Für die kranken Kinder der Armen

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Titel: Für die kranken Kinder der Armen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 420
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[420] Für die kranken Kinder der Armen. „Gründet Feriencolonien –“ durch die gesammte deutsche Presse geht dieser Mahnruf an den Mildthätigkeitssinn der wohlhabenderen Bürger, dem auch wir uns freudig anschließen. Es gilt, schwächliche Schulkinder armer Stadtbewohner für die Zeit der Sommerferien aus der Luft der engen Straßen und dumpfen Wohnräume zu entfernen und ihnen in der freien Natur, in der Stille eines Landsitzes startenden und erquickenden Aufenthalt zu bereiten. Tausende und aber Tausende unserer Kinder erliegen langsam zehrenden Krankheiten, welche jedem künstlichen Mittel trotzen und die nur weichen können vor der Macht der allheilenden Natur. Die Aerzte wissen es selbst am besten, und sie verschreiben daher ein Heilmittel aus einer von den Städten gar weit entfernten Apotheke, deren „duftige Kräuter noch in der Mutter Erde Wurzeln“: sie verordnen den Aufenthalt in der freien Natur. Glücklich, wer seine Kranken in diese große Heilanstalt bringen kann! Ihm ist in den meisten Fällen die Rettung seiner lieben Kleinen sicher - aber nur Reiche und Wohlhabende sind in so beneidenswerter Lage. Laßt uns dagegen die Arbeiterviertel unserer Großstädte einmal betreten! Dort wanken auf dem sonnenerhitzten Pflaster, in der staubigen Luft zu Hunderten die kleinen schwächlichen Gestalten, Spuren frühzeitiger Leiden in den blassen, mageren Gesichtchen. Die krankheitsschwangere Luft der unsauberen Gassen hat ihre Gesundheit untergraben, und nur ein längerer Aufenthalt auf dem Lande kann ihnen die verlorene wiedergeben; das wissen die liebevoll sorgenden Eltern sehr wohl – aber in dem angstvollen Ringen mit dem gleichenden Dämon der Krankheit sinken machtlos ihre Arme, denn Geld kostet die vielverheißende Cur, Geld – und die Eltern der Kinder – sind arme Leute.

Aber hört! Es giebt ein Mittel, die fahlen Kinderwangen mit jugendfrischen Farben zu röthen und Thränen von Mutteraugen zu trocknen: trotz Armuth und Noth ermöglicht man den kleinen Patienten die oben angedeutete Wohlthat eines gesunden Sommeraufenthaltes.

Vor einigen Jahren traten wohlthätige, warmfühlende Menschen zusammen, die es sich zur Aufgabe machten, Feriencolonien zu gründen, d. h. die armen schwächlichen Kinder während der Ferienzeit in ruhigen Bergdörfern oder in gesunden Landsitzen unter der Aufsicht ihrer Lehrer oder Lehrerinnen zu verpflegen.

Mit geringen Mitteln, welche ihnen die öffentliche Mildtätigkeit spendete, begannen diese Wohltäter der Kindheit ihr segensreiches Wirken und errangen überraschende, wunderbare Erfolge. Erfrischt an Körper und Geist, von dem Gefühl des Dankes gegen die barmherzigen Helfer beseelt, kehrten die Kleinen in ihre Heimath zurück, und die Aerzte bestätigten überall die wundersam günstige Einwirkung des ländlichen Aufenthaltes auf die untergrabene Gesundheit, die Lehrer aber priesen einstimmig den versittlichenden Einfluß der Feriencolonie auf das Gemüt der Kinder.

Bald folgten diesem guten Beispiele fast alle großen Städte nicht allein Deutschlands, sondern nahezu der ganzen civilisirten Welt, und zwar überall mit demselben guten Erfolge. Die „Gartenlaube“ wird auf diesen Gegenstand in Kurzem ausführlich zurückkommen und ihren Lesern die Feriencolonien in Bild und Wort vorführen. Heute aber, wo es gilt, diese wohlthätige Einrichtung da zu erhalten und zu verbreiten, wo sie die ersten Wurzeln bereits geschlagen, sie da neu zu pflanzen, wo ihr Segen noch unbekannt ist, heute wenden wir uns zur Förderung der Sache an den weiten Leserkreis der „Gartenlaube“. An die alten Freunde der Feriencolonien richten wir das Gesuch, in ihrer Wohltätigkeit nicht zu erlahmen, an diejenigen aber, welche dem Unternehmen bis jetzt noch kühl gegenüber standen, die warme Bitte, ihr Herz menschenfreundlichem Fühlen zugänglich zu machen.

Niemand, der dazu irgend wie im Stande ist, sollte an dem Opferstock der Feriencolonie vorübergehen, ohne sein Scherflein für die gute Sache beigetragen zu haben. Und brauchen wir noch zu versichern, daß jede diesem Zwecke zugewandte milde Gabe sich reichlich lohnen wird? Die dem frühzeitigen Siechthum und vorschnellen Tode entrissene Generation, sie wird einst dem Volke die Schuld abtragen, nicht nur durch ihrer Hände rüstige Arbeit, sondern auch durch die dankbare Gesinnung, die ihren Gemeinsinn stärken und ihre Herzen mit warmer Nächstenliebe erfüllen wird.

Die Redaction.