Dr. Paul Möbius †
[500] Dr. Paul Möbius †. Ein ausgezeichneter Schulmann, der gothaische Oberschulrath Dr. Paul Möbius, ist am 8. Juni in dem lieblichen Friedrichroda in Thüringen, wo er seit langem alljährlich zur Kur weilte, aus dem Leben geschieden, indem er in einem Anfalle geistiger Umnachtung die ihm zu schwer gewordene Bürde des Alters selbst von sich warf. Die große Gemeinde von Freunden, welche Paul Möbius in langer und verdienstvoller Wirksamkeit sich erworben hat, beklagt sein verfrühtes Hinscheiden; aber einhellig wie die Trauer ist die Anerkennung dessen, was er gewesen und bis an sein Ende geblieben: ein durch Güte des Charakters wie durch reiche Geistesgaben ausgezeichneter Mann, ein trefflicher Schulmann und Gelehrter und ein rastlos thätiger Freund der Lehrerwelt und der Jugend.
Paul Möbius wurde am 31. Mai 1825 in Leipzig geboren und war der Sohn des dortigen rühmlich bekannten Astronomen und Mathematikers Professor Dr. A. F. Möbius. In Leipziger Schulen vorgebildet, studirte er von 1844 bis 1848 in seiner Vaterstadt und in Berlin Philologie und Theologie, wirkte alsdann bis 1865 in Leipzig im höheren Schulamt und bis 1869 als Direktor der ersten Bürgerschule daselbst. Am 24. Mai 1869 erfolgte seine Berufung als Schulrath und Generalschulinspektor nach Gotha, und 1880 wurde er zum Oberschulrath ernannt. Am 1. Mai d. J. aber trat er in den Ruhestand, und von dieser Zeit an bemächtigte sich seines Geistes die tiefe Schwermuth, die, rasch wachsend, ihn in den Tod getrieben hat.
Möbius ist Verfasser zahlreicher trefflicher Schriften, von denen wir neben den Volkserzählungen „Ehrhard der Waffenschmied“ und „Der Spieler“, sowie dem Trauerspiel „Bar Cochba“ und den „Alpenerzählungen“ vor allem seine Räthselsammlungen „Sphinx“ und „Die neue Sphinx“ erwähnen müssen. Seine Vorliebe und seltene Begabung für das Räthsel hat ihn auch vielfach mit den Lesern der „Gartenlaube“ in Berührung gebracht; alle Räthselsonette, Charaden etc., welche in den letzten Jahrgängen unter den Namen P. Möbius und M. Paul erschienen sind, haben den nun Verstorbenen zum Verfasser.
Der Heimgegangene war eine hochpoetische Natur und ein Gelehrter im weitergehenden Sinne des Wortes auf manchen Wissensgebieten. Sein Amt als Generalinspektor der Schulen des Herzogthums verwaltete er in liberalem Geiste und bei aller Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt doch nie mit Härte oder Unnachsichtigkeit. Mit tieffühlendem Herzen nahm er an Leid und Freud der ihm unterstellten Lehrer theil, und diese vor allem haben in ihm einen wahren Freund verloren. R. Roth.