Frauentypen
Frauentypen.
Die Herzlose.
Sie war bedacht mit allen Gaben,
Mit Schönheit, Geist und Witz; – allein,
Wo andre ihre Herzen haben,
Da sass bei ihr ein grosser Stein.
Sie leugnete der Liebe Macht,
Und über jede Gunstbezeigung
Hat unbarmherzig sie gelacht.
»Nur der«, so rief sie einst beim Plaudern,
Der unverzüglich, ohne Zaudem
Mir opfern würde seine Hand.«
Als tags darauf ein Jüngling, schaurig,
Mit abgehau’ner Hand erscheint,
Ich hab’ die andere gemeint«
Die Gutmütige.
Im Gatte hat mit Schmerz gehört,
Dass sie ihn kürzlich hat betrogen;
Er ist entrüstet und empört,
Sie fleht ihn um Vergebung an
Und sagt in schüchternem Erröten:
»Ich hab’ es wirklich nur gethan,
Weil er mich gar so sehr gebeten«
Die Aufrichtige.
Zu Ende ist glücklich ihr Jour,
Und übrig bleibt von dem Feste
Ein einziger Leutnant nur.
Es glühen erregt seine Wangen.
Er will sie in Liebe umfangen,
Doch sie – sie schellt um Marie.
Marie ist eilig zur Stelle;
Sie nimmt sie bei Seite und spricht:
Dann kommen sie freundlichst – nicht!«
Die Unberechenbare.
Sie sah in ihren jungen Tagen
Zwei Werber für den Ehestand;
Sie hat den Reichen ausgeschlagen
Sie hielt den heil’gen Schwur der Treue
Im ersten Jahre fest im Sinn,
Im zweiten – ebenso, aufs neue,
Im dritten – auch und weiterhin.
Sich gleich, bis sie gestorben war; –
Man sieht nur, das Geschlecht der Weiber
Ist eben unberechenbar.
Die Abergläubische.
Sie litt an starkem Aberglauben;
Und mehr als eine riet der Schönen,
Sie möge sich ihn abgewöhnen.
Allein sie sprach: »Das geht nicht gut;
Er steckt mir so in Fleisch und Blut,
Am Freitag nicht betrügen kann.«
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: anfs