Eheschließungen auf Helgoland

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Titel: Eheschließungen auf Helgoland
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 648
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[648] Eheschließungen auf Helgoland. Das britische Eiland in den deutschen Meeren gilt für eine Freistatt verfolgter Liebe: viele glauben, daß sich Ehebündnisse dort so leicht schließen lassen, wie bei dem Schmied von Gretna-Green, der an der schottischen Grenze die liebenden Paare zusammengiebt; sie glauben, daß der Eltern Mißvergnügen und Widerspruch, ja selbst des Vaters Fluch dort keine Rolle spiele. Ehe indeß eine abenteuerlustige Liebe sich in die Nordsee wagt, in der Hoffnung, auf jener Felseninsel werde ein bestrittenes Glück ihr gesichert werden, möge das junge Liebespaar sich doch mit den näheren Mittheilungen über die dort ihm winkenden Aussichten vertraut machen, Mittheilungen, wie sie jüngst die Zeitungen brachten. Es ist wahr, es finden in Helgoland zahlreiche Trauungen auswärtiger Paare statt: im vorigen Jahre belief sich die Zahl auf 40, und bis Ende Juli dieses Jahres waren wiederum 20 getraut. So formlos sind indeß diese Trauungen keineswegs, wie diejenigen bei dem schottischen Schmied: es bedarf der Geburtsurkunden, der väterlichen Einwilligung bei solchen, die unter väterlicher Gewalt stehen; nur dürfen diese Urkunden, wenn sie fehlen, durch eine eidesstattliche Versicherung ergänzt werden. Die Haupterleichterung aber besteht in dem nur einmaligen Aufgebot, so daß, wenn dasselbe am Sonntag stattgefunden, schon Tags darauf die Trauung erfolgen kann. Es gelten hierbei nicht englische Rechtsvorschriften, sondern das friesische Gewohnheitsrecht. Die Kosten belaufen sich auf 200 Mark, der deutsche Geistliche erhält die Hälfte.

Ehepaare, die nach Helgoland eilen, weil sie glauben, dort den väterlichen Konsens entbehren zu können, werden sich jedenfalls getäuscht sehen: nur glücklich Liebende, deren Ungeduld ein dreimaliges Aufgebot nicht erträgt, kommen hier auf ihre Kosten, vor Allen aber Diejenigen, welche dem Hochzeitsjubel in der Heimath entgehen und sich vermählen wollen im Angesicht des großen Oceans, der erhabenen Natur. Läuft doch zu Hause oft viel Klatsch und Medisance mit unter und man fürchtet auch enttäuschten oder boshaften Gesichtern zu begegnen, zurückgewiesenen Verehrern und Geliebten, die sich trügerischer Hoffnung hingaben. Wer aber glaubt, begründete Ansprüche zu haben, der mag sich beeilen, sie geltend zu machen; denn er hat möglicherweise dazu nur eine eintägige Frist, und bei einer heimlichen Reise des Bräutigams und der Braut nach dem Meereseiland kommt er sicher zu spät. Er mag sich trösten: der Trauschein ist zwar unanfechtbar, aber das böse Gewissen wird durch des Priesters Segen nicht in Ruhe gewiegt werden.