Frauentrachten im Kaukasus

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Titel: Frauentrachten im Kaukasus
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 383
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
R. von Eckert: Der Kaukasus und seine Völker : nach eigener Anschauung, 1887, MDZ München
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[383] Frauentrachten im Kaukasus. Ein buntes Völkergewühl bewohnt die zwischen den beiden großen Binnenseen gelegene Hochburg des Kaukasus. Die Kaukasierinnen sind berühmt wegen ihrer Schönheit, aber dieselbe kommt nicht allen Volksstämmen in gleichem Maße zu, und wie überall in der Welt, fehlt auch hier nicht der Kontrast, und es giebt auch häßliche alte und junge Weiber genug.

Originell und glänzend sind die Frauentrachten und dabei mannigfach, denn jeder der verschiedenen Stämme wahrt seine Eigenart. Eine erfinderische Pariser Modeschneiderin, welche mit „Feenhänden“ arbeitet, wie die Herzogin in dem Scribe’schen Stück, könnte kaum einen so reichhaltigen Wechsel der Zusammenstellung und Ausschmückung schaffen, wie die Volkssitte hier im Kaukasus, welche darin die Mode überflügelt.

Die eigentlichen Tscherkessinnen, die Kabardinerinnen, tragen ein Nationalkostüm, das ganz an das ungarische Husarenkostüm erinnert. Der am meisten eigenthümliche und in die Augen fallende Kopfputz besteht aus einem fünfzehn Zentimeter hohen Cylinder, dessen Weite gerade auf den Kopf paßt und der horizontal mit einer silbernen und drei goldenen Tressen umnäht ist, von den Weibern aus feinstem Draht gewebt. Dieser Cylinder verengt sich nach oben in eine Pyramide, die aus sechs flachen Seiten aus gediegenem Metall besteht und fast zwanzig Centimeter hoch ist; die Seiten sind sehr geschmackvoll garnirt und mit Gold und schwarz eingelegt; ihre Hauptverzierung besteht in kurzen, nach unten gekehrten Dreiecken: alle Dreiecke sind mit schmaler Goldtresse eingefaßt, in der Mitte ist ein silbernes Rad mit acht Speichen als Verzierung eingravirt. Von der Spitze der Kopfbedeckung hängen feine silberne Kettchen mit silbernen Knöpfen herab; an derselben sind zwei ganz feine, lange goldene Schnüre befestigt, die in zwei silbernen und zwei goldenen kleinen Quasten endigen und vorher zusammenlaufen; der Zopf ist mit dickem weißen gedrehten Zeuge durchflochten. Ein dünner weißer, mit Blumen durchwirkter Schleier umgiebt die Kopfbedeckung und den Anzug im Ganzen. Dieser besteht aus einem langen dünnen Mannshemd mit unten sehr breit werdenden Aermeln, aus einem vorn offenen, auf der Brust zugehakten langen seidenen Kleid darüber (Beschmit); und über dieses wird ein hohes Leibchen ohne Aermel mit ganz kurzen Schößen ringsherum angezogen, das vorn auf der Brust wie ein Husarendolman verziert ist. Drei parallele Reihen ganz kleiner kugelförmiger, silberner Knöpfe gehen von oben nach unten und sind horizontal durch längliche silberne Prismas verbunden, statt der Schnüre der Husaren. Die Ecken der kurzen Schöße dieses Kleidungsstückes sind vorn mit einer Art Blumen- oder verschlungener Verzierung ausgenäht, ähnlich wie bei den Husaren-Attilas: dieselbe besteht aus Goldstickerei und Schnur.

Gewiß, malerisch und glänzend ist diese Tracht, minder glänzend bei anderen Volksstämmen. Eine kalmükische Frau trägt eine hohe Mütze mit zehn Centimeter breitem Fell von ungebornen Füllen besetzt, darüber eine viereckige Tuchmütze, mit bunter Wolle ausgenäht. Die dichtgescheitelten Haare reichen auf den Schläfen bis zu den Augen hinab; hinten sind die Haare ebenfalls gescheitelt und hängen in Zwei Zöpfen in schwarzsammetnen Futteralen herab. Ueber dem weißbaumwollenen Hemd das blaue Unterkleid, das Bruststück aus rothem Zeuge mit fünf parallelen Querstreifen aus silberner Plattschnur, darüber der Terlik aus geblümtem hellkarmoisinrothen Seidenstoff, und über diesem ein vorn offener Rock mit Aermeln, überall die beliebten Husarenschnüre.

Die Bewohnerinnen des Daghestan dagegen gehen sehr ärmlich, sogar zerlumpt gekleidet, sie legen nie das große weiße Tuch ab, das sie nach orientalischer Weise verhüllt und das sie auf der Straße und im Felde, sich abwendend bei der Begegnung mit Männern, dann auch ganz über dem Gesicht zusammenziehen.

Ueber diese Trachten und die Volkssitten der Bergbewohner, die in merkwürdiger Buntheit in dem Gebirgsstocke zwischen den beiden großen Seen heimisch sind, giebt nähere Auskunft R. von Erckert in seiner soeben erschienenen Schrift: „Der Kaukasus und seine Völker“ (Leipzig, Paul Frohberg), in welcher eine große Zahl von Textabdrücken und Lichtdrucken die Schilderung erläutert und das Bild von Land und Leuten lebendig macht. †