nicht zu entäußern gelernt und großen Mangel an Fußzeug litt. Aber der befohlene Termin sah die Leistung nicht erfüllt, auch ein zweiter blieb ergebnißlos. General Hoche, der für die rechtzeitige Lieferung verantwortlich war, verfiel auf ein ebenso perfides als brutales Mittel, zum Ziele zu gelangen. Er ließ durch Plakate und Ausrufer eine allgemeine Volksversammlung auf einem der Märkte verkünden, zu deren Theilnahme jeder männliche Einwohner von Koblenz berechtigt war, sobald er das achtzehnte Jahr überschritten.

Nicht umsonst hatte der französische Befehlshaber auf die Neugier und die Vorliebe für Zusammenkünfte bei dem leichtlebigen Rheinländervolke gerechnet. Zur bestimmten Stunde war der Markt gedrängt voll von Männern aller Stände, die sich erwartungsvoll um die Rednerbühne scharten, von der herab ihnen der Grund ihrer Berufung mitgetheilt werden sollte. – Wahrscheinlich um jede Störung des Vortrags zu verhindern, geschah es, daß ein Bataillon französischer Soldaten mit klingendem Spiele aufzog und, sich rings um den Markt postirend, nur eine schmale Gasse für die sich entfernenden oder zukommenden Hörer frei ließ. Zugleich aber bestieg ein Vertreter des Befehlshabers die Estrade; unter dem Schweigen der Versammlung begann er mit der Klage, daß der wiederholte Aufschub der Stiefellieferung ohne Wirkung geblieben, und da der General selber gedrängt werde, habe, um der Sache ein rasches Ende zu bereiten, jeder der Anwesenden sich sofort seiner Fußbekleidung zu entledigen und durch die einzige von den Soldaten offen gelassene Gasse von dannen zu gehen. So groß die Entrüstung und der Lärm im ersten Augenblick immer waren, der Anschlag der Gewehre der kreisbildenden Wächter, die den Kordon mit jeder Minute verengten, verlieh den Worten des Beamten verstärkten Nachdruck; mit Ingrimm und geheimem Zähneknirschen entledigten sich die zur Volksberathung versammelten biederen Koblenzer ihrer Schuhe und Stiefel und pilgerten barfuß oder in Strümpfen durch die Reihen der ganz ehrerbietig vor den unbeschuhten Opfern des republikanischen Terrorismus Spalier bildenden Soldaten ihrem Heim entgegen. Die zurückgelassene Hekatombe aber, die den Platz zu einem Schustermagazin umgewandelt hatte, ward sofort von diensteifrigen Händen gesammelt und mittels Fahrzeugs rheinaufwärts geführt. General Hoche hatte seine Aufgabe erfüllt und war malitiös genug, den Koblenzern in einer Bekanntmachung seinen Dank auszudrücken, daß ihm dieselbe von Seiten der würdigen Bürger der Stadt nach Kräften erleichtert worden sei. H. H.