Die vier Stationen der Grausamkeit. Zweites Blatt – Zweite Stufe der Grausamkeit
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Jene Unmenschlichkeit, deren Beginn auf dem ersten Blatte bei dem Knaben viel versprach, ist bei dem Manne zur vollkommenen Reife gelangt. Tom Nero ist Lohnkutscher und äußert seine Rohheit gegen sein Pferd. Das Thier, von derselben Art, welche man bei den Fiacres aller großen Städte zu erblicken pflegt, ist erschöpft und halb verhungert niedergesunken, hat einen verhältnißmäßig großen Wagen umgeworfen, und dabei ein Bein zerbrochen. Tom Nero, voll Wuth über den Vorfall, schlägt das Thier mit umgekehrter Peitsche. Das Pferd ist im Begriff, zu sterben, denn es vergießt Thränen, eine Erscheinung, die sich bekanntlich bei mehreren Thieren zeigt, wenn sie bis zum Tode gequält oder gehetzt werden (z. B. bei Hirschen). Uebrigens wird der Vorfall dem unmenschlichen Kutscher theuer zu stehen kommen. Er hat nämlich vier Advokaten umgeworfen, welche von Thavies Inn gate in dem sogenannten Lower Holborn (den Ort erkennt man an dem Wirthshausschilde: Thavies Inn Coffee house) nach den Gerichtssitzungen in Westminster fahren wollten. Schon jeder Einzelne der Vier wäre im Stande, den Lohnkutscher vor den Friedensrichter zu bringen, um die Buße für den erlittenen Schrecken einzutreiben, wenn auch eine fünfte [754] Person die Nummer der Kutsche sich nicht bereits aufzeichnete, um die Anzeige davon zu machen. Letztere ist wahrscheinlich ein sogenannter Common informer, d. h. ein Mann, der die Anzeige von Policeivergehen bei Miethkutschern, Wirthen u. s. w. als Geschäft betreibt, und davon lebt, indem er einen Antheil an den Geldstrafen als Honorar erhält. Die Gewißheit der Geldstrafe wird bei Tom Nero jene Wuth hervorgebracht haben, die er in Ermanglung eines andern Gegenstandes an seinem Pferde ausläßt.
Die Zuthaten entsprechen der Hauptgruppe. Ein Treiber von Schlachtvieh mißhandelt ein sterbendes Schaaf mit seinem Knittel, obgleich das Thier, im Todeskampfe, die Eingeweide aus dem Maule würgt. Ein Bierschröter, der, wahrscheinlich betrunken, mit der Pfeife in der Hand eingeschlafen ist, überfährt einen Knaben, welcher durch das Gewicht zerquetscht werden muß. Zugleich ist der Spund eines Fasses losgegangen, und der Porter fließt auf die Straße. Der Bierschröter wird sich wahrscheinlich über den unglücklichen Knaben zu trösten wissen, jedoch hinsichtlich des erlittenen Schadens ganz andere Gefühle hegen. Der Treiber eines bereits schwer beladenen Esels hat dem geduldigen Thiere noch einen seiner Freunde, einen Lastträger mit der Kiste auf dem Rücken, als Zuthat aufgebürdet, und bemüht sich, der natürlichen Langmuth des Esels mit seinem Knittel nachzuhelfen. Eine dritte Person befolgt zu dem Zwecke ein noch wirksameres Verfahren, sie stößt den Esel mit einer Heugabel. – Ein Ochse hat jedoch die Mißhandlung des Menschen in anderer Weise aufgenommen und einen der Vorübergehenden mit den Hörnern emporgeschleudert. Ihm folgt eine mit Knitteln bewaffnete Schaar, um das wüthende Thier durch Uebermacht zu bändigen, welches sich vorerst mit einem Hunde zu thun machen wird.
Auch an der Mauer des Caffeehauses bieten zwei Zettel eine passende Zuthat zu den beschriebenen Gruppen. In dem einen wird ein Hahnengefecht, in dem andern ein Boxerkampf in Broughton’s Amphitheater von zwei Faustkämpfern jener Zeiten, James Field und G. Taylor, angekündigt, beides bekanntlich Beweise britischer Civilisation.