Die Ursache des Einschlagens vom Blitze:§ 24
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§. 24.
Ich muß aber doch eines Vorschlages gedenken, darauf einige, in der Absicht, die Gefahr des Blitzes abzuwenden, gefallen sind, und der gerade unserm oben gegebenen Rathe entgegengesetzet ist, da er doch aus einerley Erfahrungen zu entspringen, und also nicht ungegründet scheinet. Man glaubte nämlich, es müßte am dienlichsten seyn, sich solcher Körper zur Bedeckung für den Blitz zu bedienen, welche die electrische Materie nicht durchliessen, und hingegen die Metalle, welche sie gern annehmen, zu entfernen. So räth z. E. der galante Abbé Poncelet, sich eine Art von Gezelte von harzigem Holze, ohne einigen Nagel oder anderes Eisen, errichten zu lassen, ihm kein spitzes, sondern ein rund gewölbtes Dach zu geben, sodann es mit einem dreyfachen Wachstuche überziehen und inwendig mit Seidenzeug ausschlagen zu lassen *). Auf gleiche Weise könnte man etwa, ohne so viel sonderbare Um|[103]stände, sein Haus mit glasurten Dachziegeln oder d. gl. zu bedecken anrathen. Allein, ich werde zeigen, wie unsicher ein solcher vermeinter Schutz sey, wenn man den Blitz nicht durch Metalle aussen vom Gebäude ablocken will *). Denn, daß derselbe auch auf andere Körper zufahre, wenn er kein Metall vorfindet, ist bekannt, und es beweisen solches die Wetterschläge an Bäumen in Wäldern u. s. f. **). Es würde auch bey einem Gewitter die äussere Fläche von dergleichen Gebäuden, wenn man nicht noch wieder ein besonderes Schutzdach darüber machen wollte, doch vom Regen naß werden, und alsdann haftet, wie man weiß, die electrische Materie darauf. Daß ein stumpfer Körper aber, da er diese Materie nicht gemählig auffängt, eben verursachet, daß die Wolke sich heranziehen und Blitz und Schlag plötzlich herausfahren muß, habe ich schon erinnert. Der Blitz würde ferner auch eine unbedeckte Ecke eines solchen Gebäudes, oder eine Ritze der Bedeckung treffen, dadurch er erfah|[104]ren könnte *): und alsdenn würde die Zerstörung desto grösser seyn, weil er allenthalben solchen Widerstand anträfe, den er zersprengen müßte. Ja, ich fürchte, die Gefahr würde durch diese Anstalt auf ähnliche Weise vermehret werden, als in dem bekannten Leydenschen Versuche, da man an der einen Seite einer mit Wasser gefüllten Flasche, oder einer Glasplatte **), die electrische Materie anhäufet, welche hernach, wenn sie zu der entgegengesetzten Seite dieser Körper, dadurch sie nicht dringen konnte, einen Uebergang gewinnet, desto grösseren Schlag und Gewalt äussert. Die Erfahrung bezeuget aber auch, daß die electrische Materie, sowohl beym Blitze, als wenn sie bey Versuchen in Bewegung gesetzt ist, oft durch Wachstuch, bemahltes Leinewand, Glas, und |[105] s. f. Löcher schläget *). So können uns Muthmassungen betriegen! Ich habe mich demnach zur Bestätigung des oben erwehnten Franklinschen Rathes bloß auf die Erfahrung berufen, und nicht allein die electrischen Versuche, sondern selbst die Würkungen des Blitzes angeführet, davon wiederholte Beobachtungen, die Sicherheit der Ableitung durch Metalle genugsam beweisen; so, daß wir keinen bessern Weg, als den uns die Natur zeiget, zu suchen haben.
|[102]*) In einer zu Paris 1766. in 8vo[1], gedruckten Abhandlung[2]: La nature dans la formation du Tonnere, & la reproduction des Etres vivans, betitelt, p. 125. Des übrigen Inhalts dieser ausgedehnten Schrift zu erwehnen, ja sie nur ganz durchzulesen, hielte ich nicht für nöthig, da ich fast allenthalben verworrene, übel verstandene, ungegründete und erdichtete Sätze darinn antraf. Mich wundert nur, daß sie noch einiges Aufsehen hat machen können.
|[103]*) Wollte man sich beyder Mittel zugleich bedienen, so könnten sie die Sicherheit vermehren, und möchten bey besonderer Gefahr, wie oben §. 12. p. 29. n. * von den Pulvermagazinen erinnert worden, anzurathen seyn.
**) Daß auch Holz und andere Körper, die Gewittermaterie auffangen, ist oben §. 21. p. 87. n. ** erwehnet.
|[104]*) Wenn ein Glas, oder Schwefelkuchen, damit man das Durchfahren der electrischen Materie bey den Versuchen hindern will, einen kleinen Riß bekommen hat; so lassen sie solche durchhinstreichen.
**) Auch mit gewärmten gehauenen Steinen läßt sich dieser Versuch machen, wie Herr Delaval berichtet. (Phil. Trans. Vol. LI. p. 87.[3]). Es ist vermuthlich eine Eigenschaft aller Körper, welche die Electricität nicht leicht durchlassen, da Herr Aepinus[4] es sogar mit einem Zwischenraume von Luft, zwischen zwey grossen |[105] mit Metal bedeckten Tafeln zu Stande gebracht hat Tentam. Theor. Electr. §. 75. p. 82.)
*) Demnach scheinet mir z. E. unsere öffentliche Bibliotheck besonders in Gefahr zu seyn, als welche aussen mit glasurten Dachziegeln gedecket ist, inwendig aber ein Hangewerk von eisernen Stangen hat, die durch den ö[be]rn[5] Saal durchgehen, um die Balken des [unter]n[6] zu tragen. Damit diese nicht einmal einen Blitz anlocken durchzuschlagen, wäre hier eine Stange oben auf dem Dache nebst einer ausseren Ableitung bis zu den bleyernen Rinnen, und von da in den Canal, sehr anzurathen. Man vergleiche die Geschichte des Hauses §. 23. p. 97. n. *.
Anmerkungen (Wikisource)
[Bearbeiten]- ↑ Kurz für Octavo: ein Buchformat mit der Höhe des Buchrückens von 18,5-22,5 cm
- ↑ korrigiert, im Text Ahandlung
- ↑ Phil. Trans. Vol. LI. p. 87. – Benjamin Wilson: A Letter from Mr. Benjamin Wilson, F. R. S. to the Rev. Tho. Birch, D. D. Secret. R. S. [Relating] a Letter from Edward Delaval, M. A. and Fellow of Pembroke-Hall Cambridge, to Mr. Benjamin Wilson, F. R. S. Containing Some Electrical Experiments and Observations, in: Philosophical Transactions 51 (1759/1760), S. 83–88, hier S. 87.
- ↑ Herr Aepinus – …
- ↑ ergänzt, im Druck nicht vollständig lesbar
- ↑ ergänzt, im Druck nicht vollständig lesbar