Gründung der Lorettokapelle
(Nach der mörderischenen Schlacht vor Freiburg im August 1644. Geschichte der Stadt. Thl. IV. S. 120. ff.)
Ist denn im Breisgaue kein Sänger, der da singt,
Von seiner Ahnen Tugend, daß weit die Mähr erklingt?
Steigt nicht aus Konrads[1] Asche ein Sängerheld empor,
Zu winden um seine Harfe der Rosen duft’gen Flor?
Er singet vom frühen Morgen bis in die späte Nacht;
Des Rheines Fluthen brausen mit schwellendem Gesang,
Doch nimmer hör ich klingen der Harfe goldnen Strang.
Wohl singen die Nachtigallen mit klarer Melodei,
Doch ist schon lang verklungen das süße Saitenspiel,
Die alte Sängerhalle in Schutt und Staub zerfiel.
Ein junger Sänger schau ich vom Berg ins tiefe Thal,
Mir dünkt, es sei die Erde ein schöngefeiter Saal;
Es winken die grünen Hügel, die Thäler weit und breit.
Die Hügel stolz von Reben, die süßer Würze blüh’n,
Von Korn geschwellt die Auen, die Wiesen duftig grün.
Die Flüsse sonnengolden im funkelnden Gewand,
Wohl rauscht aus allen Wäldern ein mächt’ger Harfenklang,
Wohl locken und rufen die Bäche mit wonnigem Gesang;
Doch stumm sind längst geworden mit ihrer Lieder-Weis
Die kunstgeübten Harfner, des Landes Zier und Preis.
Und fühlet ihr denn nimmer des Sanges heil’ge Lust?
Laßt sausen und laßt brausen mit Jugendmacht den Sang,
Die Ahnen hoch zu preisen im frischen Harfenklang!
Einst waren andre Tage, von Kampf erscholls und Schlacht,
Was haben da geblitzet die Schwerter auf den Höh’n,
Vom Münsterthurme klang es wie Donnersturmgedröhn.
Aus Wäldern und aus Klüften erscholl ein wild Geschrei,
Von Berg zu Bergen hallte des Krieges Melodei,
Da war die Nacht so graulich vom dräuenden Gebliz.
Zwei Tage und zwei Nächte vernahm man solchen Schall,
Kühn kämpften Freiburgs Bürger vom hochgethürmten Wall;
Wie Leuen man sie sahe auf ihren Mauern dort,
Was rangen da die Deutschen mit wildentbrannter Wuth!
Was ward die Nacht viel heißer, denn Tags die Sonnengluth!
Die Deutschen und die Welschen, die schlugen da so heiß,
Daß man von grimmerm Kampfe wohl nicht zu künden weiß.
Ist Mancher eingeschlafen, der nimmermehr erwacht.
Prinz Enghien der wilde, der hat der Stadt begehrt,
Was hat sich Caspar Mercy so tapfer darum gewehrt!
Johann von Werth, der Reiter, der meint es wäre Schmach,
Im Sturm führt er die Baiern, ein ritterlicher Aar.
Gen Frankreichs übermüth’ge und stolze Kriegerschaar.
Nun ward ein Tanz gehalten, ’s hätt’s keiner so gedacht,
Da haben die Franzosen gar weite Sätz gemacht;
Zu Tod hat sich gesprungen manch’ weidlicher Gesell.
Das Schwert, das war die Fiedel, das spielte lustig auf,
Auf Leben und auf Sterben begann der Tanz darauf.
Was haben die Franzosen sich da so leicht gedreht,
Und als der Morgen graute, viertausend man da fand
Der Welschen, die gefunden den Tod im deutschen Land.
Und als das Spiel geendet, und als der Tanz vorbei,
Da klang vom hohen Dome gar frohe Melodei.
Im Gold- und Seidenschmucke zum Münster festlich ein.
Was glänzten da die Wände, was funkelte die Hall!
Was sang wohl heut’ die Orgel mit wundersamen Schall?
Die Weihrauchwolken stiegen bis zu dem Wölbe an,
«Te Deum» und es sangen von heil’ger Kraft entflammt
Die Bürger mit den Frauen und Mägdlein allesammt.
Doch um den Tag zu ehren, wie Ehre ihm gebührt,
Hat Christoph Mang die Kirche Loretto aufgeführt;
Zum ew’gen Mahl und Zeichen zwei Kreuze morsch dort steh’n.
Wo einst der Schlachtruf dröhnte, da lockt mit lautem Schall
Ein wunderhelles Glöcklein den frommen Betern all’.
Das klingt an jedem Morgen mit silberklarem Klang,
Und wer zum Kirchlein wallet, den tränkt der Linden Duft,
Der athmet auf deutschen Bergen noch ächte deutsche Luft.
Ihm rauscht der Schwarzwald Lieder voll andachttrunkner Lust,
Und stärket ihm die Glieder und heitert ihm die Brust.
- ↑ Konrad von Würzburg soll 1287 in Freiburg gestorben sein.