Die Ursache des Einschlagens vom Blitze:§ 25

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§. 25.

Wenn aber der Gebrauch der Ableitungen mit spitzen Stangen einmal eingeführet wäre, |[106] und man viele derselben in einer Stadt, oder um die Stadt herum an erhabenen Orten aufrichten wollte, so könnte man sogar hoffen, daß sie das meiste der Gewittermaterie in der Stille ohne Schlag auf die Erde herabführen würden. Daß vieles davon, auch wenn keine Wetterschläge entstehen, aus der obern Luft an dem Metalle herabgeleitet werden könne, zeiget die Erfahrung, wie oben beschrieben, wenn man die Materie verhindert, sich in die Erde zu verlieren, wiewohl dieses nur geschiehet, um sie in die Augen fallen zu machen. Wenn aber das Metall bis in die Erde reichet, so kann sie in unglaublicher Menge beständig durchströmen, weil der Abzug nach Masse des Körpers ist, darinn sie sich vertheilen kann. Es ist also der Einwurf, den einige machen, daß der Umfang des Metalles zu dem Umfange der Gewitterwolken von geringer Bedeutung sey, nicht genug überlegt, weil es hier nicht darauf ankömmt, wie viel das Metall selbst fassen, sondern wie viel bey dem schnellen Durchströmen dadurch in die Erde vertheilet, oder, wie die uns unbekannte electrische Bewegung durch diesen Zusammenhang ins Gleichgewicht gesetzet werden kann *). Daß, das Herabströmen |[107] auf die Spitzen zu Plauzat und Kreibitzsch dergleichen Würkung gehabt, hat die Erfahrung der Einwohner bekräftiget. Wir würden also mit dergleichen Anstalt, der Natur nachahmen, da uns der Schöpfer eine gleiche Wohlthat durch den Regen erweiset. Daß der Regen das Gewitter mildere, weiß schon der gemeine Mann: und gewiß die Schläge bey trockener Luft sind die gefährlichsten, weil die electrische Materie alsdann am meisten sich anhäufet. Das Wasser, wie gesagt, nimmt sie an, vertheilet sie, und führet eine Menge mit den Regentropfen gemählig herunter *). Wenn |[108] aber gleich nicht alle Gewittermaterie durch solche Spitzen in der Stille abgeleitet werden |[109] kann, sondern zuweilen, wegen schnell herankommender Wolken, mit starker Electricität, |[110] noch Schläge nach der Erde oder den Gebäuden hin entstehen müssen; so ist doch der Nutzen groß genug, daß solche durch die Stangen aufgefangen, und wie in dem obenangeführten Beyspiele des Hauses in Philadelphia, abgehalten werden, andere Körper in der Nähe zu treffen, wo sie Schaden thun würden *).

|[106]*) Der Trichter brauchet nicht zu groß zu seyn, dadurch man eine Menge Wassers abzapfet: welches doch nur eine sehr schwache Vergleichung mit dem schnellen Durchfahren und Vertheilen der electrischen Materie machet.

|[107]*) Vergleiche oben §. 19. p. 64. n *. und §. 20. p. 86. 87. Hr. D. le Monnier hat, bey den ersten Versuchen, die Electricität aus der Luft an Metallen aufzufangen, schon bemerket, daß solche am stärksten daran verspüret worden, wenn aus den Wolken Regen in grossen Tropfen heruntergefallen, (ohne daß die Luft durch die Dünste feucht geworden und einen Abzug gemachet, wenn gleich kein Donner oder Blitz dabey gespüret worden, wie er nach wiederholten Erfahrungen ausdrücklich bezeuget, Mem de l'Acad. des Sciences 1752. p. 236. sq. Daß gemeiniglich der Regen, besonders wenn die Tropfen groß sind, und Hagel im Sommer vielleicht jederzeit, die Electricität herunter bringe, und daß seine Gewitterstange den 12. Nov. |[108] 1753. durch einen feinen Schnee electrisiret worden, erwehnet auch Hr. Canton (Phil. Trans. Vol. XLVIII P. I. p. 357.[1]) Hr. de Romas fand gleichfals die Würkungen an seiner Drachenschnur viel heftiger, da etwas Regen fiel: Hr. Watson bemerkt eben dasselbe (Phil. Trans. Vol. LIV. p 219.[2] Anderer Zeugnisse zu geschweigen. Mr. l'Abbé Poncelet, der sich so vieler Versuche an einer Gewitterstange rühmet, hat also das, was er etwa nachschreiben wollen, unrecht verstanden, wenn er (l. c. C. VIII. p 78.) sagt; „Dès que le tonnero s'est fait entendre, il n'y a plus rien à faire à la barre, (parceque les nuages se dechargent) & encore moins, quand il commence à pleuvior: les circonstances les plus favorable sont un air serein etc.“ Er hatte etwan sagen gehöret, daß während eines Gewitters gemeiniglich nach jedem Schlage die Würkung der Luftelectricität, einige Secunden lang, weniger an dem Metalle zu spüren sey oder aufhöre. Dieses hat seinen guten Grund; aber nicht, daß sie aufhöret „so bald es anfängt zu donnern,“ indem sie vielmehr bey herannahender Gewitterwolke, bis wenn solche über uns stehet, immer stärker sich zeiget. (S. Phys. Belust. XVII. St. p. 481. 484.) So ist es auch wahr, daß zuweilen aber nicht allezeit, |[109] bey einem starken Gewitterregen die Electricität an den Stangen nachgelassen, wenn es gleich noch stark geblitzet und gedonnert hat. Es schien auch dieses, nicht von dem Abzuge der Electricität von dem Metalle durch die Nässe, herzurühren, weil es bemerket wurde, obgleich der Harzkuchen, dadurch die electrische Materie an dem Metalle aufgehalten ward, für Nässe bewahret war, und weil die Electricität bey nachlassendem Regen, wieder stärker gespüret ward, obgleich die übrige Zurüstung noch naß war, ja zuweilen auch bey heftigsten Regen ungeschwächet blieb: daher man die eigentliche Ursache davon nicht anzugeben wußte. (S. Phil Trans. Vol. XLVII. p. 544. fq. 547-550.[3]) Wenn ich eine Vermuthung wagen soll, so könnte die Electricität während eines Gewitters, alsdann erloschen seyn, wenn die Donnerschläge zwischen zwey verschiedentlich (positiv und negativ) electrisirten Wolken vorgefallen, welche, wenn sie auf einander stossen, sich beyderseits ihrer Electricität berauben, und dadurch ihre Dünste, welche zuvor auseinander getrieben waren, in Regentropfen herunterwerfen müssen. Daher kann zu anderer Zeit die Electricität bey einem Gewitterregen fortdauren, wenn solcher nicht eben aus den |[110] auf einander stossenden und ihre Kraft aufhebenden Wolken fällt: und bey einer Gewitterluft mit sehr starkem Regen, dabey aber kein Donner und Blitz gespüret wurde, ward (nach dem Berichte des Hrn Mazeas Phil. Trans. Vol XLVIII. p. 382.[4]) die Electricität nicht vermindert bis zu Ende, da die Wolken vertheilet wurden. Eben so verhält es sich mit der Verminderung oder Aufhörung der Electricität nach dem Blitze. Diese muß erfolgen, wenn die Wolke, aus welcher die Stange electrisirt ward, einer andern ihre Electricität mitgetheilt hat: da hingegen zuweilen diese Kraft (wie Hr. Richmann Nov. Com. Petrop. Vol. IV. p. 337. sqq. angemerket, nach dem ersten Donnerschlage auf einmal an der Stange gespüret wird, wenn nemlich der nicht electrisirten Wolke, welche darüber schwebte, die Electricität durch solchen Schlag mitgetheilt wurde.

*) Herr D. Franklin bezeuget, daß seit einigen Jahren kein Blitz in Philadelphia mehr einge|[111]schlagen habe, nachdem man auf den meisten Gebäuden dergleichen Stangen mit Ableitungen angebracht, obschon daselbst häufige und schwere Gewitter sind, die auch vormals vielen Schaden angerichtet haben. (Phil. Trans. Vol. LII. P.II. p. 613.[5]) Herr Doct. Watson bemerket (ib. Vol. LIV. p. 223.[6]) daß, wenn nicht der Brigittenthurm im Wege des Gewitters gelegen, und den Blitz mit seiner Helmstange aufgefangen hätte, die hohe St. Paulskirche der Gefahr ausgesetzt gewesen wäre. Es war aber doch Schade, daß der Brigittenthurm, weil er keine Ableitung hatte, dabey leiden mußte.

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. Phil. Trans. Vol. XLVIII P. I. p. 357. – John Canton: Electrical Experiments, with an Attempt to Account for Their Several Phaenomena; Together with Some Observations on Thunder-Clouds, by John Canton, M. A. and F. R. S., in: Philosophical Transactions 48 (1753/1754), S. 350–358, hier S. 357.
  2. Phil. Trans. Vol. LIV p 219. – William Watson: Observations upon the Effects of Lightning, with an Account of the Apparatus Proposed to Prevent Its Mischiefs to Buildings, More Particularly to Powder Magazines; Being Answers to Certain Questions Proposed by M. Calandrini, of Geneva, to William Watson, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 54 (1764), S. 201–227, hier S. 219.
  3. Phil Trans. Vol. XLVII. p. 544. fq. 547-550. – Guillaume Mazéas / James Parsons: Letters of the Abbe Mazeas, F. R. S. to the Rev. Stephen Hales, D. D, F. R. S. concerning the Success of the Late Experiments in France. Translated from the French by James Parsons, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 47 (1751/1752), S. 534–552, hier S. 547–550.
  4. Phil. Trans. Vol XLVIII. p. 382. – James Parsons / Guillaume Mazéas: Observations upon the Electricity of the Air, Made at the Chateau de Maintenon, during the Months of June, July, and October, 1753; Being Part of a Letter from the Abbe Mazeas, F.R.S. to the Rev. Stephen Hales, D. D. F.R.S. Translated from the French by James Parsons, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 48 (1753/1754), S. 377–384, hier S. 382.
  5. Phil. Trans. Vol. LII. P.II. p. 613. – …
  6. ib. Vol. LIV. p. 223. – William Watson: Observations upon the Effects of Lightning, with an Account of the Apparatus Proposed to Prevent Its Mischiefs to Buildings, More Particularly to Powder Magazines; Being Answers to Certain Questions Proposed by M. Calandrini, of Geneva, to William Watson, M. D. F. R. S., in: Philosophical Transactions 54 (1764), S. 201–227, hier S. 223.