Die Urkunde über die Theilung des Herzogthums Sachsen 1180

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Autor: Paul Scheffer-Boichorst
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Titel: Die Urkunde über die Theilung des Herzogthums Sachsen 1180
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aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 3 (1890), S. 321–336.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br
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[321]
Die Urkunde über die Theilung des Herzogthums Sachsen 1180.
Von
Paul Scheffer-Boichorst.


Neben dem Frieden, der 1177 mit der Curie geschlossen wurde, neben dem Vertrage, der 1183 mit den Lombarden zu Stande kam, gibt es aus der langen Regierung Friedrich’s I. wohl nur noch zwei Acte von einer ähnlich überragenden Bedeutung: die Erhebung Oesterreichs zum Herzogthum 1156 und die Theilung Sachsens 1180. Beide Urkunden haben nun das gleiche Schicksal erlitten, beide sind als Fälschungen verdächtigt worden. Doch das Oesterreichische Privileg hat längst die glänzendste Rechtfertigung erfahren[1]; die ehemals erhobenen Zweifel werfen kaum noch einen Schatten in die heutige Literatur. Auch die Urkunde von 1180 ist früher schon einmal beanstandet worden, aber in ganz unzulänglicher Weise[2]. Nun hat Fr. Thudichum den Angriff erneuert[3], „zahlreich und schwerwiegend“ erscheinen ihm die Hiebe, die er austheilt, und vollständig Sieger meint er am Ende dazustehen. Prüfen wir, ob der Vertreter der Deutschen Rechtsgeschichte an der Tübinger Hochschule nicht etwa über das Resultat seines kritischen Ganges in einer argen Selbsttäuschung befangen ist. Doch möchte ich nicht bloss Herrn Thudichum widerlegen, vielleicht gelingt es mir, darüber hinaus die Kritik der schwierigen Urkunde zu fördern.

[322] Wie Andere, habe auch ich einmal die Meinung vertreten[4], dass es einst zwei Ausfertigungen des Diploms gegeben habe[5]. Das ist nun auch Thudichum’s Ansicht. Er stützt sich – um Unwesentliches zu übergehen – auf eine vermeintliche und eine wirkliche Verschiedenheit des in Berlin beruhenden Orginals von der Abschrift, welche ein Kölner Privilegienbuch des 14. Jahrhunderts enthält[6]. In dieser erscheinen unter den Zeugen Henricus comes de Arnsberg, Hermannus comes de Hafsburg[7], welche in jenem fehlen sollen. Thudichum folgt dem Drucke Lacomblet’s[8], dem hier leider eine Menschlichkeit begegnet ist: in der Berliner Urschrift finden sich beide Grafen, nur richtiger als in der Copie, nämlich Heinricus comes de Arnisberc, Hermannus comes de Ravinisperg[9]. Soviel über die angebliche Verschiedenheit. Was dann die wirkliche betrifft, so las der Schreiber des Privilegienbuches: ecclesie Coloniensi legitime donationis titulo imperatoria liberalitate contulimus; nach Lacomblet steht dagegen im Original: ecclesie Coloniensi legitime donavimus et de imperatoria liberalitate contulimus. Lacomblet gibt dann aber auch gleich die Erklärung der Divergenz: „Mit Coloni schloss die Zeile und die folgende begann mit ensi, eine nachbessernde Hand fügt dem Coloni noch en mit einem Abkürzungszeichen an, woher das folgende ensi für titulo gelesen und legitime donavimus in legitime donationis verändert wurde“[10]. Wie leicht dieses paläographische Quidproquo in der That sich einstellen kann, beweist mir eine andere Abschrift des Berliner Originals, die ich benutzen konnte. Auch deren Verfasser las ebenso irrig als der Verfasser des Privilegienbuches! Demnach will die Verschiedenheit nichts bedeuten, [323] und ihretwegen soll man keine zwei Ausfertigungen annehmen!

Thudichum redet sogar von zwei Originalen, die in so vielen wesentlichen Punkten abweichend gelautet hätten[11]. Das erscheint ihm auffallend, wie er denn der Annahme von zwei Originalen an sich schon als einem künstlichen Behelfe misstraut. Ueber dieses Bedenken könnte ich nun hinweggehen, doch mag immerhin bemerkt sein, dass eine Urkunde, die manche Aehnlichkeit mit der unsrigen hat, in zwei Originalen erhalten ist, nämlich diejenige, welche Friedrich I. am 10. Juli 1168 dem Würzburger über die Gerichtsbarkeit in seinem Bisthum und Herzogthum ertheilt. Da sind, von anderen Verschiedenheiten abgesehen, die Zeugen in der That nicht ganz die gleichen[12].

Aber Thudichum selbst hält die vermeintliche Doppelausfertigung mit ihren angeblich so starken Abweichungen noch nicht gerade für einen Schuldbeweis, der jeden Einspruch ausschliesse. Die zwingenden sachlichen Gründe, die das Verdict rechtfertigen sollen, sind die folgenden.

1. Nach der Urkunde hätten der Aechtung Heinrich’s des Löwen auch Fürsten seines eigentlichen Heimathlandes Schwaben zugestimmt. So wenigstens versteht Thudichum die fraglichen Worte, und dagegen wendet er nun ein: „Der Kaiser konnte unmöglich in einer von ihm ausgehenden Urkunde hervorheben“, dass Heinrich auch unter Mitwirkung seiner Schwäbischen Stammes- und Standesgenossen verurtheilt worden sei, „da es nach Reichsrecht darauf noch viel weniger ankam als auf den Ort“, an welchem gerichtet wurde. Dem gegenüber wird es vollständig genügen, zwei Thatsachen aus der Zeit Heinrich’s IV. vorzuführen: a) Als er im Jahre 1079 über den Baiernherzog Otto von Nordheim zu Gerichte sass, wandte er sich an die Sächsischen Fürsten[13], dass sie ein Urtheil fällten, quod ex his oriundus esset. b) Im Februar 1086 und wieder im April betonte der Kaiser[14], dass den Markgrafen Eckbert verurtheilt hätten illius comprovinciales, tam Saxones, quam Turingi cum ceteris principibus, dass Richter [324] gewesen seien comprovinciales eius Saxones et Turingi, nobis et principibus nostris sententiam proferentes. Ob Heinrich IV. damit nun gerade eine Pflicht erfüllte[15] mag dahin gestellt bleiben; jedenfalls erschien es nicht gleichgültig, dass die richtenden Standesgenossen auch Stammesgenossen waren. Und wenn nun der Salier meinte, dies ausdrücklich bemerken zu sollen, so kann man es dem Staufer doch auch wohl gestatten[16], und zwar ihm um so mehr, als Heinrich der Löwe verlangt hatte, auf Schwäbischem Boden gerichtet zu werden: alsdann hätten natürlich in erster Reihe Schwäbische Fürsten über seine Schuld oder Unschuld erkannt, und so begehrte er Schwäbisches Land als Richtstätte, um Schwäbischer Urtheilsfinder sicher zu sein. Der eigentlichen Absicht seiner Forderung – läge in den Worten Friedrich’s – wäre trotz des nichtschwäbischen Ortes zur Genüge entsprochen.

Freilich können wir nun zu Kayna, wo Heinrich im August 1179 geächtet wurde, keine Schwaben nachweisen[17]. Aber es würde doch auch genügen, dass in irgend einem Stadium des Processes etliche Stammesgenossen eingegriffen hätten. Diese könnten dann erklärt haben, dass sie mit Heinrich’s Verurtheilung einverstanden wären, falls er auch einen weiteren, ihm gesetzten Termin unbeachtet lasse. Und Schwaben waren, wie ich meine, zu dem zweiten, gegen Heinrich angesagten Hofe geladen und auch erschienen. Es war Ende Juni oder Anfang Juli 1179 zu Magdeburg: dahin war der Abt von Schaffhausen gekommen[18]; schwerlich hatte er bloss zu dem Zwecke, um eine Klage gegen den Grafen von Vöhringen anzustrengen, die weite Reise unternommen; vom Kaiser beschieden, wird er zugleich auch seine Beschwerde vorgebracht haben. Sein Gegner war auch geladen, aber wie man ganz deutlich sieht, nicht desshalb, weil der Abt ihn schon beim Kaiser verklagt hatte[19]. So möchten noch andere Schwaben nach Magdeburg berufen und gleich dem Abte auch [325] erschienen sein[20]. Ich komme zu dem ersten Tage, auf welchem Heinrich’s Sache verhandelt wurde, zu dem Wormser vom Januar 1179, und da können wir denn, Dank einem günstigen Zufall, zahlreichere Schwaben nachweisen: den Herzog von Zähringen, den Oheim Heinrich’s, nämlich den Herzog Welf, einen Pfalzgrafen von Tübingen, je zwei Grafen von Kirchberg a. d. Iller und von Berg a. d. Donau[21].

Aber ist auch wirklich die Rede davon, dass die Fürsten und zwar auch Schwäbische Stammesgenossen der Verurtheilung Heinrich’s zugestimmt haben? Sagt Friedrich I. in der That, auf ihr Votum sei die Aechtung erfolgt?

Offenbar hat Thudichum sich hier dem Vorgange von Waitz angeschlossen: derselbe ergänzte vor principum das Wort iudicio[22], während es im Original heisst: quia citatione vocatus maiestati nostre presentari contempserit et pro hac contumacia principum et sue conditionis Suevorum proscriptionis nostre inciderit sententiam[23]. Da ist nicht von einem Urtheil der Fürsten die Rede, da erscheint Heinrich ihnen gegenüber einfach als ein contumax. Dieses Verhältniss aber ist vielen unverständlich geblieben, ist wohl gar als ein juristisches Unding erschienen[24]. Man übersah dabei – wenn ich nicht irre –, dass die Ladungen auf Grund eines Fürstenspruches erfolgten[25]; und kam der Angeklagte nun zu den angesagten Terminen nicht, so mochte man ihn allerdings als contumax gegen die Fürsten [326] bezeichnen, und zwar auch gegen die Schwäbischen, denn zu Worms, von wo Heinrich nach Magdeburg beschieden wurde, fanden wir deren ja eine Anzahl, und zu Magdeburg, wo ihm der Entscheidungstermin nach Kayna angesagt wurde, möchten doch auch noch andere seiner Stammesgenossen erschienen sein, als bloss der Abt von Schaffhausen. Ich glaube nun aber, dass es für die schliessliche Aechtung gar keiner längeren Verhandlungen bedurfte, dieselbe ergab sich naturgemäss aus Heinrich’s wiederholtem Wegbleiben; mithin fiel der Schwerpunkt in die Ladungen; und dass zu diesen, hier wesentlichsten Acten auch Stammesgenossen Heinrich’s mitgewirkt hätten, sollte vor allem betont werden.

Doch wegen des rechtlichen Interesses, welches die Frage hat, ferner weil die vielleicht manchem bedenklich erscheinende Annahme[26], dass in einer so wichtigen Urkunde ein massgebendes Wort ausgelassen sei, durch meine Deutung überflüssig wird, – aus diesen Gründen bin ich auf Eine Seite des Processes genauer eingegangen, als der nächste Zweck verlangt.

2. Den Abschnitt der Urkunde, in dem der Kaiser das Herzogthum zweiet und mit dem einen Theil den Erzbischof von Köln belehnt, verwirft Thudichum in dreifacher Motivirung:

a) In allen unbezweifelt echten Urkunden sei immer von „Engern und Westfalen“ die Rede, nicht aber von „Westfalen und Engern“. Dagegen verweise ich auf eine kaiserliche Urkunde vom 1. December 1181, worin Bernhardus dux Westfaliae et Angariae als Zeuge erscheint[27]; auf eine Erklärung des Erzbischofs Adolf von 1194, dass er in seine Provinzen, Westfaliam scilicet et Angariam, sich begeben müsse, um Unterdrückten Hilfe zu bringen[28]; auf den Titel eines dux Westvalie et Angarie, womit 1223 die königliche Kanzlei den Erzbischof Engelbert bezeichnet[29]. All’ diese Actenstücke sind uns im Original erhalten, [327] und an anderer Stelle hat Thudichum selbst sie als „unbezweifelt echte“ verwerthet[30].

b) Die Uebertragung des Herzogthums an Erzbischof Philipp gelte zuerst als Schenkung = legitime donavimus und dann doch als Belehnung = investimus. Das ist ebenso wahr als – kanzleigemäss. Z. B. sagt Friedrich I. im Juni 1152: concedimus in feudum, legitima traditione donavimus, hec donatio[31]; im April 1164: de tota terra avi et patris sui eum investivimus et ei concessimus atque donavimus[32]; im December 1174: comitatus investituram in feudum ei sollemniter dedimus, huius donationis gratuita collatio[33]; nochmals im December 1174: fidelibus nostris feudum concessimus, hec nostra donatio[34]; im August 1178: eum de manu nostra investivimus, haec nostra imperialis donatio et concessio[35]. Weitere Beispiele anzuhäufen, wäre eine Leichtigkeit, aber Zeitverschwendung.

c) Theilung des Herzogthums und Belehnung des Kölners geschehe mit Rath und Zustimmung der Fürsten, „während heimgefallene Lehen vom Könige nach eigenem Gefallen verliehen werden konnten und stets verliehen sind“. Dass die Theilung eines Herzogthums nicht ohne die Fürsten vorgenommen werden durfte, gesteht Thudichum stillschweigend zu; da jede Theilung schon der Theorie nach unzulässig war, so musste Friedrich nothwendig die Einwilligung der Fürsten nachsuchen. Wenn diese dann auch zur Belehnung des Erzbischofs ihre Zustimmung ertheilten, so mögen sie immerhin kein durch die Theorie festgesetztes Recht ausgeübt haben, aber ihre Mitwirkung entsprach der Praxis, und darauf kann es hier nur ankommen. Im J. 1101 verlieh Heinrich IV. dem Grafen von Limburg das Herzogtum Lothringen consensu omnium principum curiae accedente[36]. Es mag sein, dass der Autor, welcher erst zu Ende des 12. Jahrhunderts schrieb, den Vorgang aus den Anschauungen seiner Zeit beurtheilt, aber seine Zeit ist die Zeit unserer Urkunde. Friedrich I. hat 1156 de consilio et iudicio principum das von Baiern abgezweigte Oesterreich zum Herzogthum erhoben und dem Markgrafen [328] Leopold gegeben. Ja, selbst bei Verleihungen von Grafschaften handelt Friedrich nicht ohne die Fürsten: im December 1174 sagt er: habito cum principibus nostris consilio praedicti comitatus investituram ei sollemniter dedimus[37]. Doch zu allem Ueberfluss haben wir auch noch für die beiden Acte von 1180 je ein zeitgenössisches Zeugniss, das die Mitwirkung der Fürsten verbürgt. Dem Anhaltiner, sagt der Annalist von Pegau[38], sei das Herzogthum zugesprochen worden ex omnium principum sententia, und nach dem Kölner Chronisten erhielt der Erzbischof seinen Antheil assensu cunctorum principum[39]. Genug, – mochte der König immerhin das Recht haben, heimgefallene Lehen nach Willkür zu verleihen, so hat er sich desselben doch mehr als einmal begeben[40]; wenigstens mit Bezug auf grössere Lehen, auf Herzogthum und auch Grafschaft, ist der Satz Thudichum’s, dass der König stets eigenmächtig über dieselben verfügt habe, wenn sie erledigt waren, durch geschichtliche Vorgänge von bester Beglaubigung widerlegt[41].

3. Wenn schon die Zustimmung der Fürsten überhaupt bedenklich sein soll, so erst recht die specielle Hervorhebung: accedente quoque publico consensu dilecti consanguinei nostri ducis Bernhardi, cui reliquam partem ducatus concessimus. Die Erklärung scheint mir im Relativsatz zu liegen: Bernhard hat sich mit der Theilung einverstanden erklärt, und damit nie er selbst oder einer seiner Nachfolger unter dem Vorwande, Herzogthümer dürften nicht getheilt werden, Ansprüche auch auf den Kölnischen Theil erheben könne, – zu dem Zwecke liess sich Erzbischof Philipp die Einwilligung des Herzogs ausdrücklich bestätigen[42]. Die [329] Sache ist meines Erachtens höchst einfach. Wollte Thudichum aus dem Zusatze ein Verdachtsmoment herleiten, so wäre es seine Aufgabe gewesen, den stricten Beweis zu erbringen, dass ein Kölner Erzbischof im 14. Jahrhundert, welchem die vermeintliche Fälschung angehören soll, allen Grund hatte, die Zustimmung des Herzogs, welche im 12. ganz überflüssig gewesen sei, als höchst bedeutungsvoll zu schätzen. Das möchte bei der damaligen Ohnmacht des Sächsischen Herzogs nicht eben leicht sein.

4. Von gleich subjectiver Art ist das Bedenken, dass unter den Zubehörungen auch Bauernhöfe = curtes, und Leibeigene = mancipia hervorgehoben würden. Herrn Thudichum zu widerlegen, verweise ich auf zwei ähnliche Urkunden. Als Otto IV. im November 1211 einem Getreuen das Herzogthum Spoleto überträgt, da geschieht es tam in civitatibus, quam in castellis, villis, agris, pascuis, vineis, montibus etc[43]. Wie man sieht, umschreibt Otto den Umfang des Herzogthums noch durch viel geringere Kategorien als Bauernhöfe sind. Schon im Februar 1201 hatte derselbe Otto dem Erzbischofe Adolf von Köln bestätigt: que Philippus quondam Coloniensis archiepiescopus de ducatu quondam patris nostri – seu in ministerialibus aut in servis optinuerat[44]. Servi sind aber nichts anderes als mancipia[45].

5. Der Kaiser will den Erzbischof mit seinem neuen Herzogthume vexillo imperiali belehnt haben. Nach dem Wormser Concordate sollten die Geistlichen aber ihre Regalien per sceptrum empfangen, und noch ein Jahrhundert später heisst es im Sachsenspiegel : „Der Kaiser leihet alle geistlichen Fürsten-Lehen mit dem Scepter, alle weltlichen Fahnlehen leihet er mit Fahnen.“ In der Zwischenzeit meint Thudichum, hätte Friedrich I. nun schwerlich einen Geistlichen durch Fahne belehnt. Gewiss that [330] er’s nicht, wenn es sich um ein „geistliches Fürstenlehen“ handelte; aber konnte ein Prälat nicht auch ein „weltliches Fahnlehen“ besitzen, und empfing er dieses alsdann nicht selbstverständlich durch Fahne? In der That gab es Bischöfe, die im Besitze von Fahnlehen waren. Svelk bischop von dem rike belehnt is mit vanlene binnen dem lande to Sassen etc. So der Verfasser des Aufsatzes „Von der Herren Geburt“ [46]; und so verleiht denn auch Friedrich II. dem Bischofe von Passau feudum vexilli, vulgo Uanlehen appellatum[47]. Doch um nicht in die Weite zu schweifen, – auch der Erzbischof von Köln war schon vor 1180 im Besitze eines Fahnlehens. Konrad III. belehnte nämlich 1151 seinen Kanzler Arnold pontificatus simul et ducatus regalibus, d. h. hier: mit den Regalien des Kölnischen Bisthums und des Rheinfränkischen Herzogthums[48]. Dem Sinne des Wormser Concordates war genug gethan, wenn Konrad die erste Belehnung mit Scepter vollzog; die zweite konnte und ist auch sicher mit Fahne geschehen, denn da handelte es sich nicht um ein „geistliches Fürstenlehen“, sondern um ein „weltliches Fahnlehen“, dessen Träger nur zufällig ein Geistlicher war. Dasselbe galt dann vom Herzogthum Westfalen, als dieses 1180 zu dem Rheinfränkischen hinzugekommen war. Auch ohne weitere Belege würde man behaupten dürfen, dass jeder neue Erzbischof nun seine beiden Herzogthümer durch je eine Fahne erhielt. Aber ausdrückliche Zeugnisse kommen hinzu. Wir besitzen Münzen der Erzbischöfe von Köln, und zwar noch des 12. Jahrhunderts, auf welchen die Kölner Kirche mit zwei Fahnen geschmückt ist[49]. Dann berichtet Cäsarius von Heisterbach um 1240: Ducatum Westfalie dominus Philippus sue ecclesie obtinuit. Et ab eo tempore usque in hodiernum diem presules Colonienses duos ducatus, Colonie scilicet et Westfalie, cum totidem vexillis ab imperatoribus suscipiunt[50]. Cum totidem vexillis! Eine bessere Probe, so zu sagen auf die Richtigkeit des Exempels, kann man sich nicht wünschen.

[331] 6. Die Reihenfolge der Zeugen verrathe den Fälscher; in völliger Unkenntniss der Rangverhältnisse hätte er nämlich Ludwig, Pfalzgrafen von Sachsen und Landgrafen von Thüringen, drei Herzögen und zwei Markgrafen vorausgehen lassen. In der That, – es gibt nur Urkunden, worin dieser Ludwig den Herzögen nachsteht[51], meist folgt er auch den Markgrafen[52]. Aber soll man wegen einer derartigen Verschiebung gleich die Urkunde verurtheilen? Folgerichtig würde dann gar manches Document fallen, denn solche Verstösse gegen die Etikette sind keine Seltenheit, z. B. in einer kaiserlichen Urkunde desselben Jahres, welchem die unsrige angehört, wird der Reigen von drei Markgrafen eröffnet, ein Graf schliesst sich an, und erst dann tritt der Herzog von Sachsen auf[53]. Uebrigens war es Niemanden unbekannt, dass die Herzöge unter den weltlichen Würdenträgern des Reiches die erste Stelle einnahmen. Das hätte ganz besonders ein Fälscher, der doch in den Kreisen eines Kölner Erzbischofs zu suchen wäre, nicht ausser Acht gelassen. So handelt es sich denn um ein gewöhnliches Kanzleiversehen, – wenn der Vorzug, welcher dem Pfalz- und Landgrafen gegeben wurde, nicht am Ende gar ein beabsichtigter war. In der Urkunde heisst es, die Theilung des Herzogthums und die Belehnung des Erzbischofs sei erfolgt, requisita a principibus sententia. Da pflegte ein Obmann den Spruch zu verkünden; und sollte der Pfalz- und Landgraf damals für die Fürsten das Wort geführt haben, so trat er hierdurch derart in den Vordergrund, dass der „Diktator“ unserer Urkunde, der den Verhandlungen doch gewiss beiwohnte, um das „Concept“ möglichst den Thatsachen anpassen zu können, ihm vollbewusst den ersten Platz unter den Zeugen zuweisen mochte. Aus demselben Grunde, wenn ich nicht irre, wurde im Juli 1173, als der „Erwählte“ Konrad von Worms ein Urtheil gefunden hatte, dieser vor mehreren „Geweihten“ aufgeführt[54]; und wenn bei der Beurkundung eines Spruches vom Mai 1222 der Graf von Dietz die Reihe der Zeugen eröffnet, wenn namentlich der Pfalzgraf bei Rhein, [332] einer der ersten Fürsten des Reiches, ihm nachgestellt ist[55], so möchte die gleiche Ursache gewirkt haben[56].

7. Thudichum hat Bedenken, ob in kaiserlichen Urkunden von Wichtigkeit „unbedeutende“ Ministerialen, wie der Schenk, der Marschalk und Kämmerer, zur Bezeugung herangezogen wurden. Als Antwort mag ein Hinweis auf das Privileg über die Gerichtsbarkeit des Würzburgers in Diöcese und Herzogthum genügen: da gesellen sich zu den drei oben Genannten noch ein Triskämmerer und Truchsess. „Jedenfalls“, fährt Thudichum fort, „verdient es eine Prüfung, ob im Jahre 1180 die Ritter von Pappenheim bereits Marschalke waren“. Der Beweis ist längst von Ficker erbracht[57]: schon unter Konrad III. erscheint ein Heinrich von Pappenheim als Marschalk; am Hofe Friedrich’s I. begegnet er oder sein gleichnamiger Erbe in der gleichen Eigenschaft wieder und wieder, und gerade auch im Jahre unserer Urkunde ist kaiserlicher Zeuge Hainricus marschalcus de Papinheim[58].

8. Thudichum bestreitet, dass dem Erzbischofe überhaupt ein Herzogthum geschenkt sei, denn alsdann hätte er nicht bald darauf als Feind Friedrich’s I. auftreten können, zumal nicht im Bunde mit Heinrich dem Löwen, auf dessen Kosten ihm doch die neue Macht ertheilt sein solle. Das ist nun eine der merkwürdigsten Behauptungen, die mir je begegnet sind; und wahrhaftig gewinnt sie dadurch nicht an Bedeutung, dass Thudichum schon S. 100 versichert hat: „Kein einziger Autor berichtet etwas von einer Uebertragung herzoglicher Rechte an die Erzbischöfe von Köln“. Ich verweise auf die erste Fortsetzung des Kölner Bischofskatalogs[59], die noch dem 12. Jahrhundert angehört, auf die Kölner Königschronik, deren betreffender Abschnitt in derselben Zeit entstand[60], auf Angaben der zeitgenössischen Annalisten von Pegau[61] und Paderborn[62]. Urkundliche Bestätigungen [333] kommen hinzu: am 4. April 1184 berichtet Erzbischof Philipp, wie er das Schloss Pyrmont erbaut habe ad defensionem et maiorem tuicionem ducatus nostri in Westfalia[63]. Zehn Jahre später, am 7. Juli 1194, sagt Erzbischof Adolf, er habe betreten nostre potestatis provincias, Westfaliam scilicet et Angariam[64], um Gericht zu halten. Genug, es fehlt nicht an zuverlässigen Nachrichten, dass 1180 den Erzbischöfen von Köln herzogliche Gewalt in einem Theile von Sachsen übertragen sei; es fehlt nicht an Belegen, dass sie schon im 12. Jahrhundert dort herzogliche Rechte ausübten. Diese Thatsache wird auch durch die Opposition gegen Friedrich I., in die Erzbischof Philipp sich bald stürzte, wird auch durch sein Bündniss mit dem ehemaligen Inhaber des nun von ihm besessenen Herzogthums um nichts geändert werden.

9. In einem Verzeichniss der Güter, durch welche unter Erzbischof Philipp der Besitzstand der Kölner Kirche vermehrt wurde, fehle das Herzogthum. Natürlich, denn da handelt es sich nur um Eigengüter, deren Kaufpreis jedesmal hinzugefügt wird; schon die Ueberschrift lässt über die Natur der Erwerbungen keinen Zweifel: Hec sunt allodia[65]. Das Herzogthum war aber Reichslehen.

Soweit die Widerlegung Thudichum’s. Ich könnte nun die Acten schliessen und es meinem Herrn Gegner überlassen, seine Beweisführung zu vertheidigen. Aber ich möchte doch mit einem Worte auch auf die positive Seite der Frage eingehen, d. h. also Gründe für die Echtheit erbringen.

Thudichum gesteht zu, dass die äussere Form, namentlich Schrift und Siegel, durchaus kanzleigemäss sei. Ich muss hinzufügen: Nicht minder ist die Fassung so wie auch in anderen der damaligen Urkunden Friedrich’s, z. B. das Fehlen des Wortes semper vor augustus im Titel entspricht der damaligen Gepflogenheit. Die Arenga: Quoniam labilis et brevis est humana memoria etc., – diese Arenga, welche Thudichum mit der übrigen Einleitung [334] als „auffallend, weil überflüssig und künstlich redselig“, verwirft, begegnet uns auch in Friedrich’s Urkunden vom April 1172, vom August 1180, vom Mai 1184[66]. Nun könnte man vielleicht glauben, dieselbe sei dem Diplom vom August 1180 entlehnt, denn dieses ist, wenn auch nicht dem Erzbischofe, so doch der Stadt Köln ertheilt. Aber wie würde es sich dann erklären, dass z. B. im April 1180 Sifridus Bremensis electus, im August 1180 Sifridus Bremensis archiepiscopus als Zeuge erscheint? Dazu kommt die Arenga in einer Kleinigkeit genauer mit derjenigen vom April 1172 überein[67]. Selbst für Dinge, die an sich Verdacht erwecken könnten, weil sie jedenfalls ungewöhnlich sind, fehlt es dann doch nicht an der gewünschten Analogie. Das gilt von testibus annotatis, qui huic facto interfuerunt, wozu man eine Urkunde vom Juli 1179 vergleiche[68]; das gilt noch mehr von der Bezeichnung des Siegels als des Siegels excellencie nostre: wenn dasselbe sonst durch einen Zusatz näher bestimmt wird, so braucht man maiestatis nostrae, auch wohl auctoritatis nostrae; aber excellencie nostre darf zur Zeit immerhin auffallen. Dennoch findet es sich in einer Urkunde, die Friedrich am 18. April 1181 den Bürgern von Metz ausstellt[69]. Solche Abweichungen von der allgemeinen Regel, die dann aber immer noch kanzleigemäss sind, erhöhen erst recht das Vertrauen zur Echtheit. Für dieselbe spricht auch – ein Fehler, weil er wiederum ganz kanzleigemäss ist. Soweit nämlich in den ersten Monaten des Jahres 1180 nach Jahren des Kaiserthums datirt wurde, ist die Zahl derselben um einen Einer zu hoch gegriffen[70], und so lesen wir denn auch in unserer Urkunde: anno imperii 26 statt 25. Sollte Jemand glauben, dieses bezeichnende Versehen erkläre sich durch Benutzung einer Urkunde, die Friedrich I. gleichfalls im April 1180 dem Kölner Domcapitel ausgestellt hat[71], so wäre doch darauf hinzuweisen, dass hier die Reihe der weltlichen Zeugen beschliesst Ludewicus langravius Thuringie et [335] comes palatinus de Sumirsinburc, dass derselbe sie dort eröffnet, dazu noch als palatinus Saxonie et langravius Thuringie.

Sehr beachtenswerth ist die schon erwähnte Zeugenschaft Sifridus Bremensis electus. Noch im November 1179 hiess Siegfried Brandenburgensis episcopus[72]; auf dem Gelnhauser Reichstage vom April 1180 bestätigte der Kaiser seine Wahl zum Erzbischof von Bremen[73] oder – wie es auch heisst – wurde Siegfried von Brandenburg nach Bremen befördert[74]. Aber es wird noch der Bestätigung des Papstes bedurft haben, wie viel man auch über Siegfried’s Versetzung schon unterhandelt hatte; ehe die Genehmigung von Rom nicht angelangt war[75], konnte er sich nicht Erzbischof nennen[76]. Jedenfalls im August war das Placet eingetroffen, am 18. heisst er archiepiscopus[77]. Nun trägt unsere angebliche Fälschung das Datum: Gelnhausen, April 13: man wird nicht umhin können, die ausserordentliche Geschicklichkeit der Mache zu bewundern! Wie sehr vergriff sich dagegen ein anderer, der wohl kein kaiserlicher Kanzlist gewesen zu sein scheint, der aber meines Erachtens ein unmittelbarer Zeitgenosse war, während unsere Urkunde nach Thudichum dem 14. Jahrhundert angehört! Wahrscheinlich ein Beamter des Bischofs von Basel war es, der für seinen Herrn einen, auch eben in Gelnhausen gefällten Spruch zu Pergament brachte[78], so dass die kaiserliche Kanzlei nur noch die Besiegelung zu vollziehen hatte. Er nun machte aus dem „Erwählten“ einen „Erzbischof“ von Bremen, und um nur noch das eine und andere seiner Versehen zu kennzeichnen, so schrieb er statt Markgraf Otto von Brandenburg [336] marchio Otto de Orlemunde, statt Markgraf Theoderich von der Lausitz marchio Thiodericus de Anhalt. Das waren die Verwechslungen eines Zeitgenossen[79], unser angeblicher Fälscher des 14. Jahrhunderts hätte auch hier das Richtige getroffen!

Man wird Herrn Thudichum, der noch über etliche andere Diplome den Stab bricht, aufs bereitwilligste zugestehen, dass „harmlose Vertrauensseligkeit“, die er dem Herausgeber des Niederrheinischen Urkundenbuches zum Vorwurfe macht[80], seine Sache nicht ist; aber vielleicht darf man doch zweifeln, ob nun ein Argwohn, welcher sich nicht auf gründlichste Kenntniss aller Verhältnisse stützt, der Wissenschaft mehr Nutzen bringe, als gläubige Einfalt.



Anmerkungen

  1. J. Ficker, Ueber die Echtheit des kleineren Oesterreichischen Freiheitsbriefes. Sitzgsber. d. Wiener Akad. XXIII, 489–516.
  2. v. Daniels, Handbuch d. Deutschen Reichs- und Staatenrechtsgeschichte II. c, 394–398. Vgl. dazu Waitz in den Forschgn. z. Dtschen. Gesch. X, 155. Grauert, Die Herzogsgewalt in Westfalen 2, Anm. 2.
  3. Femgericht und Inquisition. Giessen 1889. S. 104–110.
  4. Lit. Centralbl. 1868, S. 740.
  5. Noch 1881 ist bei Wilmans und Philippi, Die Kaiserurkk. d. Provinz Westfalen II, 334 ein Text veröffentlicht, der als Ausfertigung II bezeichnet wird.
  6. Ueber die verschiedenen Gestalten, in denen das Privilegienbuch überliefert ist, vgl. L. Korth, Lib. privil. mai. eccl. Colon. 124 Nr. 25.
  7. Cod. Dipl. Westf. II, 451 Nr. 407.
  8. Niederrh. U.-B. I, 335 Nr. 472.
  9. Auch O. v. Heinemann, Cod. dipl. Anhalt. I, 430 druckt Hafsburg, obwohl er dem Original folgt. Thudichum S. 107 bezeichnet das Verfahren, welches Heinemann beobachtet habe, als „ganz unzulässig“. Jedenfalls fehlt uns noch eine abschliessende Ausgabe.
  10. a. a. O. 332 Anm. 1.
  11. Dabei meint Thudichum auch, dem Originale fehle das Monogramm, das jedoch vorhanden ist. Es fehlt in der Abschrift, aber hier ist der Mangel natürlich ohne Belang.
  12. Mon. Boica XXIX a, 385 Nr. 515; 390 Nr. 516.
  13. Lambert, M. G. SS. V, 177.
  14. Stumpf 2879. 2880.
  15. Franklin, Das Reichshofgericht II, 71; 129.
  16. Vgl. auch die „diplomatische Notiz“ d. d. Gernrode 1188: Imperator vero audita querimonia cum principibus Saxonie decrevit etc. O. v. Heinemann, Cod. dipl. Anhalt. I, 486 Nr. 663.
  17. Mit Ausnahme des Markgrafen von Istrien sind es nur Sachsen, die in St. 4290 als Zeugen erscheinen.
  18. Fickler, Quellen und Forschungen zur Gesch. Schwabens, 62.
  19. Vgl. darüber auch Fickler, a. a. O. 65 Anm. 3.
  20. St. 4282; 83 betreffen Sächsische Angelegenheiten und werden auch nur von Sachsen bezeugt.
  21. St. 4272.
  22. Forschgn. zur Dtsch. Gesch. X, 155.
  23. Wie Ficker in den Forschgn. zur Dtsch. Gesch. XI, 303 ff. zeigt, reicht bis hierher der Bericht über das landrechtliche Verfahren; dem lehnsrechtlichen gilt die in der Urkunde folgende Notiz.
  24. Wer auch von Seiten der Grammatik Anstoss nehmen sollte, – den verweise ich auf A. Draeger, Hist. Syntax der latein. Sprache, 2. Aufl. § 203, wo er ganz entsprechende Beispiele für die Anwendung des Genitivus objectivus findet, zum Theile aus Autoren, die auch während des Mittelalters gelesen wurden. Uebrigens heisst es auch in der Urkunde selbst pro illorum iniuria = wegen des Unrechtes gegen sie.
  25. Das hat Franklin, Das Reichshofgericht II, 211 Anm. 6 für spätere Zeiten nachgewiesen; aus der Regierung Friedrich’s I. bietet seine Urkunde vom 4. Juli 1157 ein Beispiel: ex iudicio curiae nostrae multas curias episcopo praefiximus. Mon. Boica XXIX a, 345. Für die Zeit Heinrich’s V. vgl. die soeben von Schulte veröffentlichte Urkunde Ztschr. f. G. des Oberrheins N. F. 5, 120.
  26. Wenn Thudichum auch die – wie er sagt – lotterigen und kaum zu erklärenden Worte und Sätze als Verdachtsmomente heranzieht, so ist er ebenso subjectiv, als wenn er die ganze Einleitung verwirft, „weil überflüssig und künstlich redselig“. Solche Gründe werden geschulte Diplomatiker heute nicht mehr geltend machen, hoffentlich aber auch nur noch ganz wenige Juristen. Dabei ist es spasshaft, dass ein Theil der Einleitung, wie wir sehen werden, wenigstens noch in drei anderen Urkunden Friedrich’s I. wiederkehrt.
  27. Orig. Guelf. III, 547.
  28. Cod. Dipl. Westf. II, 234.
  29. Wilmans-Philippi, Die Kaiserurkk. der Provinz Westfalen II, 373.
  30. S. 100 Anm. 2; S. 101 Anm. 2; S. 102 Anm. 3.
  31. Stumpf, Acta imp. 482.
  32. ibid. 516.
  33. M. G. LL. II, 145.
  34. Ficker, Forschgn. zur Reichs- u. Rechtsgesch. Italiens IV, 187.
  35. Stumpf, Acta imp. 690.
  36. Annal. Aureævall. M. G. SS. XVI, 683.
  37. M. G. LL. II, 145.
  38. M. G. SS. XVI, 623.
  39. Chron. reg. Colon. ed. Waitz 130.
  40. Auch als Friedrich I. dem Wittelsbacher das Herzogthum Baiern ertheilte, that er’s ex sententia principum. Annal. Pegav. l. c. 264.
  41. Ganz anderer Meinung als heute Thudichum, waren 1138 die Sachsen: absque consilio eorum, erklärten sie, könne der König nicht über ihr Herzogthum verfügen. Annal. Palid. M. G. SS. XVI, 80.
  42. Vielleicht hatte Philipp, der schon Herzog von Rheinfranken war, um so mehr Grund, sich der Zustimmung aller Fürsten zu versichern, als das früher einmal ausgesprochene Princip, Niemand solle zwei Herzogthümer besitzen, im Allgemeinen noch zu Recht bestehen mochte, wenn es auch durch die zeitweilige, eben nun aber aufgehobene Vereinigung Baierns und Sachsens schon eine Ausnahme erfahren hatte. Cf. Helmold I, 54. M. G. SS. XXI, 53.
  43. Coll. stor. Marchigiana II, 69.
  44. Zuletzt nach dem Original bei Wilmans-Philippi, Die Kaiserurkk. der Provinz Westfalen II, 361 Nr. 258. Auch diese Urkunde mag Thudichum nicht als echt anerkennen; ebenso skeptisch verhält er sich gegen das entsprechende Diplom König Philipp’s vom 12. Januar 1205. Aber Thudichum’s Bedenken wurzeln offenbar nur in seiner Unkenntniss der Jahresanfänge: wenn er Böhmer-Ficker Reg. imp. V Nr. 90; 91; 94; 95; 96; 98; 102 verglichen hätte, würde er seine Zweifel nicht geäussert haben.
  45. Waitz, Verf.-G. V, 190 Anm. 1.
  46. Homeyer, Sachsenspiegel ³I, 140.
  47. Mon. Boica XXX a, 54.
  48. Ottonis Fris. Gesta Frid. I, 68 ed. Waitz p. 78.
  49. Cappe, Beschreibung der Köln. Münzen 101, Tafel IX Nr. 145; cf. Tafel X Nr. 152; 155 u. s. w. Aber irrig deutet Cappe S. 101 die beiden Fahnen auf Westfalen.
  50. M. G. SS. XXIV, 345.
  51. St. 4148. 4156. 4303. 4370. 4378. 4472. 4482.
  52. St. 4148. 4288. 4303. Vgl. dagegen 4400. 4400 a.
  53. Aus dem Original Lappenberg Hamb. U.-B. I, 225.
  54. St. 4149.
  55. Böhmer-Ficker, Reg. imp. 3875.
  56. Es sei noch bemerkt, dass Thudichum S. 109 die Pfalzgrafen zu Ministerialen der Herzöge von Sachsen herabdrückt. Vgl. dagegen Ficker, Vom Reichsfürstenstande I, 198.
  57. Die Reichshofbeamten der Stauf. Periode. Sitzgsber. d. Wiener Akad. XL, 454.
  58. Mon. Boica XXIX a, 440.
  59. M. G. SS. XXIV, 344.
  60. ed. Waitz, 130.
  61. M. G. SS. XVI, 263.
  62. ed. Scheffer-Boichorst, 176.
  63. Varnhagen, Grundlage der Waldeck. Landes- und Regentengesch. U.-B. S. 11.
  64. Cod. dipl. Westf. II, 234. Nach Thudichum 101; 102, freilich würde der Erzbischof von seinen Provinzen reden, nicht als Herzog, sondern als kaiserlicher Statthalter, wozu er von Heinrich VI., wie Thudichum vermuthet, für die Zeit des damaligen Zuges über Berg ernannt worden wäre!
  65. S. die neue, treffliche Ausgabe von L. Korth in den Mittheilungen aus dem Kölner Stadtarchiv IV c, 57.
  66. St. 4134. 4306. 4339.
  67. 1172 April: constituit auctoritas, scripturarum testimonio commendare, quae transeuntium temporum antiquitas etc., 1180 April: decrevit auctoritas, litteris annotare, que fluentium temporum antiquitas etc., 1180 August: sanxit auctoritas, scripture testimonio res gestas commendare, quas transeuntium temporum antiquitas etc.
  68. St. 4284.
  69. St. 4315.
  70. St. 4296. 4299. 4303.
  71. St. 4303.
  72. Riedel, Novus Cod. dipl. Brandenb. A. VIII, 113.
  73. Annal. Stadens. M. G. XVI, 349.
  74. Annal. Pegav. ibid. 263; cf. chron. mont. Sereni XXIII, 157.
  75. Electus heisst er auch in den beiden Urkunden, die zuletzt im Cod. dipl. Anhalt. I, 436 Nr. 590 und 438 Nr. 592 gedruckt sind; sie gehören ins Jahr 1180, entbehren aber genauerer Daten.
  76. Wenn ich nicht irre, führte der Prälat, welcher aus einem Bisthum zu einem Erzbisthum befördert wurde, den Titel archiepiscopus erst nach Empfang des Pallium. Nun ist keine Rede davon, dass Siegfried schon zu Gelnhausen, wo allerdings päpstliche Legaten zugegen waren, dasselbe erhalten habe. Erst im Herbst 1180 zog er in Bremen ein cum legatis apostolici et pallio veniens. Annal. Pegav. 264. Vgl. auch G. Wolfram, Friedrich I. und das Wormser Concordat 108 Anm. 1.
  77. St. 4306.
  78. St. 4302.
  79. Meines Wissens ist die Urkunde, die namentlich auch Pertz und Stumpf nicht beanstandet hatten, nur im Cod. dipl. Anhalt. I, 432 Nr. 583 als „gewiss unecht“ verworfen worden. Nun aber schreiben mir Thommen und Wackernagel, dass Schrift und Siegel ihnen keinerlei Bedenken erregen. Was auffallen müsse, sei die etwas dürftige Ausstattung und namentlich die Irrthümer in der Zeugenreihe. Auch die unlateinische Bezeichnung: de Salceburch, de Lutteche etc., ist nicht kanzleigemäss, und noch anderes mag gegen die Echtheit sich einwenden lassen. Aber dennoch kann ich die Urkunde nicht preisgeben. Alle Irrthümer beruhen auf Verwechslung, wie ich sie bei einem anwesenden Zeitgenossen erklärlich finde. Nur bei ihm; ein Späterer konnte diese Schaar von Zeugen, deren ich 34 gezählt habe, ohne schriftliche Vorlage gar nicht auftreiben; und wenn ihm wirklich eine Urkunde der Kanzlei als Muster gedient hätte, so würde er die Namen fehlerlos wiedergegeben haben. So meine ich denn, dass ein in Gelnhausen anwesender Baseler, nothdürftigst von einem Reichskanzlisten unterrichtet, die Urkunde angefertigt habe, dass dann officiell das kaiserliche Siegel angehängt wurde. Wie gesagt, ist dieses echt, und die Schrift kann als gleichzeitig gelten.
  80. S. 91.