Die treulose Störchin

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Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Die treulose Störchin
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 2, S. 201-202
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1818
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Commons,Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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[201]
492.
Die treulose Störchin.
Aventin bair. Chr. Bl. 2763.

Gesta rom. deutsch c. 5. latein. c. 82.


Cranz, ein Canzler Herzog Thaßilos III. schreibt gar ein seltsames Wunder von Störchen, zur Zeit Herzog Haunbrechts. Der Ehebruch sey derselbigen Zeit gemein gewesen, und Gott habe dessen harte Strafe an unvernünftigen Thieren zeigen wollen.

Oberhalb Abach in Unterbaiern, nicht weit von der Donau, stand ein Dorf, das man jetzund Teygen nennet. In dem Dorf nisteten ein Paar Störche und hatten Eier zusammen. Während die Störchin brütete und der Storch um Futter ausflog, kam ein fremder Storch, buhlte um die Störchin, und überkam sie zuletzt. Nach verbrachtem Ehebruch flog die Störchin überfeld zu einem Brunnen, taufte und wusch sich, und kehrte wieder ins Nest zurück, der Maßen, daß der alte Storch bei seiner Rückkunft nichts von der Untreue empfand. Das trieb nun die Störchin mit dem Ehebrecher fort, einen Tag wie den andern, bis sie die Jungen ausgebrütet hatte. Ein Bauer aber auf dem Felde nahm es wahr und verwunderte sich, was doch die Störchin alle Tage zum Brunnen flöge und badete; vermachte also den Brunnen mit [202] Reißig und Steinen, und sah von ferne zu, was geschehen würde. Als nun die Störchin wieder kam und nicht zum Brunnen konnte, that sie kläglich, mußte doch zuletzt ins Nest zurückfliegen. Da aber der Storch ihr Mann heim kam, merkte er die Treulosigkeit, fiel die Störchin an, die sich heftig wehrte; endlich flog der Storch davon und kam nimmer wieder, die Störchin mußte die Jungen allein nähren. Nachher um St. Laurenztag, da die Störche fort zu ziehen pflegen, kam der alte Storch zurück, brachte unsäglich viel andre Störche mit, die fielen zusammen über die Störchin, erstachen und zerfleckten sie in kleine Flecken. Davon ist das gemeine Sprüchwort aufkommen: „du kannst es nicht schmecken!“