Ein neuer Roman von Konrad Telmann

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Titel: Ein neuer Roman von Konrad Telmann
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 255–256
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[255] Ein neuer Roman von Konrad Telmann. Von den jüngeren Romanschriftstellern verdient Konrad Telmann hervorgehoben zu werden, der in letzter Zeit überaus fleißig ist, ohne in das seichte Fahrwasser oberflächlicher Unterhaltungslektüre einzulenken; denn in allen seinen Romanen herrscht ein leitender Grundgedanke. Seine Novellen spielen zum Theil auf italienischem Boden und zeigen ein glänzendes Lokalkolorit. Im Ganzen liebt er eine düstere, grelle Beleuchtung. Das zeigt sich auch in seinem neuesten vierbändigen Roman „Dunkle Existenzen“ (Leipzig, Karl Reißner). Der Dichter schildert uns zwei Theologen, Vater Ringelhard und Sohn, als heuchlerische Intriganten, welche heimtückisch in das Leben der andern Hauptgestalten des Romans eingreifen: es sind dies zwei vollendete Schurken, und es ist fast des Guten zu viel, sie beide gleichzeitig auf der Bildfläche des Romans erscheinen zu lassen: der Vater geht mitten in seinen Intrigen beim Brande des gräflichen Schlosses zu Grunde, welches rebellische Gutsarbeiter angezündet hatten; der Dichter verhängt ein grausames Strafgericht über diesen verbrecherischen Scheinheiligen, und auch dem jüngeren Tartüffe wird ein tragisches Los zu Theil. Der eigentliche Held des Romans ist ein aufgeklärter junger [256] Geistlicher, Wolfgang, der durch die Kabalen der Dunkelmänner seines Amtes entsetzt wird, zuletzt aber bei einem thüringischen Fürsten eine Freistatt findet; auch sein Herz hat, nach abenteuernden Verirrungen, eine solche gefunden bei einem liebenswürdigen Mädchen.

Die eigentlichen „dunklen Existenzen“ sind nicht jene Tartüffes: es sind die Mitglieder einer geheimen Gesellschaft, der Freunde des Todes, die unter seinem Zeichen sich versammeln. Diese Gemeinde, in welcher sich auch Haschischraucher befinden, wird uns mit ihrem geistigen Kultus lebendig geschildert; alle unheimlichen Ideen der Schwarzseher, der Lebensmüden, der Verherrlicher des Nichts finden eine geistvolle Vertretung seitens der „verlorenen Leute“, der gescheiterten Existenzen. Der Held des Romans wird durch dies dunkle Reich hindurchgeführt, ohne sich darin zu verlieren.

Der Roman enthält neben einzelnen grellen Effektscenen auch anmuthende Bilder, vor Allem eine Fülle geistreicher Betrachtungen. Nur zuweilen ist der Faden zu lang, an den diese gereiht sind, und die Debatte überwiegt in einer Weise, welche die Theilnahme für die Begebenheiten und die Handlung selbst gefährdet. †