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Harte Strafe für Advokatenschliche

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Walther Kabel
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Titel: Harte Strafe für Advokatenschliche
Untertitel:
aus: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1910, Zehnter Band, Seite 234–235
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1910
Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft
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Erscheinungsort: Stuttgart, Berlin, Leipzig
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
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[234] Harte Strafe für Advokatenschliche. – Der Herzog Galeago in Mailand erfuhr zufällig, daß es in der Stadt einen Advokaten gebe, der die gewissenlose Kunst verstehe, durch allerlei Einwendungen und Ränke die klarste Streitsache so zu verschleppen, daß oft der Tod der Parteien erst dem Prozesse ein Ende mache.

Der Herzog, ein sehr rechtlich denkender, aber auch sehr gewaltsamer Charakter, fragte seinen Haushofmeister, ob er keinem Lieferanten etwas schuldig sei. Die Antwort war: „Ja, einem Bäcker, der noch hundert Lire zu fordern hat.“

„Der Mann soll mich wegen dieser Summe verklagen,“ befahl der Herzog.

Der Bäcker sträubte sich anfangs, aber die Drohung, er würde die Brotlieferung für den Hof verlieren, machte ihn gefügig. So reichte er denn bei dem obersten Gerichtshof die Klage ein, und Herzog Galeago wurde vorgeladen, sich über die Klage zu erklären.

Jetzt ließ dieser den berüchtigten Advokaten zu sich kommen und zeigte ihm die Vorladung.

„Was ist dabei zu tun?“ fragte er. „Ich bin dem Manne allerdings das Geld schuldig, möchte ihn aber nicht bezahlen, hauptsächlich weil er die Frechheit gehabt hat, mich zu verklagen.“

„Darüber können Durchlaucht außer Sorge sein,“ erwiderte [235] der Advokat eifrig. „Ich will die Sache so in die Hand nehmen, daß dem Bäcker schließlich die Lust zu weiterem Prozessieren vergehen soll.“

Der Rechtsstreit begann. Ein halbes Jahr sah der Herzog stillschweigend die schurkischen Ränke seines Vertreters mit an. Dann ließ er eines Tages den Advokaten kurzerhand verhaften und ihn vor dem Hohen Rat der Stadt Mailand wegen dieses Falles und mehrerer noch viel schlimmerer Prozeßverschleppungen in Anklagezustand versetzen. Das Urteil lautete auf Tod durch den Strang. Der Rechtsverdreher wurde dann auch wirklich am 24. März 1524 öffentlich gehängt.

W. K.