Ein Sträußchen gefällig?
Ein Sträußchen gefällig?
Streift’ ein Sonnenstrahl, ein kecker,
Der in grüner Freiheit spielte,
Schelmisch eine alte, dunkle,
Lange, steife, würdevolle,
Weihrauchsatte Kirchensäule,
Und verdrießlich ward sie drob.
In dem Café nazionale
Saß er, saß der glaubensfeste
Hirt der Heerde von Mentana
Ungeschlacht mit breiten Beinen
Unter Kindern dieser Welt.
Von der Noth der Zeit durchdrungen,
Schlürft er stumm den caffè nero,[1]
Dann und wann ein schwarzer Schluck.
Sieh, da schlüpft es in die Kühle;
Schlank und leichtbeweglich biegsam,
Wie Lacerten um die Sitze
Windet sich die Fioraja,[2]
Unter jede Nase haltend,
Dick und dünne, schief’ und grade,
Ein verführend duftig Sträußchen,
Schäkernd, schnippisch – nun, man kennt sie.
Plötzlich stutzt sie; um die Lippen
Zuckt es lustig, und sie schleicht sich
In den Rücken des ehrwürd’gen
Braven Hirten von Mentana,
Und schon rühren seine Wangen
Blumenhauch und Mädchenathem:
„Kauft mir’s ab, Signor curato!“[3]
Zornig schielt er auf das Mädchen,
Und er hebt den endlos langen
Arm, als gält es, sich den Bösen
Kräftiglich vom Ohr zu scheuchen:
„Eh, diamine, va via!“[4] –
Kichernd schlüpft die Kleine fort.
Streift’ ein Sonnenstrahl, ein kecker,
Der in grüner Freiheit spielte,
Schelmisch eine alte, dunkle,
Lange, steife, würdevolle,
Weihrauchsatte Kirchensäule,
Und verdrießlich ward sie drob.
Victor Blüthgen.