Eine Audienz von 1848

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Autor: Franz Trautmann
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Titel: Eine Audienz von 1848
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aus: Der Nürnberger Trichter, Nr. 20, S. 77–79
Herausgeber: Eduard Kauffer
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Erscheinungsdatum: 1848
Verlag: Friedrich Campe
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: MDZ München, Commons
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Eine Audienz von 1848.

Hofherr. Hoher Herr, hier haben Sie die Antwort, welche der Deputation der Gebirgsleute landesväterliche Liebe und Huld verheißt.

Der hohe Herr. Geben’s nur her. Ich steck’s da herein in die Taschen, wenn’s nachher kommen, hör’ ich sie freundlich an und wenn Sie mich stoßen, les’ ich die Antwort herunter.

Hofh. Unvergleichlich! Die Deputation soll auf der Stelle vorgelassen werden.

Deput. Wir treue Gebirgsleut’ war’n halt da und brachten unserm guten Herrn guten Trost von unsere Leut – alle war’n wir treu und lassen nöt ab. Dös Andere werdt’s nachher schon lesen. Vivat unser guter Herr!

Hofh. Der hohe Herr hat in Mitte aller Stürme und der Empörung seiner Hauptstadt der treuen Liebe seines Gebirgsvolkes stets vertraut und längst mit heiligen Schriftzügen verfaßt, was ihm das Herz bewegt. Solches wird er in Gnaden Euch vorlesen.

Der hohe Herr (liest). Ich habe alle Vollmachten in die Hände meines Feldmarschalls niedergelegt, der mit den strengsten Maßregeln gegen die rebellische Partei vorschreiten und nöthigen Falls Ihre Stadt bombardiren wird.

Deput. Was sagt der hohe Herr? Das war’ ja schrecklich! Inspruck will er bombardiren lassen?

Hofh. Alle Teufel, das ist – – Hoher Herr, Sie haben geruht, das unrechte Papier zur Hand zu nehmen – das ist ja für die Wiener berechnet.

Der hohe Herr. Richtig – ja, wissen’s, ich verweiß mich jetzt gar nimmer vor lauter Audienzen und Antworten – recht hat er, ich hab’ mich nur vergriffen.

Hofh. Der hohe Herr ist von den liebevollsten Ansichten erfüllt und wird die Treue und Liebe seiner Gebirgsvölker gewiß zu würdigen wissen; – aus Vorgelesenem möge die Deputation übrigens entnehmen, welche landesväterliche Maßregeln zum Wohl seiner Völker ergriffen werden könnten, [78] wenn böswillige Menschen sich der Weisheit und den Bestrebungen des hohen Herrn entgegensetzen.

Deput. Der Herr ist ein guter Mann, das wissen wir schon. Seid’s nur gnädig mit der guten Stadt, seht’s, mit der Grobheit richt’t mer nöt viel aus! Macht’s nur, daß der Metternich nimmer kommt.

Hofh. Nimmermehr! Der hohe Herr geruhen –

Der hohe Herr (liest). Ich werde nie verfehlen, Ihnen auch aus weiter Ferne zu nützen, in meinem System liegt das Heil der Welt. Lassen Sie die Menschen eine Zeit lang toben, dann werden sie müde, das alte Regiment kommt zurück – und nicht minder der treue Metternich.

Deput. Was – der Metternich kommt nach Inspruck?

Hofh. Gott im Himmel! Hoher Herr, was treiben Sie?! – Das ist ja wieder nicht die rechte Schrift!

Der hohe Herr. Was, wieder nicht – halten’s, jetzt hab’ ich’s –

Hofh. Hm – hm – die Deputation mag aus der Offenherzigkeit des hohen Herrn sehen, daß seinen Völkern nichts verborgen bleiben darf. Ein frecher Zudringlicher schrieb diese Zeilen; aber daß der hohe Herr nicht gesonnen ist, auf das Anerbieten einzugehen, erhellt daraus, daß er – daß er – hm – kein Geheimniß aus dieser Zuschrift macht.

Deput. Das hoffen wir. Treu sind wir; aber wenn der Metternich und sein Sipp’ kam’, das war’ niacht –

Hofh. Dessen kann die ehrenwerthe Deputation versichert sein. Es wäre eben so unverantwortlich, als wenn der Herr Hurter, der Polizei-Commissair Breindl oder der Herr Pipitz käm’.

Deput. Das meinten wir halter auch!

Der hohe Herr. Jetzt hab’ ich’s, glaub’ ich! (liest) Der allerunterthänigst treugehorsamst Unterzeichnete wird nicht versäumen, zum Wohl des Volkes die polizeiliche Thätigkeit zu entwickeln, welche er in Galizien entwickelt hat. Breindl.

Deput. Was – Breindl? – Wir brauchen im Gebirg kan’ Breindl.

Hofh. Gott im Himmel! – hoher Herr, haben Sie denn alle Taschen voll? Das ist ja schrecklich! Um’s Himmels willen, schauen Sie doch, daß Sie die rechte Schrift erwischen – wir blamiren uns ja!

Der hohe Herr. Ich weiß nicht, was das ist –

Hofh. Hm – was der hohe Herr gelesen, ist ein zweiter Beweis der Offenheit und gänzlichen Ungeneigtheit, solche Dienste anzunehmen.

Deput. Ja, ja – wir glauben’s schon – wohl – wohl!

Der hohe Herr. Habt’s nur ein wenig Geduld! (nimmt Papier aus der Tasche und sucht) Wo ist’s denn jetzt gleich –? Müßt schon verzeihen – ich hab’ die redlichste Absicht, aber ’s kommt Einem halt viel durcheinander – „die Glaubensstärke, hoher Herr“ – aha, das ist ein Brief vom Hurter

Deput. Donnerwetter – vom Hurter?

Hofh. O Gott – hoher Herr –

Der hohe Herr. Warten’s nur – das ist – das ist der Brief vom Pipitz, wissen’s, wo Sie mir gesagt haben, daß ich ihn kommen lassen soll –

Deput. Uns steht der Verstand still – den Pipitz

Hofh. Hoher Herr, ich bitte mit aufgehobenen Händen – meine Herren, glauben Sie ja nicht, daß – geben Sie mir, hoher Herr – ich finde vielleicht – so geben Sie doch!

Der hohe Herr. Donnerwetter! da nehmen’s – ich will von der ganzen Sach’ nichts mehr wissen – Ihr macht mich noch ganz confus – und wenn Ihr mir kein’ Ruh’ laßt, dank’ ich ab!

Hofh. Hoher Herr, das dürfen Sie nicht.

Der hohe Herr. Das wollten wir sehen!

Hofh. Hoher Herr, das Glück Ihrer Unterthanen hängt von Ihrer Person ab.

Der hohe Herr. So will ich wenigstens keine Verantwortung haben.

Hofh. Niemand wird wagen, Ihnen etwas zurechnen zu wollen – Ihre Freunde übernehmen Alles – aber geruhen Sie jetzt, zu lesen – hier ist das rechte Papier.

Der hohe Herr. Also (liest) „mich freut die Lieb’ meiner Gebirgsvölker und – und –“ so, jetzt wißt Ihr’s – damit Gott befohlen! – Jetzt aber laß ich den Philipp kommen! (Klingelt.)

[79] Philipp. Hoher Herr befehlen –

Der hohe Herr. Ich erklär’ Dir meine höchste Ungnad’, wenn Du mir künftig wieder so viel Papier in meinen Sack steckst, daß ich das rechte nicht find’. Jetzt weißt es. – Habt Ihr’s gehört, meine lieben Gebirgsleut’, wie ich bin, wenn ich zornig werd! Ich bin ganz außer mir vor Zorn!

Phil. Unglückseliger Zufall!

Hofh. Haha – ja – sonderbares Zusammentreffen von Papieren – wirklich heiter – sehr heiter – Ihr Diener!

Deput. Ihr Diener! – Sehr heiter – eine wahre Ironie des Schicksals.

F. Trautmann.