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Herodes/Herodes, König von Chalkis

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« Herodias Walter Otto
Herodes
Herodes, Sohn des Phasael, und Herodes, Sohn des Aristobulos »
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7) Herodes, König von Chalkis.

Herodes (eigentlich Iulius Herodes, s. S. 19), der älteste Sohn des Aristobulos (Sohn Herodes’ I. und der Hasmonäerin Mariamme) und der Berenike (Tochter von Herodes’ I. Schwester Salome und ihres zweiten Gemahls Kostobar), wenn wir der Reihenfolge in der Aufzählung der Kinder bei Joseph. bell. Iud. I 552 Glauben schenken dürfen; s. auch ant. Iud. XVIII 133f. 137. Da sein Bruder Agrippa I., im J. 10 v. Chr. geboren war (ant. Iud. XIX 350) und da die Hochzeit seiner Eltern etwa im J. 16 v. Chr. stattgefunden zu haben scheint (vgl. Joseph. ant. Iud. XVI 11 mit § 12, der die Rückkehr des M. Vipsanius Agrippa in den Osten in zeitliche Verbindung mit der Hochzeit bringt), so muß seine Geburt in die Zeit zwischen 15 und 11 v. Chr. gefallen sein, und zwar wohl mehr an 15 v. Chr. heran, zumal ihn sein Großvater etwa um 6 v. Chr. bereits verlobt hat, nämlich mit einer Tochter seines Stiefoheims Antipatros (Joseph ant. Iud. XVII 14).

Diese Verlobung dürfte zugleich mit dem Sturze des Antipatros im J. 5 v. Chr. aufgehoben worden sein. Wir kennen dann kein Ereignis aus seinem Leben bis zu seiner Verheiratung mit seiner Base Mariamme, väterlicherseits einer Enkelin Josephs, des Bruders Herodes’ I., und mütterlicherseits eine solche des Königs selbst (s. für all diese Verwandtschaftsverhältnisse die genealogische Tabelle). Dieser Ehe entsproß ein Sohn Aristobulos, der spätere König von Kleinarmenien und schließlich der Landschaft Chalkidike (s. Wilcken in Pauly-Wissowas Realencykl. Bd. II S. 910 s. Aristobulos Nr. 10). Es handelt sich jedoch meines Erachtens bei dem Reiche des Aristobulos nicht um das Reich seines Vaters, um Chalkis am Libanon, sondern um Chalkis ad Belum im nördlichen Syrien, da jenes bei Josephus immer nur durch Χάλκις und nicht durch Χαλκιδική bezeichnet wird; diesen Landschaftsnamen finden wir dagegen bell. Iud. VII 226 zur Bezeichnung des Reiches des Aristobulos; über die Landschaft s. Benzinger in Pauly-Wissowas Realencykl. Bd. III S. 2074 s. Chalkidike Nr. 3).

Vor dem J. 41 n. Chr. muß H. Witwer geworden sein (falls man nicht Scheidung annimmt); denn wir finden für dieses Jahr als seine Gemahlin bereits seine Nichte Berenike, die Tochter Agrippas I. genannt; s. Joseph. bell. Iud. II 217; ant. Iud. XIX 277; auch 354. XX 145 (die Annahme, daß H. etwa zwei Frauen zugleich besessen habe, erscheint mir durch Joseph. bell. Iud. II 221 ausgeschlossen). Die neue Heirat, durch die H. der Schwiegersohn seines Bruders wurde, ist gerade im J. 41 n. Chr. erfolgt, und zwar hat der Kaiser Claudius hierbei gleichsam den Brautwerber bei der jungen, soeben verwitweten [208] jüdischen Prinzessin gespielt; s. Joseph. ant. Iud. XIX 276f. (Marcus Βερενίκην … γαμεῖ … [nach der Thronbesteigung des Claudius] καὶ ταύτην μέν, τελευτᾷ γὰρ Μάρκος .. παρθένον λαβών, … Ἡρώδῃ δίδωσιν [sc. Claudius], wo die von Schürer I³ 723, 56 aufrechterhaltene Erklärung, Berenike hätte vor dieser Hochzeit nur ihren Verlobten, nicht ihren ersten Gatten verloren, aufzugeben ist. Das strittige παρθένον [sc. Berenike] λαβών wirkt auf Claudius bezogen unmotiviert, während es uns – bezieht man es auf den Gatten Marcus – die interessante Tatsache enthüllt, daß dessen Tod etwa zur Zeit der Hochzeit erfolgt sein muß; es ist also zur Aufklärung der Chronologie hinzugefügt).

Die kluge Unterstützung, die H.s Bruder Agrippa I. dem Kaiser Claudius bei dessen Erhebung während der Verhandlungen mit dem Senat geleistet hatte, hat auch für H. Früchte getragen. Auch er befand sich damals wie sein Bruder in Rom. Er wird von Claudius in einem Edikt des J. 41 n. Chr. ebenso wie Agrippa I. als φίλτατος bezeichnet (ant. Iud. XIX 288) und hat zusammen mit diesem für die Privilegien der alexandrinischen Juden, sowie der Juden im ganzen Reiche erfolgreich bei dem neuen Kaiser gewirkt (ant. Iud. XIX 279. 288. Die letztere Stelle zeigt, falls der Text des Ediktes [βασιλέως nur auf Agrippa sich beziehend] korrekt ist, daß dies noch vor der Ernennung des H. zum König erfolgt ist; die erste Angabe in § 279 ist also ungenau): dies alles ein Zeichen für seine damalige enge Verbindung mit Claudius (s. auch dessen Brautwerbung), die übrigens auch in der Folgezeit erhalten geblieben ist (Joseph. ant. Iud. XX 13). Deswegen darf man jedoch noch nicht annehmen, daß auch H. irgendwelchen Anteil an den Vorgängen bei dem Regierungswechsel gehabt hat; hierüber ist uns wenigstens nichts bekannt. So wird man die noch im J. 41 n. Chr., wenn auch nicht unmittelbar nach dem Regierungsantritt (s. vorher), erfolgende Verleihung von Chalkis, dem Reste des alten Ituräerstaates, an H. nur als eine weitere Gunsterweisung für Agrippa I. und dessen Familie fassen dürfen. H. erhielt zugleich den Königstitel und wurde Ehrensenator als Inhaber der ornamenta praetoria (bell. Iud. II 217; ant. Iud. XIX 277. Cass. Dio LX 60, 3), eine Stellung, die den Besitz des römischen Bürgerrechts voraussetzt (s. vorher). Durch Annahme des Ehrenbeinamens Φιλοκλαύδιος hat der neue König auch nach außen seine Dankbarkeit für seinen hohen Gönner bekundet (s. die Münzen des H. bei Eckhel Doctrin. numm. III 492. Mionnet Descript. des médailles V 569ff. Suppl. VIII 380), und im römischen Senat hat er eine griechische Dankesrede gehalten (Cass. Dio LX 60, 3). [209] Er ist also durchaus hellenistisch gebildet gewesen, und als echt hellenistischer Fürst tritt er uns auch auf seinen Münzen entgegen, da er auf diesen anders als die ersten Herodeer, aber ebenso wie sein Bruder Agrippa I. sogar sein eigenes Porträt hat anbringen lassen.

Trotz dieses scharfen Verstoßes gegen das jüdische Gesetz ist H. im übrigen eifrig bemüht gewesen, sich als Förderer seiner jüdischen Glaubensgenossen zu erweisen (s. auch Joseph. ant. Iud. XX 13), wohl weniger aus innerer Überzeugung, als aus politischen Rücksichten. Abgesehen von seinem Eintreten für die Erhaltung der Privilegien der Diasporajuden im J. 41 n. Chr. ist hierfür auch auf seine Wirksamkeit im J. 45 n. Chr. für die Wünsche der jerusalemitischen Juden zu verweisen. Denn gegenüber dem Versuch des damaligen römischen Procurators von Judäa, Cuspius Fadus, die hohepriesterlichen Prachtgewänder wieder dem freien Gebrauch der Juden zu entziehen und in römischen Gewahrsam zu nehmen, scheint auch er energisch protestiert und sich zusammen mit Agrippa II. und seinem Sohne Aristobulos bei Claudius für die Zurücknahme dieses Verlangens eingesetzt zu haben (Joseph. ant. Iud. XX 6–14, bes. § 13; vgl. XV 407).

Claudius hat damals (Ende 45 n. Chr.) die jüdischen Wünsche erfüllt und hat wohl im direkten Anschluß hieran eine weitere, politisch viel bedeutsamere Bitte des H. erfüllt. Er hat ihm nämlich die Aufsicht über den Tempel und den Tempelschatz, sowie das Recht, die Hohenpriester zu ernennen, zugestanden (Joseph. ant. Iud. XX 15), d. h. diejenigen Gerechtsame, die seit der Zeit des ersten H. immer die Beherrscher Judäas ausgeübt haben, Archelaos und Agrippa I. ebensowohl, wie die römischen Procuratoren. Es wurde also damals die nach dem Tode Agrippas I. im J. 44 n. Chr. erfolgte Wiedereinziehung Judäas den Juden etwas versüßt, indem von den Regierungsbefugnissen wenigstens die Kirchenhoheit, das ius circa sacra, einem jüdischen Könige übertragen wurde. H. hat von dem ihm verliehenen Recht sofort Gebrauch gemacht; er enthob den bisherigen Hohenpriester seines Amtes und ernannte an seiner Statt einen andern (Joseph. ant. Iud. XX 16), der jedoch bald wieder durch einen dritten ersetzt wurde (Joseph. ant. Iud. XX 103). S. hierzu Schürer II³ 272 (das J. 44 n. Chr. wird von Schürer wohl zu Unrecht als das Jahr, der Verleihung angegeben).

Von H.s Tätigkeit als König von Chalkis wissen wir nichts Näheres, außer daß er als solcher der Fürstenversammlung von Tiberias in Galiläa (Zeit: zwischen den J. 42 und 44 n. Chr.) beigewohnt hat, zu welcher sein Bruder Agrippa I. römische Vasallenfürsten des vorderen Asiens eingeladen [210] hatte. Der römische Statthalter von Syrien, C. Vibius Marsus, hat freilich diese Fürstenversammlung in eigener Person umgehend aufgelöst (Joseph. ant. Iud. XIV 338–342). Es war aber wohl mehr eine Vorbeugungsmaßregel. Denn da all den Teilnehmern an ihr nichts geschah, darf man in ihr irgendeine gemeinsame Demonstration gegen den Oberherren nicht sehen und danach auch nicht die Stellung der Teilnehmer, so auch des H., zu Rom beurteilen; in dem ganzen wird man vielmehr allein das Werk Agrippas I., das der Erhöhung seiner Machtstellung dienen sollte, zu sehen haben.

Zur Zeit des Todes seines Bruders, im J. 44 n. Chr., muß sich H. gerade in Kaisareia aufgehalten haben, wohin er sich offenbar begeben hatte, um den großen, zur Feier von Claudius’ glücklicher Rückkehr aus Britannien veranstalteten Spielen beizuwohnen (so Schürer I³ 562, 44. Die Auffassung von Schwartz Nachr. Gött. Gesell. phil.-hist. Kl. 1907, 265f., daß es sich um die Feier der üblichen penteterischen Spiele von Kaisareia handele, scheint mir aus den Worten des Josephus nicht zu folgen, eher das Gegenteil; der besondere Andrang von auswärts würde denn auch gerade zu einem besonderen Feste gut passen, und schließlich berücksichtigt Schwartz bei seiner durch die Annahme der penteterischen Spiele bedingten Datierung der Festesfeier auf Anfang März 44 n. Chr. garnicht act. apost. XII 3). H. hat damals, ehe noch der Tod des Königs bekannt wurde, im Einverständnis mit Helkias, dem damaligen Kommandeur der Truppen Agrippas I. (s. meinen Art. Helkias Nr. 1 in Pauly-Wissowas Realencykl. Bd. VIII S. 96), den früheren Oberbefehlshaber Silas, der wegen seiner Invektiven gegen den verstorbenen König schon lange im Gefängnis saß, umbringen lassen. Josephus sieht hierin einen Ausfluß persönlicher Feindschaft, was für den Charakter des H. bezeichnend wäre; ob Josephus recht hat, können wir jedoch nicht entscheiden (ant. Iud. XIX 353).

H. ist schon im J. 48 n. Chr. gestorben. Er hinterließ außer seinem Sohne Aristobulos noch zwei andere Söhne, die ihm seine zweite Gemahlin, Berenike, geboren hatte, Berenikianos und Hyrkanos (Joseph. bell. Iud. II 221. 223; ant. Iud. XX 104). Sein Reich wurde von Rom eingezogen und ist auch später nicht seinem ältesten Sohne Aristobulos, sondern Agrippa II. verliehen worden (s. vorher, sowie Schürer I³ 587; 724). Über die zumeist auf unsern H. bezogene Inschrift, IG III 551, s. S. 77f.

Neuere Literatur: Grätz Gesch. d. Jud. III 1⁵. 344. 358. 361f. Schürer Gesch. d. jüd. Volk. I³ 556. 722ff. II 272.