Frankenberg und seine Industrie

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Titel: Frankenberg und seine Industrie
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aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 39–42
Herausgeber: Louis Oeser
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Frankenberg und seine Industrie.


Das freundliche Frankenberg, welches unter den wichtigeren Fabrikstädten Sachsens seinen Platz ehrenvoll behauptet, liegt in dem breiten, wiesenreichen, anmuthigen Thal der Zschopau, 1 Stunde von Ober-Lichtenau, dem Bahnhof der chemnitz-risaer Eisenbahn, 2½ nordöstlich von Chemnitz, 6 Meilen von Zwickau, 7 Meilen von Dresden und 8 Meilen von Leipzig. Es hat gegenwärtig in 516 bewohnten Gebäuden 7101 Einwohner, während es 1804 in 420 bewohnten Gebäuden nur 3500 Einwohner zählte, welche Zahl 1850 auf 477 Wohngebäude mit 6273 Einwohnern gestiegen war.

Ueber Ursprung und Namen der Stadt fehlen zwar bestimmte Nachrichten; allein es ist ziemlich gewiß anzunehmen, daß unser Frankenberg um das Jahr 940 entstand, indem Kaiser Otto I., nachdem er auch hier die Sorben besiegt hatte, eine Kolonie aus Frankenberg und Sachsenberg in Hessen hierher führte, die beide Orte in Sachsen gründeten, ihnen ihre Namen gaben und die Weberei zugleich mit einführten, denn Frankenberg und Sachsenberg liegen in Hessen eben so nahe beisammen, wie bei uns Frankenberg und Sachsenburg, und Letzteres wurde bis 1453 in alten Urkunden stets Sachsenberg genannt. Dabei muß noch bemerkt werden, daß in den genannten hessischen Orten die Weberei ebenfalls Hauptbeschäftigung der Einwohner war und heute noch ist. – Andere wollen den Namen wieder von den Brüdern Franz und Anton Franke ableiten, welche das ehemals berühmte Silber- und Kupferbergwerk am Trappenauer bei Sachsenburg gründeten.

Die Weberei sogenannter Bleichwaaren wurde schon sehr frühzeitig hier schwunghaft betrieben und man sagt nicht zu viel, wenn man in diesem Industriezweige Frankenberg als eine der allerältesten Fabrikstädte Sachsens bezeichnet. Später kam noch die Tuchmacherei hinzu, welche sich so hob, daß sich schon im Jahre 1400 die Anlage einer größeren Walkmühle nöthig machte. Die frankenberger Fabrikate erfreuten sich von früh an eines guten Rufs und die Arbeiter bestrebten sich, diesen Ruf zu erhalten. Die Landesregierung erkannte die Wichtigkeit der frankenberger Industrie und unterstützte sie durch Ertheilung verschiedener Privilegien. So erhielten die hiesigen Weber im Jahre 1506 das Privilegium des freien Garneinkaufs in vielen Städten, gleich ihren Zunftgenossen in Hainichen und Oederan. Bleichen durften hier jedoch keine angelegt werden, Frankenberg war in dieser Beziehung vielmehr nach Chemnitz gewiesen, dessen Bleichen das ausschließliche Privilegium besaßen, und in späteren Jahren schickte Frankenberg [40] durchschnittlich das Jahr 40,000 Ellen Leinwand und 1200 Ellen sogenanntes Schwäbisch auf die Bleichen nach Chemnitz.

Nach der Reformation wurden die hiesigen Weber von den Belgiern und Niederländern mit Hilfe besserer Maschinen und neuer Erfindungen weit überflügelt und sie erlitten bedeutende Nachtheile, da ihre Waaren mit den aus den Niederlanden eingeführten nicht mehr die Concurrenz aushalten konnten. Mit Sorge sah dieses die edle Frau Brigitta von Schönberg, Wittwe des Herrn Wolfgang von Schönberg auf Neusorge, welche sich stets als eifrige Beschützerin der Industrie Frankenbergs gezeigt, und sie dachte darauf, die sich immer fühlbarer machenden Nachtheile von der Stadt dadurch abzuwenden, daß sie den niederländischen Kunstfleiß selbst in die Stadt einführte.

In Frankenberg lebte damals ein geschickter und talentvoller Weber, Namens Thomas Rockard. Diesen schickte die edle Brigitta von Schönberg im Jahre 1556 auf ihre Kosten nach Antwerpen, um dort die Fortschritte der Belgier in Färberei, Weberei und überhaupt in allen dahin einschlagenden Industriezweigen kennen zu lernen. Nach zwei Jahren – 1558 – kehrte Rockard nach seiner Vaterstadt zurück, ausgebildet in der Grünfärberei und Weberei. Auch brachte er das Modell zu einer niederländischen Zwirnmaschine, sogenannter Zwirnmühle, mit, und ließ, unterstützt von der Frau von Schönberg, nach diesem Modell eine dergleichen Mühle zum Staunen und zum Vortheil seiner Zeitgenossen erbauen. Wie eine alte Handschrift erzählt, kam Kurfürst August selbst nach Frankenberg, diese Mühle zu sehen, lobte den Erbauer, und klopfte ihm auf die Achsel, mit der Bemerkung: „Hätte ich doch ein Schock solcher Zwirnmüller in meinem Lande!“

Das auf dieser Mühle gezwirnte Garn war ein unentbehrliches Requisit zur Fabrikation der wollenen Zeuge selbst. Rockard führte nun die Grobgrün- oder Beragan- (Berkan) Weberei hier ein und bald wetteiferten Frankenbergs Fabrikate wieder mit den besten niederländischen Erzeugnissen, die Stadt hob sich zu neuer Blüthe.

Im Jahre 1610 befreite der Chemnitzer Rath Frankenbergs Weber von dem üblichen Stempelzins, welches wohlthätig einwirkte. 1612 zählte man hier schon über hundert Gesellen, welche aber 1613 rasch bis auf siebenundvierzig geschmolzen waren, welche Erscheinung ihre Ursache darin hatte, daß Balthasar Kreyschau, Kauf- und Handelsherr in Leipzig, sich ein förmliches Monopol über den Alleinverkauf der frankenberger Waaren ausgewirkt hatte, allein nicht im Stande war, dieselben zu bezahlen. Dieser Uebelstand, welcher selbst mit dem Ruin der frankenberger Weberei drohte, hörte erst 1620 auf. Fortwährend hatten dabei die Zeuchmacher Kämpfe mit der Tuchmacherinnung zu bestehen, doch schmolzen die Tuchmacher immer mehr zusammen, 1645 waren nur noch vierzehn Meister vorhanden, und nun kauften ihnen die Zeuchmacher die Walkmühle ab. Von dieser Zeit an hörten die Tuchmacher als besondere Innung gänzlich auf.

Im Jahre 1686 entstand ein neuer Industriezweig für Frankenberg; die Familien Uhlich und Vogelsang begründeten im genannten Jahre die Fabrikation feiner Wollenzeuge, wie auch gezogener und halbseidener Waaren, als z. B. Polemit, Flanell, Sayet u.s.w. Diese Fabrikation hob sich rasch, wogegen die Zeuchmacherei dadurch bedeutend gedrückt wurde und endlich 1712 so verfiel, daß die meisten Zeuchmacher nach Gera und nach Penig übersiedelten. Doch hob sich dieser Industriezweig von neuem, und 1758 zählte Frankenberg wieder 438 Meister, ohne die Wittwen, und 130 Gesellen, und es waren 700 Stühle im Gange, sowie über 1000 Menschen dabei in Beschäftigung.

Die Regierung bestrebte sich, den Gewerbfleiß Frankenbergs nach Kräften zu unterstützen und zu fördern und bethätigte ihren Eifer vorzüglich nach dem großen Brande im Jahr 1788, wo 125 der besten Häuser und 21 Scheunen in Asche verwandelt wurden. Frankenberg bekam damals aus der [41] Immobiliarkasse 70,700 und aus der Mobiliarkasse 30,000 Thaler Entschädigung. Auch von Seiten der Landesregierung erfolgte sehr bedeutende Unterstützung. Auf Bitte und Vorstellung der Justizbeamten erhielten die abgebrannten Weber eine beträchtliche Summe geschenkt, mit der Bedingung, dafür neue Webestühle, Garne und andere Zuthaten anzuschaffen. Auch den Verlegern und Kaufleuten machte die Regierung bedeutende Vorschüsse, damit sie den Abgebrannten Arbeit geben, sich wieder anbauen und Handel und Gewerbe aufs neue lebhaft betreiben konnten. So kam, fast unmittelbar nach dem Brande, Alles wieder in Thätigkeit; kein Abgebrannter ging betteln, keiner legte sich aufs Nichtsthun; Jeder verdoppelte Betriebsamkeit und Fleiß und so blühte die Stadt in neuer Wohlhabenheit aus ihrem Schutte bald wieder empor.

Um das Jahr 1800 begann in Frankenberg die Baumwollenmanufaktur und die Kattundruckerei zu blühen und beide Industriezweige hoben sich seit dieser Zeit immer mehr; so wurden z. B. in dem Jahre 1801 von Ostern bis Michaelis 12,000 Stück mehr verfertigt, als in derselben Zeit vom Jahre 1800, und 1802 wieder 4000 Stück mehr, als 1801. Die Etablissements von C. F. Böhme, Ranft und Ehrenberg machten sich um diesen Aufschwung vorzüglich verdient. 1804 gab es hier schon sieben bedeutende Kattundruckereien, in denen auf 150 Tischen gedruckt und über 500 Menschen beschäftigt wurden; allein auch diese Kattundruckereien vergrößerten und vermehrten sich mit der Zeit und es waren 1826 bereits neun im Gange. Um ein deutlicheres Bild dieses Aufschwungs zu geben, bemerken wir, daß noch 1790 kaum 5000 Stück gedruckt wurden, allein schon 1799 stieg diese Zahl auf 42,000, im Jahre 1802 auf 45,000 und 1804 auf 50,000 Stück.

Die Zahl der Weber belief sich im Jahre 1805 auf 500 Meister, die auf 700 Stühlen arbeiteten und 50,000 Stück verfertigten. – Um diese Zeit zeichnete sich auch die Corduanmanufactur von Wagner aus, welche alle Sorten Leder lieferte, die an Güte fast den englischen gleichkamen.

Gegenwärtig ist die Hauptbeschäftigung Frankenbergs die Baumwollenweberei, zum Theil auch Kunstweberei, und die Kattundruckerei, auch die Seidenfabrikation ist würdig vertreten, sowie auch die Cigarrenfabrikation mit Erfolg betrieben wird. Unter den Fabrikanten von Manufacturwaaren in Baum- und Halbwolle erwähnen wir als vorzüglich bedeutend die Firmen Dähne und Harlan[WS 1], Schiebler u. Co. und Louis Schmidt u. Co.; unter den Kattunfabrikanten die Firmen Uhlemann und Lantzsch, Johannes Klein (eigentlich in Gunnersdorf), J. M. Müllers Erben, C. F. Schmidt Söhne (welche auch in Löbau ein Etablissement besitzen) und C. F. Schubert. Ferner besteht hier die Seidenwaarenfabrik von Behr und Schubert, ebenso sind zwei Cigarrenfabriken hier, von Hunger u. Jacob, und Richter u. Schink. – Ueber mehrere dieser Etablissements werden wir ausführlicher zu sprechen Gelegenheit haben.

Noch sagen wir einige Worte über den Bergbau Frankenbergs. Derselbe wurde frühzeitig von der Commun auf Silber und Kupfer betrieben, war aber nie bedeutend, der Abbau geschah fast immer nur auf Hoffnung. Gleichwohl erhielt die Stadt im Jahre 1683 die Bergfreiheit und führte dann eine Reihe Jahre den Titel als Bergstadt. Hauptsächlich wurde an dem Trappenauer bei Sachsenburg gebaut, wo der Bergbau durch die schon erwähnten Gebrüder Franke lebhaft begonnen wurde, als der von Mittweida einging. Auch in dem Biensdorfer Gebirge wurde gebaut. Im Trappenauer hatte man so viel Teufe gewältigt, daß, in Ermangelung zweckmäßiger Maschinen, nur allein 250 Mann mit Entfernung des Grubenwassers zu thun hatten. Das Silbererz brach besonders in weißem Quarz, das Kupfer aber in schwarzem und grauem Schiefer; auch war die Ausbeute an Ocher nicht unbedeutend. Auch etwas Vitriol wurde gefunden. Doch hat die Ergiebigkeit dieser Grube jedenfalls nicht lange gedauert, denn schon Albinus in seiner meißnischen Bergchronik (Dresden 1586) sagt: „Trapenawer, ein sehr alt Silber und Kupffer Bergwerk, ist vor viel Jahren wieder ligent blieben.“

Im Jahre 1708 teufte man den „neuen Segen Gottes-Schacht“ auf den Stadtfluren ab, gab denselben aber bald wieder auf, und nahm wieder den Trappenauer nebst der „Ehre Gottes“ und der „Hülfe Gottes“ zu Mühlbach vor, welche jedoch zu viel festes Gestein und zu viel Wasser enthielten. Später [42] baute man den „reichen Segen Gottes“ Fundgrube zu Sachsenburg als Communzeche. Gegenwärtig ist nur noch eine Zeche in Schönborn gangbar.

Auch Steinkohlen wurden im Jahre 1559 östlich von Frankenberg entdeckt und man fand da zugleich viel gelbes Steinmark und Adlersteine. Mehrere Male begann man mit dem Abbau der Kohlen, gab ihn aber immer wieder auf, da der Gang nicht mächtig genug ist, um die Kosten zu tragen.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Harlau