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Eugen Rouher

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Fr. Hfm
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Titel: Eugen Rouher
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 123–124
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[123] Eugen Rouher, der „Vice-Kaiser“, †. Vor sieben Jahren, im Jahrgang 1877 der „Gartenlaube“, konnte uns von einem unserer Pariser Mitarbeiter noch ein Lebensbild des nun todten Mannes aufgestellt werden, welches ihm eine längere Dauer des Daseins versprach. Der damals Dreiundsechszigjährige (am 30. November 1814 geboren) war noch eine stattliche Erscheinung von körperlicher Kraft und geistiger Frische. Er stand, trotz der schweren Niederlage des zweiten Kaiserreichs, an der Spitze einer starken bonapartistischen Partei und konnte bereits, so lange der Sohn Napoleon’s III. die Hoffnung auf das dritte Kaiserreich aufrecht erhielt, als vorläufiger Vice-Kaiser Napoleon’s IV. gelten. Als aber Eugeniens Sohn in Afrika seinen frühen Tod gefunden hatte, brach mit seiner Hoffnung auch die Lebensfreude Rouher’s zusammen. Er zog sich vom öffentlichen Leben und auf sein einsames Landgut zurück, huldigte nur noch seiner unwandelbaren Treue gegen seines Kaisers Wittwe und mußte das traurigste Schicksal für einen vom Glück so hoch getragenen Geist über sich verhängt sehen: er war blödsinnig geworden. In den qualvollen lichten Augenblicken äußerte er den Wunsch, nach Paris zurückzukehren, um dort Heilung zu suchen. Sein Wille ward erfüllt, seine Hoffnung nicht. Als der Tod ihn am 3. Februar von seinen Leiden erlöste, führte er einen für die Welt schon lange vorher Gestorbenen mit sich fort.

Wie über Napoleon III. ist über Rouher ein gerechtes, unparteiisches Urtheil noch nicht möglich. Das Todtengericht über sie erfordert noch eine längere Zeit der Berathung, eine strengere Sichtung des Anklage- und Vertheidigungsmaterials. Frankreich hat von ihnen Gutes und Böses empfangen, und es ist noch nicht einmal ermittelt, welches von beiden sie gewollt und welches sie nicht beabsichtigt haben, und das nun doch mit auf ihrer Wagschale liegt.

Das Eine ist als sicher anzunehmen: Rouher handelte stets aus Ueberzeugung, nicht aus egoistischen Beweggründen. Er war in seiner Jugend Republikaner, aber nur der eben herrschenden politischen Mode [124] wegen. Als das Studium der Geschichte Frankreichs und des Charakters seiner Landsleute ihn belehrt hatte, daß in Frankreich die Republik auf die Dauer unmöglich sei, weil aus den Franzosen niemals Republikaner erzogen werden könnten, daß Frankreich stets nur groß gewesen und die Franzosen sich stets nur glücklich gefühlt unter einem starken persönlichen Regiment, schloß er sich mit ganzer Seele an Louis Napoleon an und ging mit demselben von diesem Augenblicke an durch Dick und Dünn. – Er mußte sich selbst sagen, daß es kein dankbarer Lebensgang war, den er mit diesem Entschlusse beschritt. Man weiß, daß er für das materielle Wohl Frankreichs Großes geleistet, ihm aber dankte es Niemand. Alles Gute kam auf das Conto des Kaisers. Da er mit derselben Beharrlichkeit die unwürdigen Unternehmungen seines Gebieters vertheidigte, da er wirklich der Advocat des zweiten Kaiserreichs war, so konnte sein Name nie zu reinn Ehren gelangen, und Folgen der fluchwürdigsten Art, wie das furchtbare Schicksal des Kaisers Max und seiner unglücklichen Gemahlin, wurden auf sein Schuldbuch gesetzt.

Zweierlei aber muß dem Todten gelassen werden: er gehörte nicht zu dem schmutzigen Troß des Tuilerienhofes – von dem unser Gustav von Meyern (Gartenlaube 1879, S. 194) sagte, daß er sich nie in schlechterer Gesellschaft befunden zu haben glaubte, als dort –, er hat sich rein gehalten von allem selbstsüchtigen Treiben; – und zweitens: als das Unglück über das Kaiserhaus hereinbrach und so Viele untreu wurden, blieb er dem Kaiser und den Seinen unerschütterlich treu. Fr. Hfm.